Trotz des Mais-Verbotes setzen Konzerne weiter auf die Biotechnologie. Saatzucht-Firma Pioneer hat in Sachsen-Anhalt einen eigenen Versuchsgarten.

Buxtehude/Üplingen. Ein Metallzaun grenzt das Feld ab, schwere Schlösser hängen an den Türen, eine Alarmanlage umspannt das Gelände. Inmitten von Maispflanzen steht eine Jagdhütte, von der aus das Sicherheitspersonal die Gegend überwacht. Was wie ein Gefangenenlager wirkt, ist eine abgeschottete High-Tech-Anlage. Üplingen, ein abgelegenes Dorf in Sachsen-Anhalt.

Nur Ortskundige finden das Nest, das so unscheinbar ist, und doch das ganze Jahr über im Fokus multinationaler Konzerne steht. Hier wächst im "Schaugarten Üplingen" Mais, der sich selbst gegen Schädlinge verteidigt, Kartoffeln, deren Knollen nicht verfaulen und aus denen Kunststoffe gewonnen werden können. Es ist das tägliche Millionengeschäft multinationaler Konzerne, das hier allmählich vor sich hin wächst. Monsanto, BASF, Pioneer - sie alle versuchen mittels Genmanipulation die Eigenresistenz und den Ertrag von Pflanzen zu stärken. Und: Sie versuchen damit Geld zu verdienen - viel Geld.

Was für die Pflanzenforscher wohlklingende Zukunftsmusik ist, ist für Verbraucher- und Umweltschützer ein Horrorszenario. Dass sie genmanipulierte Pflanzen ablehnen, gegen die Üplinger Biotech-Farm vorgehen, dafür hat Heinz Degenhardt wenig Verständnis. "Was wir machen ist eine ganz normale Zucht - nur zeitlich beschleunigt", sagt der Chef von Pioneer Hi-Bred Northern Europe in Buxtehude. Statt jahrzehntelang zu züchten - mit offenem Ergebnis - bevorzugt er es, gezielt die gewünschten Eigenschaften in eine Pflanze mittels Genforschung zu injizieren. Die Pflanze wird damit wie gewünscht, der Prozess der Eigenschaftsveränderung um viele Jahre beschleunigt. Und Zeit ist für Unternehmen wie Pioneer bares Geld wert: Je früher eine neue Sorte Saatgut auf den Markt kommt, desto schneller fließt der Euro Wer das beste Produkt hat, verdient am meisten. Die Landwirtschaft ist ein knallhartes Geschäft.

Heinz Degenhardt, promovierter Agronom, ist Stammgast in Üplingen. Pioneer hat auf dem Versuchsgelände der Biotech-Farm mehrere Hybridmaissorten für Testzwecke angepflanzt. Jede Sorte, die dort für die Alltagserprobung ausgesät wird, ist das Ergebnis langwieriger Genforschung, jede Sorte kostet das Unternehmen einen zweistelligen Millionenbetrag, bis sie zum ersten mal auf dem freien Feld gedeihen darf. Bis der neue Mais für den freien Handel zugelassen wird, ist es ein weiter Weg. "Wenn die ersten Laborversuche gelungen sind, muss sich der Mais rund 15 Jahre im Feldversuch bewähren. Dann entscheidet die Politik, ob die Pflanze zugelassen wird oder nicht", sagt Degenhardt.

Im Mai wurde der Mais "Monsanto 810" für den deutschen Markt verboten. In mehreren Ländern Europas und auch in Asien, Nord- und Südamerika ist das genmanipulierte Saatgut aber zugelassen. "Das ist ein Standortnachteil für die deutsche Landwirtschaft", sagt Degenhardt. Während die Landwirte anderer Länder höhere Erträge einfahren und weniger Pestizide benötigen würden, müsse der deutsche Landwirt zuschauen, wie sich seine Produkte auf dem internationalen Markt gegen die billige Ware aus dem Ausland nicht durchsetzen können.

Das finden Heinz Degenhardt und Uwe Schrader, FDP-Landtagsabgeordneter in Sachsen-Anhalt und Mitinitiator des Üplinger Schaugartens, unfair. Mit Hilfe von Aufklärungsmaßnahmen wie Führungen durch den Schaugarten wollen sie das Image der Produkte in Deutschland verbessern, eine Zulassung der Biotech-Pflanzen erreichen. Dass die Überzeugungsarbeit in Deutschland schwer falle, geben beide zu. "Hier gibt es viele, ungerechtfertigte Vorbehalte gegen die Genforschung", meint Schrader. Aus teils wahltaktischen Gründen, so der promovierte Biologe, werde die Zulassung von genmanipulierten Pflanzen verschleppt. Die Genforschung sei sicher und die Befürchtung von Umweltverbänden, dass sich der Pollen der Genpflanzen unkontrolliert verbreite, sei unsinnig.

In Deutschland rechnen Unternehmen wie Pioneer mit einer baldigen Erlaubnis für die breit angelegte Aussaat von Genmais. Berlin werde sich dem Druck aus Brüssel beugen müssen, so glauben sie. Und sollte eine Koalition aus CDU und FDP die kommende Wahl gewinnen, so ist Schrader überzeugt, werde sich die Gesetzeslage sowieso schnell zugunsten der genmanipulierten Pflanzen verändern.