Das Technik- und Verkehrsmuseum steht vor dem Aus, zeigt aber trotzdem eine neue Ausstellung. Der Standort muss in wenigen Wochen geräumt werden.

Stade. Sie wollen sich den Frust nicht ansehen lassen. Doch die Frage nach der Zukunft des Stader Technik- und Verkehrsmuseums schwebt Tag für Tag in den Köpfen der Museumsbetreiber. Wohin soll das Museum, wenn die Festung Grauerort definitiv nicht in Frage für die musealen Gegenstände kommen sollte und wer zahlt die Umzugskosten? Für Dieter Kunze, zugleich Ortskurator der Deutschen Stiftung Denkmalsschutz (DSD) in Stade und Mitglied im Museumsverein, ist das alles immer noch frustrierend. Dennoch macht er gute Miene zum bösen Spiel. Dass er am Montagabend die Ausstellung "Handwerk in der Denkmalpflege", die bis Ende Oktober in den Räumen des Stader Museums gezeigt wird, eröffnete, hatte für ihn dennoch einen bitteren Nachgeschmack - und nicht nur für ihn.

Die Ausstellung soll den Wert, die Bedeutung und den Umfang handwerklicher Arbeit beim Schaffen und Bewahren historischer Zeugnisse verdeutlichen. Das Thema der Ausstellung ist im Stader Museum allgegenwärtig: Eine alte Schreinerei, historische mechanische Geräte, Sägen, Hobel, Werkbänke und vieles mehr umgeben die Ausstellung. Zeugnisse vergangener handwerklicher Tätigkeit.

Auch die Halle der alten Ziegelei selbst ist ein historisches Zeugnis der handwerklichen Geschichte und Geschicke Stades. Und dennoch werden hier, wenn es nach dem Willen der Stadt Stade geht, in wenigen Monaten die Lichter für immer ausgehen.

Ist die Bedeutung des Handwerks für die Schöpfung, Bewahrung und Restaurierung von Kulturgütern zuwenig beachtet worden? Nach Ansicht zahlreicher Experten ist dies so. "Die historische Leistung des Handwerks wird oft nicht ausreichend wahrgenommen, es werden etwa Könige als Schöpfer von Schlössern gerühmt, aber wer hat die Steine geschleppt und bearbeitet?", fragt Robert Knüppel, Vorstandsmitglied der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

Ohne das Handwerk würden die Menschen heute über keine Burgen, Schlösser, Kirchen, Fachwerkhäuser, Brücken, Dampfmaschinen, Oldtimer und andere Gegenstände mehr verfügen. Denn neben dem schöpfenden Aspekt spiele auch der konservatorische und restauratorische Aspekt eine bedeutende Rolle.

"Um die Güter zu bewahren, bedarf es gut ausgebildeter Handwerker, die die modernen Handwerkskenntnisse mit den historischen Verbinden und in Einklang bringen", so Knüppel. Schlechte handwerkliche Fähigkeiten verursachen immer wieder dauerhafte Schäden bei Sanierungsmaßnahmen. Daher sei es besonders wichtig, auch beider Ausbildung der Fachkräfte immer wieder auf Qualität zu setzen. Und das auch mit Blick auf die Zukunft.

"Wir haben immer mehr Denkmäler in Deutschland und auf der ganzen Welt, die bewahrt werden müssen. Der Erhalt wird für die Handwerksbetriebe eine der herausragenden Aufgaben für die Zukunft darstellen. Der Denkmalschutz wird damit zugleich zum Wirtschaftsmotor", so Knüppel. Denn die Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen sichern dem Handwerk wichtige Aufträge.

Die geleistete Arbeit kommt wiederum den Kommunen zugute, zum einen in Form von Gewerbesteuern, zum anderen vom Tourismus, der vom Erhalt der Denkmäler profitiert. Zudem würden gut erhaltene Denkmäler, historische Stadtzentren und Kirchen den Menschen Vertrauen in die Region geben. Sie vermitteln Geborgenheit und geben Orientierung in einer immer stärker globalisierten Welt. "Es geht daher nicht nur um das Festhalten an alten Traditionen, sondern auch um die Sicherung und das Schaffen einer Zukunft für die Menschen", sagt Knüppel.

348 Maßnahmen im Denkmalschutz wurden im Jahr 2009 von der DSD unterstützt, 13 Millionen Euro wurden dabei investiert. Für die Denkmalpflege in Deutschland würden, so Rolf Schneider, Präsident der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, sieben Milliarden Euro aufgewendet. 90 Prozent der Arbeiten in der Denkmalpflege leiste dabei das Handwerk.

Die Zahl ist nur die Spitze eines Eisbergs, denn nur ein Bruchteil dessen, was bewahrt eigentlich werden müsste, könne derzeit bewahrt werden. Der Staat kann die Kosten für den Erhalt der Kulturgüter nicht mehr alleine tragen, dafür gibt es bereits jetzt zu viele Projekte. Es bedarf nach Ansicht von Knüppel und Schneider oft schneller und unbürokratischer Hilfe, um die wichtigsten Güter zu schützen. Daher werde das private Engagement in der Denkmalpflege immer wichtiger. Die Zahl derer, die das erkennen, steige.

Bei der DSD sind nach Angaben Knüppels derzeit etwa 190 000 Menschen als Förderer tätig. Eine enorme Zahl und dennoch ein Tropfen auf den heißen Stein. Das weiß auch Dieter Kunze. Und Kunze weiß auch, dass oft keine Zeit vorhanden ist, um kurzfristig über Behördenwege wichtige Kulturschätze zu retten. Seine jüngst initiierte Rettungsaktion für ein Fresko des Altländer Malers Richard Eggers in Bützfleth bestätigte ihn darin einmal mehr.

"Wir bekommen das Geld für die Rettung des Freskos stückweise zusammen, aber es ist ein enorm zähes Ringen um das dafür nötige Geld. Und die Zeit läuft uns davon", sagt er. Im Moment hofft Kunze, dass ihm und seinen Mitstreitern die Zeit beim Technik- und Verkehrsmuseum nicht auch noch davonläuft. Und er hofft, dass sich endlich die Frage klärt, wer die immensen Transportkosten für die Ausstellungsstücke im Falle eines Umzugs des Museums übernehmen soll. Der Museumsverein jedenfalls kann es nicht.

Die Ausstellung "Handwerk in der Denkmalpflege" ist noch bis zum 30. Oktober täglich von 10 bis 16 Uhr in den Räumen des Technik- und Verkehrsmuseums Stade, Freiburger Straße 60, zu sehen. Jeden Donnerstag werden zusätzlich von 19 Uhr an Fachvorträge gehalten.