Die Existenz des Stader Technik- und Verkehrsmuseums hängt von fünf Gutachtern ab. Vertreter des Museum attackieren die Stadtverwaltung

Stade. Der Kampf der Mitglieder des Stader Technik- und Verkehrsmuseums für den Erhalt ihres Lebenswerkes geht in die nächste Runde. Auf der Sitzung des städtischen Kulturausschusses am Mittwochabend attackierten etwa 30 Vertreter des Museums die Stadtverwaltung wegen ihres Vorgehens scharf. Der Vereinsvorsitzende Walter Müller zog sogar die Gültigkeit des Nutzungsvertrages, der vor 27 Jahren zwischen der Stadt Stade und dem Verein geschlossen wurde, in Zweifel.

Der Vertrag besagt unter anderem, dass vom 1. Oktober 2000 an für 20 Jahre ein Nutzungsrecht des Vereins für das Gelände an der Freiburger Straße besteht. Der Vertrag kann aber nach einem Ablauf von fünf Jahren außerordentlich gekündigt werden. Als Gründe für eine außerordentliche Kündigung gelten laut Vertrag wichtige Baumaßnahmen für die Veränderung des Stadtbildes und auch finanzielle Engpässe der Stadtverwaltung. Letzteres wurde von der Stadt Stade als beabsichtigter Kündigungsgrund genannt. Die Stadt will das Gelände des Museums an der Freiburger Straße verkaufen, um so das Haushaltsdefizit von etwa acht auf sechs Millionen Euro zu senken.

Der Museumsverein bezweifelt die Gültigkeit des Nutzungsvertrags

Der von der Stadt aufgesetzte Vertrag sei damals, so Müller, von einer ABM-Kraft, die nicht im Vorstand des Vereins war, sowie von einem Vereinsmitgliedes, dass aufgrund eines Schlaganfalls im Rollstuhl saß, unterschrieben worden. Der Vertrag sei nicht vom Vorstand abgesegnet und auch nicht gültig. Ex-Stadtarchivar Jürgen Bohmbach wies diesen Vorwurf des Vereins als "nicht zutreffend" zurück. "Der Nutzungsvertrag über das Gelände wurde sauber im Beisein des wissenschaftlichen Beirates ausgehandelt und ist im Bewusstsein dessen, was ausgehandelt wurde, unterschrieben worden. Der Vertrag ist vom Verein in all den Jahren bis jetzt niemals in seiner Gültigkeit in Zweifel gezogen worden", so Bohmbach. Damit sei der Vertrag faktisch auch gültig.

Auch wenn dem Verein die Kündigung ausgesprochen und das Museumsgelände verkauft wird, zweifelt Dieter Theodor Bohlmann, Mitglied des Vereinsvorstands und des städtischen Kulturausschusses, daran, dass sich die Aktion für die Stadt am Ende rechnen wird. "Dass der Verkauf bei der Haushaltskonsolidierung helfen wird, ist unwahrscheinlich. Am Ende wären eventuell nur 560 000 Euro statt der gewünschten zwei Millionen Euro in der Stadtkasse", so der CDU-Politiker. Der Schuldengalopp der Stadt sei mit dem Verkauf des Areals jedenfalls nicht aufzuhalten. Dafür bedürfe es anderer, sinnvollerer Aktionen.

Die Verwaltung lässt sich von diesen Argumenten nicht beirren. Im Dezember soll die Kündigung ausgesprochen werden, die vom Rat dann noch bestätigt werden muss. Bis spätestens Ende Januar sollen in der Zwischenzeit fünf Sachverständige, die vom unabhängigen Museumsverband vorgeschlagen wurden, die Bestände des Technik- und Verkehrsmuseums bewerten, so Stadtbaurat Kersten Schröder-Doms. Insgesamt handelt es sich um insgesamt etwa 10 000 Exponate. "Die Stadt übernimmt hierfür die Kosten von etwa 2500 Euro. Wenn wir das Gutachten haben, können wir auch das weitere Vorgehen planen", so der Stadtbaurat. Die Sammlungsgegenstände würden bis dahin nach objektiven Kriterien des kulturellen Wertes und des Bezugs zur Stadt und Region bewertet. "Wir müssen davon ausgehen, dass einige Exponate verkauft oder mit anderen Museen getauscht werden. Die Sammlung wird auf jeden Fall kleiner werden", so Schröder-Doms. Wo die kleinere Sammlung unterkommen soll, werde sich dann auf der Grundlage des Umfangs und der räumlichen Größe der neuen Sammlung zeigen.

Das Museum soll eine Frist zur Räumung des Gebäudes bekommen

Bohlmann glaubt, dass die Kündigung des bestehenden Nutzungsvertrages, Gutachten hin oder her, das Ende des Museums bedeuten würde, vor allem, weil von die Stadt dem Verein bisher keinen Ausweichstandort in Stade angeboten habe. Für die Stadtverwaltung ist diese Sicht der Dinge aber nicht zutreffend. Schröder-Doms erklärte, dass die Kündigung nicht bedeute, dass das Museum von einem Tag auf den anderen vor die Tür gesetzt werde. "Es muss zwischen der Kündigung und der Räumung unterschieden werden. Wenn die Kündigung ausgesprochen wird, wovon wir ausgehen, wird dem Verein eine Frist gewährt, um den Umzug in ein neues Domizil zu organisieren."

Die Annahme, dass die Stadt dem Verein ein neues Domizil besorgen müsse, sei falsch. Im Nutzungsvertrag heiße es explizit, dass die Stadt Stade keine Kosten tragen müsse, die ein Umzug nach sich ziehen würde und auch keinen Ersatzstandort bestimmen müsse. "Ich habe selten einen Vertrag gesehen, der so unmissverständlich und deutlich formuliert ist", so der Stadtbaurat. An den Formulierungen im Vertrag sei nicht zu rütteln. Und: "Eine moralische Verpflichtung der Stadt, die Kündigung nicht auszusprechen, gibt es in diesem Fall nicht".