Der Verein hat seit 2001 vier alte Bauernhäuser in anderen Orten abgebaut und in Bliedersdorf wieder aufgebaut und hergerichtet.

Bliedersdorf. Wer hat bloß die Uhr zurückgedreht? Das ist eine berechtigte Frage, die sich Besucher in der Bliedersdorfer Dohrenstraße unbedingt stellen dürfen. Nur ein paar Meter hinter den modernen Einfamilienhäusern hat man nämlich das Gefühl, mindestens 150 Jahre in die Vergangenheit gereist zu sein. Plötzlich steht der verblüffte Besucher mitten in einem historischen Bauerndorf.

Links steht eine Durchfahrtsscheune, dahinter die historische Dorfschmiede. Daneben ein Fachwerkbackhaus und rechts hinter dem Bauerngarten steht ein Schafstall. Alle Häuser sind zwischen 140 und 250 Jahre alt. Kleine Details geben dem Besucher zusätzlich das Gefühl, in die Zeit vor Elektroherd und Waschmaschine zurückversetzt worden zu sein: Antike Traktoren, Ambosse, Torfhaufen und Schmiedewerkzeuge überall, Geräte die er sonst sicher nur aus Museen oder Geschichtsbüchern kennt.

Aber was noch viel kurioser ist: Keines der Gebäude steht länger als acht Jahre in Bliedersdorf. Spätestens hier kann keine Uhr weiterhelfen, wohl aber Rainer Kröger, Gründer und Vorstandsmitglied des Vereins "Bäuerliches Vereinswesen". Kröger erzählt, dass der Verein die Gebäude in anderen Ortschaften aufgetrieben, abgebaut und in Bliedersdorf neu aufgebaut hat. Das Ziel: die alten Gebäude für die Nachwelt erhalten. Die Vorbesitzer seien allesamt bereit gewesen, dem Verein die baufälligen Gebäude zum Nulltarif zu überlassen. "Nun sind sie beeindruckt, wie schön wir die alten Gemäuer saniert haben", sagt Kröger. Auch ein bisschen Wehmut spiele bei ihnen wohl auch mit, vermutet Kröger.

Aber dafür haben sich die rund zehn aktiven Mitglieder mächtig ins Zeug gelegt: Unzählige Stunden haben sie an den Häusern gewerkelt. Allein für die Schmiede und die Durchfahrtsscheune haben die Retter der historischen Bauernhäuser rund 6000 Weiden und Haselnussruten verarbeitet, tonnenweise Lehm mit Sägespäne angemischt und 480 Holznägel geschnitzt - acht Monate lang. Für den Wiederaufbau des Backhauses haben sie ganze zwei Jahre gebraucht, in Handarbeit alle Ziegelsteine dokumentiert, den Grundriss erstellt und das Haus genauso wieder aufgebaut, wie es einst in Dollern vor sich hinrottete. Nur halt viel schöner, da die Hobbyhandwerker alles saniert haben. Da trifft es sich gut, dass im Vereinsvorstand zwei Ingenieure und ein Architekt sind. "Ohne fachliche Kompetenz, wäre das Projekt nicht möglich", sagt der pensionierte Ingenieur Rainer Kröger.

"Wir versuchen, möglichst viel von der ursprünglichen Bausubstanz wieder zu verwenden", sagt Kröger, "deswegen müssen wir beim Abbau erst mal alles vermessen und die Teile dokumentieren und beschriften." Beim Wiederaufbau würden die Vereinsmitglieder nur dort neue Teile einbauen, wo es unbedingt notwendig sei - und dann auch nur historische Baustoffe." Keine Bodenpappe, kein Estrich und sowieso keine Glaswolle. "Wir arbeiten mit Holz, Lehm und Findlingen."

Für die Liebe zum historischen Detail wurde der Verein bereits belohnt. Das Backhaus sowie der Schafstall wurden unter Denkmalsschutz gestellt. "Das gleiche streben wir für die Schmiede und die Durchfahrtsscheune an", sagt Kröger. Und natürlich auch für das nächste Projekt. "Da wir jetzt unsere vier Nebengebäude fertiggestellt haben, fehlt uns nur noch ein Haupthaus." Ein 380 Jahre altes Langhaus hätten sie bereits aufgetrieben und abgebaut. Wenn es steht, soll Schluss sein mit dem Werkeln. Dass Kröger und seine Vereinskollegen aufhören können, alte Gebäude zu retten, scheint aber nur daran zu liegen, dass sie keinen Platz mehr haben. Denn es juckt ihnen sichtlich in den Fingern, immer weiter an dem zauberhaften Bauerndorf zu arbeiten.

Der Verein "Bäuerliches Hauswesen" vermietet die historischen Bauernhäuser für Feiern und Ausflüge. Interessierte melden sich unter der Telefonnummer 04163/77 98.