Stadt will durch Präventionsmaßnahmen die Zahl derer senken, die nicht mehr lernen wollen. Hilfe für Eltern, Schüler und Lehrer.

Stade. Zuhören, verstehen, helfen - mit einem Pilotprojekt will die Hansestadt Stade die Schulschwänzer in die Klassenräume zurückbringen. Seit 2005 hat Unterrichtsverweigerung nach Angaben des Fachbereichs Jugend, Familie und Soziales an den Stader Schulen beständig zugenommen. In diesem Jahr hat der Fachbereich mit insgesamt 70 laufenden Fällen von Lernverweigerung innerhalb der Hansestadt Stade zu kämpfen.

Anstatt die betroffenen Jugendlichen und deren Eltern, die das Verhalten ihrer Kinder tolerieren, mit drohenden Geldbußen zu konfrontieren, will die Stadt die Betroffenen mit Seminaren zum Umdenken bewegen.

"Wir müssen den Jugendlichen Anreize bieten, damit sie auch bereit sind, sich wieder in die Schule zu integrieren, damit Eltern lernen, sich mit ihren Kindern auseinanderzusetzen und Symptome des Schulschwänzens zu erkennen", sagt Kai Justin (39) von der Abteilung Sozialpädagogische Dienste. Dass die Arbeit sinnvoll sei, daran gebe es keinen Zweifel. "Es ist immer günstiger, präventiv zu arbeiten, als später Korrekturen vornehmen zu müssen, wenn es vielleicht schon zu spät ist", sagt Bernd Otte, Abteilungsleiter des Fachbereichs Jugend, Familie und Soziales.

Die meisten Schulschwänzer, mit denen die Stadt jedes Jahr konfrontiert wird, finden sich an den Haupt- und Realschulen, den Berufsbildenden Schulen und den Förderschulen. "Das Schuleverweigern fängt meist ab der siebten, achten Klasse an", sagt Kai Justin. Schulverweigerung bedeute nicht, dass die Jungen und Mädchen sofort dem Unterricht fernbleiben. "Es fängt zum Beispiel damit an, dass die Jugendlichen auf Fragen nicht antworten, dass Hausaufgaben regelmäßig nicht gemacht werden", so Justin.

Erst der nächste Schritt sei das bewusste Fernbleiben von einzelnen Unterrichtsstunden bis hin zu dauerhafter Lernverweigerung. Die Ursachen hierfür seien so unterschiedlich wie die Familien- oder Klassenverhältnisse der Schüler. "Gründe für die Blockadehaltung sind zum Beispiel Probleme im Elternhaus, mit Freunden, soziale Konflikte in der Klasse, Mobbing, Überforderung mit dem Lernstoff oder Schulangst", erklärt Justin. Diese Probleme will die Stadt nun präventiv angreifen.

Drei Seminare sollen noch in diesem Jahr die Zahl der Schulschwänzer reduzieren helfen. Ab August soll in einem Elternworkshop den Müttern und Vätern geholfen werden, eine Lösung für die Verweigerungshaltung ihrer Sprösslinge zu finden (Termine: 26. August, 23. September und 29. Oktober, jeweils 19.30 bis 21.30 Uhr). Dabei soll auch der Erfahrungsaustausch mit anderen Eltern helfen, die eigenen Kinder im Alltag besser zu verstehen. Am 11. November, von 10 bis 14 Uhr soll ein sogenanntes Eltern-Kind-Training der Familie helfen, die Probleme der Kinder und der Erwachsenen zu begreifen und somit die Motivation für das Fernbleiben der Schüler vom Unterricht zu ergründen.

Im September und November soll je ein Soziales Gruppentraining für Jungen und Mädchen ab 14 Jahre stattfinden (Termine: 26. September für Mädchen, 28. November für Jungen, jeweils 10 bis 16 Uhr). Hier will die Stadt Jugendlichen helfen, ihr beeinträchtiges Selbstwertgefühl zu stärken, Auswege aus Konfliktsituationen zu finden und schrittweise Ängste und Blockaden abzubauen. "Wir hoffen, dass wir im Sommer 2010 ein erstes, hoffentlich positives Fazit ziehen können", so Otte.

Aber nicht nur Schüler und Eltern will die Hansestadt mit der Aktion unterstützen. Auch Lehrer sollen eine bessere Beratung für den Umgang mit Schulschwänzern erhalten. Justin: "Viele Lehrer werden während ihrer Ausbildung leider nicht ausreichend hierauf vorbereitet und sollten deshalb auch ein Weiterbildungsangebot auf diesem Sektor wahrnehmen", meint Justin. Das käme letztlich allen zugute. Für zusätzliche Aufklärungsarbeit verteilt die Stadt jetzt Broschüren mit Angeboten für Beroffene.