Am 11.11. um 11.11 Uhr feiern die Narren mit Gottesdienst, Büttenreden und Eierbier den Karnevalsauftakt.

Stade. Norddeutsche messen dem Termin üblicherweise nicht dieselbe Bedeutung bei wie die Menschen in den Karnevalshochburgen Köln und Mainz. Anders in Stade, wo es vielen schon in Fleisch und Blut übergegangen ist: Morgen, am 11.11. um 11.11 Uhr, beginnt die närrische Zeit. Dann wird in der Stadt, die sonst eher für ihre hanseatische Zurückhaltung bekannt ist, aus vollem Herzen "Stade Ahoi!" gerufen.

Das bunte Ritual wird an der Schwinge nicht erst seit gestern gefeiert. "Der Stader Fasching ist älter als der Kölner Karneval", sagt Jürgen Ulrich, stellvertretender Vorsitzender der Stader Fastnachtsgilde. Die Vereinigung sei bereits im 16. Jahrhundert entstanden. Damals soll der Brauerknecht Peter Männken die Stadt von der Pest befreit haben, so die die Überlieferung. Als Dank durfte er Gertrud, die Tochter eines reichen Brauereibesitzers, heiraten. Zudem erhielten die Brauerknechte das Recht, die Toten zu Grabe zu tragen und die Festnacht zu feiern. Seitdem sind die Heilige Gertrud als Schutzpatronin der Gilde und der Männken die Traditionsfiguren der Stader Narren. Das Gilde-Schiff für den Umzug wurde nach der Schutzpatronin benannt.

Die Stader Karnevalisten sind die einzige Fastnachtsgilde im Landkreis. Lediglich in einigen Sportvereinen gebe es Faschingsabteilungen, sagt Ulrich. Und betont die Unterschiede zu den südlicheren Pendants:"Wir feiern traditioneller und ruhiger als zum Beispiel in Köln und Mainz." Der Stader Karneval sei weniger laut und christlicher. Schuld daran sei wohl die norddeutsche Zurückhaltung.

Morgen beginnt das bunte Treiben mit einem feuchtfröhlichen Frühstück. Gegen 9.30 Uhr steht der ökumenische Gottesdienst in der Innenstadtkirche St. Cosmae auf dem Programm. Dann ziehen die Narren zum Fischmarkt, wo ein Gildebruder mit Schwingewasser getauft wird. Der Umzug führt danach samt Pferd durch die Innenstadt, wo mit Kaufleuten angestoßen wird.

Pünktlich um 11.11 Uhr klopft der Stadtbüttel Peter Schmorl an der Rathaustür und erobert mit seinen Kameraden das Gebäude. Das Fastnachtspaar Gertrude und Peter Männken präsentieren im Ratssaal die Geschichte der Gilde. Bürgermeister Andreas Rieckhof übergibt dem Stadtbüttel das Stadtsäckel. "Das wollen wir eigentlich gar nicht haben, schließlich sind die Stadtkassen leer", sagt Ulrich. Außerdem werden Büttenreden und Faschingslieder präsentiert. Zum Abschluss steht wieder eine Tradition auf dem Programm: Es wird Eierbier serviert. Das dunkle Gebräu wird erwärmt und mit einem rohen Ei und Gewürzen gemischt.

Bis Aschermittwoch ist der Terminkalender der rund 40 Gildebrüder und Marketenderinnen, so werden die Frauen genannt, prall gefüllt. "Wir singen etwa in Seniorenheimen Traditionslieder", so Nicole Werk. Außerdem werden andere Faschingsvereine besucht.

Der Höhepunkt der fünften Jahreszeit ist der Umzug durch die Stader Innenstadt, der traditionell am Sonnabend vor Rosenmontag stattfindet. In diesem Jahren zeigen die Narren am 13. Februar von 14 Uhr an ihre bunten Kostüme. Der kilometerlange Zug schlängelt sich durch die Gassen der Altstadt. "Dann kommen immer viele Zuschauer in die Stadt und feiern mit uns", sagt Ulrich. Doch im Verein wolle sich die große Mehrheit trotzdem nicht engagieren. "Die Norddeutschen machen sich nicht gerne zum Clown", vermutet seine Ehefrau Nicole Werk.

Am Aschermittwoch, 17. Februar, ist dann Schluss. Nach einem Matjesessen kommen die Kostüme wieder für einige Monate in den Schrank. Bis es am 11.11. um 11.11 Uhr wieder heißt: "Stade Ahoi!".