Bei einer Betriebsübergabe kann einiges schief gehen. Zwei Beispiele aus dem Süderelberaum zeigen, wie es dennoch klappen kann.

Seevetal/Stade. Spätestens wenn Firmeninhaber an ihre Rente denken, wird es Zeit, sich auch über den Betriebsnachfolger Gedanken zu machen. Denn nicht immer ist der eigene Nachwuchs bereit, die Geschäfte zu übernehmen. Zwischen 120 und 150 Übergaben begleitet die Stader Handwerkskammer (HWK) jährlich, rund 75 Prozent davon in Familienbetrieben. Zwei Beispiele aus der Region zeigen, wie das funktionieren kann.

Mehr als 30 Jahre haben Christa und Hans-Hermann Raap ihre Zimmerei und den Betrieb für Dachbindersysteme in Ahrenswolde erfolgreich geführt, jetzt wollen sie kürzer treten. Seit 2007 sind beide Generationen in der Geschäftsführung tätig, Anfang 2010 werden Martina Raap-Mügge und Rainer Mügge alleine die Geschicke des Betriebes mit mehr als 90 Angestellten leiten.

Der Schritt ist gut vorbereitet. "Wir wissen, was auf uns zukommt", sagt Zimmermeister Rainer Mügge. Seit acht Jahren arbeitet er in dem Familienunternehmen mit und ist nach und nach in die Führungsposition hineingewachsen. Auf das Know-how und den Rat des Schwiegervaters möchte er aber auch künftig nicht verzichten: "Einen derartigen Erfahrungsschatz kann man nicht von heute auf morgen ersetzen. Mein Schwiegervater will zwar kürzer treten, sich aber dennoch weiterhin um die Kundenpflege kümmern." Druck, den Betrieb übernehmen zu müssen gab es nicht. Der Entschluss der jungen Generation war komplett freiwillig.

Für Matthias Steffen von der HWK Stade ist eine Entscheidung im Einvernehmen der Idealfall, aber nicht die Regel: "Bei der Firma Raap arbeiten beide Generationen Hand in Hand, es gibt einen fließenden Übergang. Das sind beste Voraussetzungen für einen erfolgreichen Fortbestand der Firma."

Längst nicht alle Betriebe agieren so weitsichtig, daher bieten die Handwerkskammern Informationsveranstaltungen zum Thema Betriebsnachfolge an. Dort geben auch Fachanwälte Auskunft.

Sönke Steffen von der Industrie- und Handelskammer in Lüneburg empfiehlt den Betrieben, das Thema nicht auf die lange Bank zu schieben: "Mindestens fünf Jahre im Voraus sollte sich der Inhaber damit befassen".

Die Kammern im Bezirk fungieren als Vermittler zwischen Kaufinteressenten und Verkäufern und bieten bundesweit ein Online-Angebot, in dem sich Interessenten informieren können. Der Service ist kostenlos.

Auch Stephan Monzel hat mit Hilfe der Kammer einen Betrieb gesucht. Der Catering-Spezialist aus Seevetal wollte ein Standbein in Hamburg haben und wurde beim Familienbetrieb Hase in Rahlstedt fündig: "Herr Hase wollte aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten. So sind wir schnell ins Geschäft gekommen." In knapp vier Monaten war die Übergabe geregelt, seit dem 1. September gehört der Betrieb zum Firmenverbund von "Burg-Catering". Der ehemalige Inhaber arbeitet bis Jahresende mit. Dann wollen sich alter und neuer Chef an den Tisch setzen und bilanzieren. "Die persönlichen Kontakte sind wichtig, daher sind Herr Hase und ich zu allen wichtigen Kunden gemeinsam gefahren." Nach der Übergangszeit werden die beiden darüber sprechen, ob der ehemalige Inhaber als Angestellter dabei bleibt.

Das Thema "Loslassen" ist laut Matthias Steffen von der Handwerkskammer Stade ein häufiger Grund für das Scheitern einer Firmenübergabe. "Das psychologische Moment wird stark unterschätzt. Nur wer sich von seinem Betrieb lösen kann, wird ihn erfolgreich übergeben."

Zugenommen haben nach Aussage der Kammern übrigens auch die Betriebsübergaben an Töchter - wie bei Martina Raap-Mügge.