Menschen des Jahres Lars Zimmermann und Lorenz Hünnemeyer verteidigen die vermeintlich bösen Buben

Buxtehude/Stade. Zehn mutmaßliche Drogenhändler sitzen auf einer Anklagebank, fünf jungen Männern mit russischem Migrationshintergrund wird vorgeworfen, als Einbrecherbande unterwegs gewesen zu sein. Ein Kinderschänder aus Buxtehude wurde zu sechs Jahren Haft und Sicherheitsverwahrung verurteilt. Es war einiges los in den Stader Gerichten. Und zwei Männer sind immer mittendrin. Die Strafverteidiger Lorenz Hünnemeyer und Lars Zimmermann stehen für viele Menschen allerdings auf der falschen Seite. Sie versuchen, die vermeintlich bösen Buben rauszuboxen.

Das verbale Gefecht mit Richtern und Staatsanwaltschaft scheuen Hünnemeyer und Zimmermann nicht. Sie gelten als unbequeme Kontrahenten im Gerichtssaal. "Wir sind nicht die, die zum Kaffeetrinken mitgenommen werden. Aber das brauche ich auch nicht", sagt Zimmermann.

Ein Beispiel: Wenn die Polizei jemanden festnimmt, dann hat dieser das Recht auf einen Pflichtverteidiger. Zunächst werden die Verdächtigen gefragt, ob sie einen Wunsch haben. Äußern sie keinen, spricht das Gericht mögliche Kandidaten an. "Uns sucht der Richter nie aus", sagt Zimmermann und kann sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen. Sein Kollege Hünnemeyer ergänzt mit einem breiten Grinsen: "Da sind wir auch ein wenig stolz drauf." Diesen Ruf haben sich die beiden leidenschaftlichen Strafverteidiger hart erarbeitet.

Gemeinsam erstritten sie allein im Jahr 2009 mehr als 80 Freisprüche für ihre Mandanten. Hinzu kommt eine hohe Vergleichsquote. Ein Vergleich wird häufig zur gütlichen Beilegung eines bei Gericht anhängigen Rechtsstreits geschlossen. Dass die meisten Übereinkünfte dabei häufig einen Tick besser für ihre Mandanten seien, schieben Hünnemeyer und Zimmermann in einem Nebensatz ein.

Die Richter müssten ihnen etwas anbieten, was Hand und Fuß habe. "Sonst verhandeln wir streitig", sagt Zimmermann. Ob sie ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie mutmaßliche Straftäter vertreten? Beide schütteln den Kopf und antworten fast synchron: "Dann wären wir im falschen Job."

Die Dienste der beiden Strafverteidiger sind begehrt. Sechs der Angeklagten im Prozess gegen zehn mutmaßliche Drogenhändler sowie alle Angeklagten im Verfahren gegen die mutmaßliche Einbrecherbande klopften bei ihnen an. Allerdings verfahren beide nach einem Grundsatz. "Wir gehen für unsere Mandanten durchs Feuer, aber lassen uns nicht gemein machen", sagt Hünnemeyer. Beide lehnen auch mal ein Mandat ab, wenn es nicht passt.

Die beiden sind ein eingespieltes Team, führen eine Bürogemeinschaft in Buxtehude. Lars Zimmermann ist 38 Jahre alt. Er wohnt mit seiner Frau und seinen eineinhalbjährigen Zwillingen in Himmelpforten. Schon während seines Referendariats beim Oberlandesgericht in Celle zog es den gebürtigen Stader für seine Anwaltsstation in die Kanzlei von Lorenz Hünnemeyer nach Buxtehude. Dort ist er dann geblieben. Seit 2001 ist er dort als Rechtsanwalt tätig, seit vier Jahren ist er Fachanwalt für Strafrecht.

Lorenz Hünnemeyer ist 54 Jahre alt und wohnt in Buxtehude. Im Jahr 1993 hat sich der Rechtsanwalt nach Stationen in Essen, Düsseldorf und Bochum in Buxtehude niedergelassen. Seit 2000 ist Hünnemeyer nicht mehr nur Strafverteidiger sondern auch Notar. Eine seltene Kombination, wie er selbst sagt. Auch er ist seit einigen Jahren Fachanwalt für Strafrecht.

Wer die beiden Buxtehuder Strafverteidiger einmal im Gerichtssaal erlebt hat, der weiß, dass sie für ihren Beruf brennen, dass sie ihre Aufgabe mit voller Leidenschaft erfüllen. Dass sich die beiden nicht immer nur Freunde machen, stört sie wenig.

Auf die Frage, was einen guten Strafverteidiger ausmacht, müssen sie nicht lange überlegen. "Man muss bereit sein, sich in den Sturm zu stellen und auch mal vor versammelter Mannschaft Prügel zu beziehen", sagt Hünnemeyer. Er beschreibt einen guten Verteidiger zudem als kantig und mag es, wenn Richter und Staatsanwälte ebenfalls diese Eigenschaft besitzen. Doch das Wichtigste ist für beide Verteidiger der Spaß am Job. "Wenn wir keinen Spaß hätten, könnten wir den Job nicht in der Art und Weise durchführen", sagt Zimmermann.

Knapp 250 Sitzungstage standen die beiden in diesem Jahr jeweils im Gerichtssaal. Dabei erleben sie die ganze Bandbreite. "Wir verhandeln alles, vom Rotlichtverstoß an der Ampel über selbigen im Milieu bis zur Steuerhinterziehung", sagt Hünnemeyer.

Der Jurist räumt allerdings auch ein, dass einige Verfahren belastend seien. So erinnert er sich an ein Jahr, in dem er neun Tötungsdelikte verhandelte. Für das nächste halbe Jahr nahm er dann kein Tötungsdelikt mehr an. Wichtig sei ein gewisser Abstand. "Man muss sich nach Feierabend lösen und auch mal abschalten", ergänzt Lars Zimmermann.

Richtig zur Ruhe kommen die beiden aber eher selten. Zimmermann ist im Vorstand der CDU Himmelpforten sowie im örtlichen Schützenverein aktiv. Hünnemeyer ist Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes Buxtehude. "Als Strafverteidiger darf man einfach kein ruhiger Typ sein. Das passt nicht zusammen", sagt Zimmermann.

Während er seine restliche Freizeit mit der Familie verbringt, sucht sich Lorenz Hünnemeyer anderen Ausgleich zur Arbeit: "Ich bediene alle Klischees, schlage weiße Bälle durch die Gegend und fahre gern schnelle Autos. Aber ich setze mich auch hin und bastele kleine Modellhäuser für Eisenbahnen oder koche." Doch auch im kommenden Jahr werden beide wohl die meiste Zeit wieder im Gerichtssaal stehen und versuchen, das Beste für ihre Mandanten zu erstreiten. Ob es den Menschen nun gefällt oder nicht.