Im Prozess um den gewaltsamen Tod der 75-jährigen Kaffee-Erbin Verena J. hat Katrin Bartels, Verteidigerin der Angeklagten Adelheid B., gestern eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren beantragt.

Stade. - Eine Woche zuvor hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von sieben Jahres wegen Totschlags gefordert.

Diesen Vorwurf hält Adelheid B.s Verteidigerin Katrin Bartels indes nicht für gerechtfertigt. B. habe die Blankeneserin am 28. Juli 2008 auf einem Maisfeld in der Nähe von Stade aus Mitleid und auf deren ausdrückliches Verlangen hin erwürgt.

Auch nach dem missglückten Suizid-Versuch mit einem tödlichen Medikamentencocktail sei Verena J. fest entschlossen gewesen zu sterben und habe Adelheid B. damit massiv unter Druck gesetzt. Zunächst habe sie durch ihren Wunsch, mit einem Stein erschlagen zu werden, gezielt einen hysterischen Anfall bei Adelheid B. ausgelöst. Daraufhin sei sie mit "entgegengestrecktem Hals" auf die Angeklagte zugegangen, die sie dann in einem "hochaffektiven Zustand" erdrosselt habe. Adelheid B. sei deshalb nur eingeschränkt schuldfähig. Überdies habe B. im vollen Einverständnis des bis zum Tod urteilsfähigen Opfers gehandelt. Dies belege auch die Aussage der Obduzenten, die keine Abwehrverletzungen an der Leiche gefunden hätten.

Vielmehr habe Verena J., eine hochintelligente Frau, die Manipulation ihrer Mitmenschen meisterlich beherrscht. Sie sei depressiv gewesen, verarmt, litt unter ihrer Inkontinenz. Ihren Wunsch zu sterben, habe sie nicht nur ihr, sondern auch anderen mehrfach und ernstlich mitgeteilt. Weil sie eine panische Angst vor Einweisung in eine psychiatrische Klinik hatte, habe sie B.s Rat, sich professionelle Hilfe zu suchen, ignoriert. Dass außer Adelheid B. niemand ihrem Wunsch folge leistete, sei der Eigenart ihrer Mandantin geschuldet, die unter einem Helfer-Syndrom und einer Persönlichkeitsstörung leide. Bartels: "Die Tragik liegt in der Geschlossenheit der Beziehung, das war wie ein Schlüssel der plötzlich ins Schloss passt."

Nach der Tat hatte Adelheid B. immer wieder Kontakt zur Polizei aufgenommen - allerdings erzählte sie den Beamten unwahre Geschichten, die sie im Prozess als "Lügenpaket" bezeichnete. Damit habe sich ihre Mandantin immer wieder ins Gespräch und die Polizei auf ihre Spur gebracht. Bartels: "Im tiefsten Innern wollte sie überführt werden." Das Urteil wird am 26. Juni verkündet.