Neu im Landkreis Stade: Mit der Brachy-therapie können Patienten schonend behandelt werden. Seit kurzem agieren Urologen und die Dr.-Hancken-Klinik gemeinsam.

Stade

Die mögliche Wunderwaffe gegen Prostatakrebs ist nicht größer als ein Reiskorn. Winzige, radioaktive Stäbchen sind es, die Tumore wirkungsvoll und zugleich schonend bekämpfen sollen. Kleine Brennstäbe im Körper. Die dazugehörige Methode nennt sich Brachytherapie, kommt aus den USA und ist im Grunde nicht neu, existiert sie doch seit gut 20 Jahren. Aber erst jetzt zeigen Langzeitstudien, dass sie mehrere Vorteile im Kampf gegen Krebs vereint. Nun wird die Therapie auch in Stade angeboten.

Ein Zusammenschluss von Medizinern macht es möglich. Seit Oktober kooperieren die Urologen Gerd Passgang, Yüksel Türk und Christian Nitz mit der Klinik Dr. Hancken, um betroffenen Krebspatienten weite Wege nach Bremen, Lübeck oder Hamburg zu ersparen. Nur dort wurde die schonende Therapie bislang angeboten. In Stade ist die Aufgabenverteilung klar: Die Urologen diagnostizieren und therapieren in Zusammenarbeit mit Strahlentherapeuten und Physikern der Dr.-Hancken-Klinik. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Und das funktioniert so: Statt althergebracht die Prostata, also die Vorsteherdrüse, in einer großen Operation komplett zu entfernen, werden 30 bis 120 radioaktive "Samen" direkt in das kastaniengroße Organ eingepflanzt. Von dort aus attackieren sie das betroffene Gewebe äußerst effektiv. Mitunter ist sogar eine Bestrahlung von außen nicht mehr vonnöten, um den Patienten genesen zu entlassen.

Insgesamt ergäben sich dadurch bessere Aussichten für Patienten jeden Alters. Insbesondere bei früher Erkennung und langsamem Krankheitsverlauf sei die neue Methode ideal, da sie Nebenwirkungen wie Impotenz und Inkontinenz verringert. "Die Lebensqualität des Patienten bleibt länger gewahrt", sagt Dr. Christian Nitz. Auch kreislaufschwache Menschen könnten mit dieser Methode leichter therapiert werden, da sie die Strapazen einer herkömmlichen OP nicht über sich ergehen lassen müssen. Dennoch sei die neue Therapieform nicht als Ersatz sondern als Ergänzung der herkömmlichen Behandlungsmethoden zu begreifen, sagt Dr. Gerd Passgang. Studien haben ergeben, dass die Heilungschancen jeweils bei 90 Prozent liegen.

Etwa 100 Menschen würden jährlich mit der Diagnose "Prostatakrebs" die Stader Gemeinschaftspraxis verlassen. In ganz Deutschland erkranken jährlich etwa 40 000 Männer. Damit ist der Vorsteherdrüsen-Tumor die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Nach der konservativen Behandlung klagten bis zu 40 Prozent der Patienten über Inkontinenz, 40 bis 100 Prozent leiden nach der radikalen Entfernung unter Impotenz. Auch bei der Brachytherapie bestehen diese Gefahren. Allerdings treten sie nach dem 90-minütigen, minimalinvasiven Eingriff verringert beziehungsweise verzögert auf, wie Charlotte Thiel, federführende Ärztin der Dr.-Hancken-Klinik, sagt. Zudem könnten Patienten schon nach zwei bis drei Tagen die Klinik wieder verlassen - früher als bei einem radikalen Eingriff.

Das radioaktive Material sei laut Dr. Christoph Hancken übrigens unbedenklich. "Wir verwenden Jod 125, die Halbwertszeit beträgt etwa sechs bis acht Monate." Da jeder Samen nur einen geringen Strahlungsradius aufweise, bräuchten Freunde oder Bekannte des Patienten nichts befürchten. Im Gegenteil: Die kleinen Brennstäbe im Körper brächten bei einem Therapieerfolg nur die Gesundheit zum Strahlen.