Ramona Scharfenberg ist mondän und bodenständig zugleich. IDie 25-Jährige designt Braut- und Abendmode. Und sie ist in der Feuerwehr.

Ramelsloh. Direkt gegenüber einem Bauernhof mit Scheune entwirft und fertigt Ramona Scharfenberg maßgeschneiderte Couture-Braut- und Abendkleider. Ein derartiges Atelier würde man eher in mondänen Stadtteilen Hamburgs vermuten, Eppendorf vielleicht, nicht aber dort, wo Trecker vorbeifahren. Die 25-Jährige hat den Sitz ihres jungen Modelabels "Mona Berg" direkt in den Ortskern ihres Heimatdorfes Ramelsloh gelegt - und sorgt für Aufsehen in dem 1690-Einwohner-Dorf.

Durch die hohen Glasfenster kann man ihr bei der Arbeit zusehen. Autofahrer in der Kurve vor ihrem Showroom gehen vom Gas, um einen langen Blick auf die wunderschön gekleideten Schaufensterpuppen werfen zu können.

"Na, Ramona, ob sich das mal hier hält", bekommt sie öfter zu hören. Man duzt sich, Ramona Scharfenberg ist hier aufgewachsen, ist eine von ihnen. Offenbar räumen Einheimische einem derart urbanen Laden nicht die besten Erfolgschancen ein. "Ich setze ja nicht auf die fünf Bräute, die hier heiraten", entgegnet ihnen dann die Modeschöpferin. Ein Atelier sei ja kein Laden, in dem man von der Stange kaufe. Kunden haben Termine bei ihr.

Und für ein maßgeschneidertes Unikat zur Hochzeit fahren die Leute auch mal die 20 Minuten auf der Autobahn von Hamburg in das kleine Dorf. "Wer sich verliebt hat, macht den Weg", ist Ramona Scharfenberg überzeugt. Ihr Label hat sie im Oktober vergangenen Jahres gegründet, damals noch im Souterrain im Haus ihrer Eltern. Auf Fachmessen und im Internet macht sie sich seitdem bekannt.

"Hanseaten-Chic" nennt Ramona Scharfenberg den Stil ihres jungen Modelabels. Die Kleider seien sozusagen auf den Hamburger Markt zugeschnitten. Hanseatisch, das bedeute zurückhaltend klassische Linien, edle Materialien mit schönen Spitzen. Nicht so aufgerüscht und pompös mit Perlen bestickt, wie es China und Südeuropa, die wichtigsten Brautmodenhersteller, bevorzugen.

+++Kreativität: Paris, Mailand.... Ramelsloh+++

Charakteristisch für die Marke Mona Berg sei das "2in1-Kleid". Nach der eigentlichen Hochzeitszeremonie trennt die Braut unten ein Stück ab und trägt ein kurzes Kleid - ideal zum Tanzen. "Man kann es auch zum Hochzeitstag wieder hervorholen und chic essen gehen", sagt die Designerin. Das Kleid brauche nicht für immer im Schrank zu verschwinden.

Mondän und doch bodenständig - wie die Mode ist auch ihre Schöpferin. Ramona Scharfenberg macht, was wohl nur die wenigsten Designerinnen tun: Sie schiebt Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr. Im Dorf gehöre das dazu, sagt sie: "Ich nutze alle Vorteile und gebe nichts zurück - das geht doch nicht!" Und so kann es ein, dass die meist adrett gekleidete junge Frau direkt aus ihrem Atelier zu einem Einsatz in das Feuerwehrgerätehaus eilt.

Der Dienst an der Wasserspritze sei nicht unbedingt ihre Stärke, räumt die 25-Jährige ein. Aber Verletzte zu betreuen, das könne sie wohl besser als manche ihrer Kameraden. In der Freiwilligen Feuerwehr Ohlendorf organisiert sie die Feste - und hat durchgesetzt, dass die Kameraden und ihre Frauen nicht in Jeans oder Uniform, sondern in schicker Garderobe den Feuerwehrball feiern.

Zu der bodenständigen Attitüde passt, das Ramona Scharfenberg sich selbst nicht Designerin nennt. "Architektin für Kleider" gefällt ihr besser. Sie legt Wert auf solides Schneiderhandwerk, das sie von Pike auf gelernt hat. Was nütze es, fragt sie, wenn sie schön Zeichnungen mache, aber das Kleidungsstück nicht am Körper sitze.

Vater und Mutter sind Elektroingenieure. Das Talent, da ist sie sich sicher, hat sie von der Oma geerbt, die Schneiderin gewesen ist.

Hunderttausende junger Frauen in Deutschland dürften davon träumen: Wie kommt man zu seinem eigenen Modelabel? Ramona Scharfenberg hat es mit Arbeit geschafft: Mittlere Reife an der Katholischen Schule in Harburg, danach eine Lehre zur Modeschneiderin in der Industrie in Hamburg. Dann drückte sie wieder die Schulbank, machte das Fachabitur.

Als Angestellte entwarf und produzierte die Ramelsloherin dann Kleidung in Altona, bis sie ein Stipendium der Handelskammer erhielt und eine Ausbildung zur Schnitt- und Fertigungs-Direktrice machen konnte. Bevor sie sich im Oktober selbstständig machte, arbeitete Ramona Scharfenberg noch als Angestellte in einem Geschäft für Braut- und Abendmode in Hamburg.

Brautmode gilt als die Königsklasse in der Zunft. Sie bietet aber auch kleinen Modemachern sie Chance, neben Massenproduzenten ihre Nische am Markt zu finden. Der Einzelhandel schlage derartig große Margen auf Brautkleider, die meist in Asien produziert werden, auf, dass Existenzgründer bei den Preisen konkurrenzfähig sind. Ein langes Brautkleid von "Mona Berg" gibt es ab 1000 Euro, in der Regel kostet es 1500 Euro. Das ist nicht mehr als im Einzelhandel.

Eine Woche lang arbeitet Ramona Scharfenberg an einem Kleid, von dem Beratungsgespräch bis zur Produktion in ihrem 80 Quadratmeter großen Atelier. Sollte ihr Modelabel durchstarten, kann sich Ramona Scharfenberg vorstellen, den Sitz nach Hamburg zu verlegen. Die HafenCity sei ein Standort, an dem Abendkleider gefragt sind. Die Besucher der Elbphilharmonie und die Gäste der Kreuzfahrtschiffe würden an ihrem Schaufenster vorbeigehen - eine "gute Lauflage".

Die junge Modermacherin wird bald ihr eigenes Brautkleid schneidern. Im August heiratet sie ihren Lebensgefährten - auf Schloss Scharfenberg bei Dresden. Mit der gleichnamigen sächsischen Adelsfamilie, sagt Ramona Scharfenberg, sei sie aber nicht verwandt oder verschwägert. "Mein Verlobter und ich", sagt sie, "lieben einfach Burgen."