Jan Graf (36), NDR-Moderator aus Buxtehude: "Ich erinnere mich noch genau an den Morgen nach dem Tag des Mauerfalls. Meine Mutter weckte mich und sagte aufgeregt: 'Die Grenze ist offen.' Ich war damals 16 Jahre alt. Ich fand das sehr überwältigend, obwohl ich mitten in der Pubertät steckte und mich hauptsächlich mit anderen Dingen beschäftigte. Es dauerte nicht lange, bis zahlreiche Trabis auf dem Bauernhof meiner Familie in Bad Bevensen eintrudelten. Das versetzte besonders meinen Vater in einen Freudentaumel, weil er selbst in Oschersleben in der ehemaligen DDR groß geworden ist. Später ist er, versteckt in einem Auto, in den Westen geflüchtet. Am Tag nach dem Mauerfall rannte mein Vater trunken über den Hof und rief: 'Jan, Jan, hier stehen Trabis!' Ich ließ es mir natürlich nicht nehmen, selbst einige Runden in dem ostdeutschen Modell zu drehen. Das alles ist mir sehr intensiv in Erinnerung geblieben."

Ulrike Mensching (43), Leiterin der Buxtehuder Stadtbibliothek, aus Buxtehude: "Ich habe vom Mauerfall erst einmal gar nichts mitbekommen. Ich war gerade in den Vereinigten Staaten, als sich die innerdeutsche Grenze öffnete. Von 1989 bis 1991 habe ich nämlich die Bibliothek des Bostoner Goethe-Institutes geleitet. Eine Mitarbeiterin dort hatte etwas vom Mauerfall gehört. Weil es zu der Zeit in Deutschland wegen der Zeitverschiebung mitten in der Nacht war, habe ich beim deutschen Konsulat in Boston angerufen, um mich über das Geschehen in Deutschland zu erkundigen. Doch Fehlanzeige! Das Konsulat konnte mit der Nachricht des Mauerfalls überhaupt nichts anfangen. Man versicherte mir aber, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Seitdem habe ich keine Angst mehr vor Menschen in hohen Positionen. Später habe ich dann meine Familie in Deutschland angerufen, die hat mir alles über die Ereignisse in Berlin erzählt."

Egon Ahrens (58), Leiter des Stadeums, aus Stade: "Ich habe vom Mauerfall aus dem Radio gehört. Die gesamte Familie versammelte sich dann vor dem Fernseher und verfolgte gespannt das Geschehen. Niemand konnte das fassen. Erst am Abend haben wir realisiert, dass ein Kapitel deutscher Geschichte geschrieben wurde. Die Tragweite war mir aber nicht bewusst. Es hat mich besonders überwältigt, dass das alles friedlich verlief. Das Telefon hat immer wieder geklingelt, weil Freunde mit mir über den Mauerfall sprechen wollten. Ein befreundetes Paar aus Buxtehude, das Verwandte in der DDR hatte, fuhr mit dem Auto nach Berlin. Angst, dass die Grenzen wieder geschlossen werden könnten, hatte ich nicht. Weil wir keine Verwandten in der DDR kannten, sind wir in Stade geblieben. Erst später meldeten sich entfernte Familienmitglieder. Wir haben uns kurz darauf besucht. Mit einigen besteht immer noch Kontakt."