Martina Krogmann saß bereits dreimal für den Kreis Stade im Bundestag. Abendblatt-Autorin Bianca Wilkens hat sie zu Hause in Stade besucht.

Stade. Alles muss stimmen. Ein paar Briefe, die noch in die Post gehen, mussten zweimal durch den Drucker. Wenn in einem Schreiben anstelle eines Semikolons ein Punkt hingehört, dann kann Martina Krogmann nicht anders: Sie muss den Fehler berichtigen. Erst dann geht der Brief raus. "Das, was ich mache, muss hundertprozentig sein", sagt sie.

Auch bei der Wahl am Sonntag will die 45-Jährige den hundertprozentigen Erfolg, das heißt zum ersten Mal ein Direktmandat holen und diesmal nicht über die Parteiliste in den Bundestag einziehen. Krogmann holt einen Aschenbecher aus der Küche. "Ich muss Sie leider zunebeln", sagt sie und steckt sich eine Philip Morris Supreme an. Mitten im Wahlkampfstress ist ans Aufhören nicht zu denken. Wie viel Zigaretten sind es am Tag? "Viele", sagt sie. Die Frau ist bekennende Kettenraucherin. Selbst auf der Toilette steht ein Aschenbecher.

Krogmann trägt eine weiße Bluse und einen grauen Hosenanzug. Während sie es mit der Kleidung neutral hält, setzt sie in der aufgeräumten Wohnung auf kräftige Farben. Überall sind Farbtupfer in Orange zu sehen. Über die Wohnungseinrichtung bestimmt sie allein. Ihr Mann Alfred Draxler, Stellvertreter von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann, wohnt in Berlin. Die Farbtupfer sind dezent gesetzt und aufeinander abgestimmt. Orangefarbene Blumen. Orangefarbene Vase. Abstraktes Gemälde im kräftigen Orange.

Vielleicht ist der Hang zum Perfektionismus Krogmanns Schlüssel zum Erfolg. Seit 1998 ist sie Mitglied des Bundestages. Drei Jahre später wurde sie zur Internetbeauftragten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bestimmt. In der laufenden Legislaturperiode fungiert sie als Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion - und das, obwohl Krogmann nie kommunalpolitischen Stallgeruch geschnuppert hat. Sie schaffte es 1998 mit einem Satz in den Bundestag. Damals war sie noch keine zwölf Monate CDU-Mitglied. Christian Wulff hat die gebürtige Hannoveranerin für die Politik entdeckt, und das kam so: Das US-amerikanische Konsulat wollte 1997 wissen, ob Gerhard Schröder, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, für das Kanzleramt kandidieren wolle. Also fuhr Krogmann, die zu der Zeit als wirtschaftspolitische Referentin für das US-Konsulat in Hamburg arbeitete, zu Wulff, dem damaligen Oppositionsführer. Eigentlich sollte das Gespräch nur eine halbe Stunde dauern; es wurden zwei. Wulff war von ihr so beeindruckt, dass er ihr kurze Zeit später vorschlug, für den Bundestag zu kandidieren. "Es kam ziemlich überraschend. Aber ich wollte es einfach versuchen."

Damals war sie 33 Jahre alt, hatte eine Ausbildung zur Redakteurin an der Axel-Springer-Schule und ein Politikstudium in München und Florenz absolviert. Zudem hat sie eine Doktorarbeit über transatlantische Wirtschaftsbeziehungen nach dem Ende des Ost-West-Konflikts verfasst. Der CDU kam sie offenbar gerade recht.

Es klappte. Beim Parteitag in der Viehauktionshalle von Kutenholz wurde Krogmann nominiert und gelangte 1998 über die Landesliste in den Bundestag. "Mein Leben ist eine Aneinanderreihung von wunderbaren Umständen", sagt Krogmann.

Mit der Politik sei sie aber schon früher in Kontakt gekommen, betont die CDU-Frau. Sie steht auf und holt eine Schale Gummibärchen: "Meine Mutter ist die Mutter aller Bürgerinitiativen in Hannover. Sie hat verhindert, dass ein Stück Wald in Hannover abgeholzt wird." Die Freude über den Erfolg in der Familie hat Martina Krogmann bis heute nicht vergessen. Um Parteien machte sie als junges Mädchen dennoch lieber einen großen Bogen. "Ich fand sie einfach nicht attraktiv", sagt sie. Deshalb war ihr die Parteistruktur der CDU genauso fremd wie die Stader Region, als sie in den Bundestag einzog. "Ich wusste nur, dass es schwierig war, nach Stade zu gelangen, weil es keine Autobahn gab."

Rückblickend ging ihr selbst der schwierige Start leicht von der Hand. Krogmann nahm sich des Themas Neue Medien an und konnte damit punkten: "Ich musste nicht wie zum Beispiel beim Thema Rente Fragen beantworten, die schon tausendmal gestellt wurden. Es war ein völlig neues Feld." Inzwischen hat Krogmann sogar einen direkten Draht zum Kanzleramt. Und das, so sagt sie, komme den Menschen in der Region um Stade zugute. Diese habe von ihren guten Beziehungen zur oberen Polit-Etage profitiert, findet Krogmann. Dann präsentiert sie stolz eine Schärpe mit der Aufschrift "Miss Helmste". Die haben ihr die Dorfbewohner als Dank überreicht, da sie sich für das schnelle Breitband-Internet in dem Ort stark gemacht hat. "Ich habe gute Arbeit gemacht", sagt sie.

Doch bevor die Bundestagswahl gelaufen ist, bleibt sie vorsichtig. Sie spricht lieber nicht von einer "Wahlparty", sondern von einem "Wahltreff", zu dem sie eingeladen hat. Und wenn der Sonntag vorüber ist, wird alles anders, hat sich Krogmann vorgenommen. Dann will sie auch endlich mit dem Rauchen aufhören.