Aus Bäumen schneidet er aufwendige Figuren und verwandelt den Friehof in ein Kunstwerk. Horst Fitschen ist mehr Künstler als Gärtner.

Assel. Horst Fitschen schneidet aus Eiben kunstvolle Figuren. Der 66-Jährige macht aus Bäumen eine Kaffeekanne und Napoleon. Die Besucher sind stolz auf die Ruhestätte.

Die Vögel zwitschern, die Sonne scheint, die ersten Winterheiden werden gepflanzt. Es ist ruhig auf dem sehr gepflegten Asseler Friedhof bei Drochtersen. Bis Horst Fitschen kommt und seine elektrische Schere auspackt. Mit gekonnten Griffen bearbeitet der 66-Jährige mehrere Bäume und verwandelt die Ruhestätte in einen Kunstpark. Aus gewöhnlichen Eiben werden eine Kaffeekanne oder eine Spirale. Seit 35 Jahren wacht der Friedhofsgärtner über mehrere Hundert Gräber und lebt genau so lange seine Kreativität an den Bäumen aus.

Zunächst ist die mehr als drei Meter hohe Eibe im Zentrum der Ruhestätte an der Reihe. Der Hut vom französischen Kaiser Napoléon Bonaparte muss nach geschnitten werden. "Die Ideen für die Figuren kommen mir spontan. Manche hatte aber auch meine Frau", sagt der Rentner. Im Geiste arbeite er das Konzept aus, eine Zeichnung oder Vorlage gäbe es nicht. "Die Gedanken reichen aus. Die müssen aber konkret sein. Einfach drauflos schnippeln geht nicht", sagt Fitschen. Schließlich wachsen Eiben vergleichsweise langsam und so würden Fehler wie etwa tiefe Einschnitte lange bestraft: "Das dauert ewig, bis das wieder zugewachsen ist."

Dennoch seien Eiben, die auch Taxus genannt werden, die geeignete Pflanzen, weil nur diese Art auch bei hohem Wuchs bearbeitet werden könnte: "Mit Buchsbaum geht das zum Beispiel nicht. Die Eibe ist perfekt."

Die Feinarbeit erledigt Fitschen mit der Schere. Einzelne Zweige oder auch nur Blätter werden entfernt. Der gelernte Gärtner ist ein Perfektionist, wie er selbst über sich sagt.

Die betende Frau ist eine Idee seiner Frau. Bis ins Detail hat Fitschen den Entwurf umgesetzt und die Schere an dem vier Meter hohen Taxus schwingen lassen. Ohren und Nase sind exakt beschnitten. "Ende August, Anfang September ist die beste Zeit zum Schneiden", sagt der Profigärtner. Würde er zu früh mit der Schere anrücken, würden Zweige braun werden. "Die Bäume bekommen dann einen Sonnenbrand."

Die vier Meter lange und zwei Meter breite Kaffeekanne am Rande des Friedhofes sei die größte Herausforderung gewesen. Der Henkel machte Fitschen die meisten Probleme: "Der Baum wollte nicht so wachsen, wie ich es wollte. Jetzt klappt es mit einem Draht, an dem sich die Zweige entlang schlängeln." Die Kanne ist sein ganzer Stolz.

Stolz seien auch die Angehörigen der Verstorbenen, schließlich sei ihr Friedhof etwas Besonderes. "Ich werde oft gelobt", sagt der Hobby-Künstler. Probleme habe es noch nicht gegeben, die Atmosphäre sei ohnehin locker: "Auf unserem Friedhof darf auch gelacht werden." Aber sauber muss er sein. Unkraut ist Fitschen ein Graus. Ein Grab gleicht dem anderen: Rosa und weiße Begonien, bevor die violette Heide gepflanzt wird. Roter oder grauer Kies decken die Gräber ab. Lediglich die beschnittenen Eiben fallen aus dem Rahmen und bieten Abwechslung.

Und die soll noch größer werden. Fitschen hat neue Bäume gepflanzt, die in den kommenden Jahren zu kunstvollen Figuren werden sollen. Die ersten Ideen habe er bereits durchdacht. Ein schlanker, aber bereits hochgewachsener Baum soll eine Muschel mit dem Muster einer Schraube werden. "Ideen habe ich genug."