Der 48 Jahre alte Mann soll sich bei einer Dienstreise nach Paris mit dem Virus infiziert haben. Die Familie des Patienten ist außer Gefahr.

Stade. Bis vor wenigen Tage schien das Problem weit weg zu sein, doch nun hat die Mexiko-Grippe wahrscheinlich auch den Landkreis Stade erreicht. Ein 48-jähriger Mitarbeiter von Airbus soll sich an dem Virus A/H1N1 infiziert haben. Das gab das Gesundheitsamt des Landkreises Stade gestern bekannt.

"Es besteht ein Verdachtsfall. Das Robert-Koch-Institut untersucht den Fall. Wenn das Testergebnis vorliegt, wird es Gewissheit geben", sagt Amtsleiter Gerhard Pallasch. Erst vor wenigen Tagen hatte er gegenüber dem Abendblatt die Befürchtung geäußert, dass im Landkreis Stade vor allem Mitarbeiter von transnational agierenden Unternehmen wie der Dow und Airbus gefährdet seien.

Das wurde nun zur Realität. Seit Montagabend liegt der 48-Jährige auf der Quarantänestation des Elbeklinikums Stade. In Niedersachsen ist es der erste Fall, seit sich die Mexiko-Grippe von Mittelamerika aus weltweit ausbreitet. In Deutschland sind derzeit neun Menschen an dem Virus erkrankt. Sechs weitere Patienten sind in Quarantäne. Außerhalb Mexikos ist bisher nur ein Patient in den USA an den Folgen der Krankheit gestorben.

Der Ingenieur aus dem Landkreis Stade hatte nach einer Dienstreise nach Paris selbst den Verdacht geschöpft, an der Mexiko-Grippe infiziert zu sein und kam Montagabend in die Notfallambulanz des Elbeklinikums. Er klagte über die typischen Symptome wie etwa Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen. Seine Vorgeschichte passte ebenfalls zur möglichen Ansteckung. Der Familienvater habe in Paris Kontakt zu Kollegen aus Mexiko gehabt.

Ein Schnelltest ergab nach 20 Minuten die erschreckende Diagnose: Der Patient ist wahrscheinlich infiziert. "Durch einen Rachenabstrich wurde auf Influenza A positiv getestet", sagt Professor Benno Stinner, Leiter des Stader Elbeklinikums. Das sei ein weiteres Anzeichen für die Mexiko-Grippe und erhärte den Verdachtsfall

Der 48-Jährige Patient wird voraussichtlich noch fünf bis sechs Tage in einem isolierten Zimmer mit dem Medikament Tamiflu behandelt. Ihm gehe es aber gut. Gefahr für andere Patienten der Klinik bestehe nicht, versichert Stinner. Sein Krankenhaus könne auf der Isolierstation bis zu zehn Patienten aufnehmen und bei Bedarf weitere Stationen als Quarantänebereiche umfunktionieren.

Für die Familie des 48-Jährigen bestehe ebenfalls keine Gefahr. Seine Ehefrau und beiden Söhne wurden auf das Virus A/H1N1 negativ getestet. "Trotzdem meidet die Familie öffentliche Situationen. Die Kinder gehen derzeit nicht zur Schule", sagt Gesundheitsamtsleiter Pallasch.

Dennoch warnen er und Stinner vor Panik. Die Krankheitsverläufe seien bisher "bundesweit milde". Außerdem funktioniere die Kommunikation zwischen den lokalen Behörden, Ärzten und Krankenhäusern sehr gut. "Wir sind in Habachtstellung und haben einen Notfallplan", sagt Stinner. Zudem stocke die Niedersächsische Landesregierung die Medikamentenvorräte für elf Millionen Euro auf, damit 20 Prozent der Bevölkerung bei einer Pandemie mit Grippemittelversorgt werden könnten.

Hans Joachim Raydt, Stader Allgemeinmediziner und Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung, betont, dass die Grippemedikamente Tamiflu oder Relenza keinesfalls prophylaktisch eingenommen werden sollten: "Das bringt nichts und macht bei einer tatsächlichen Erkrankung nur immun gegen die Wirkstoffe." Zudem warnt er vor zu großer Angst und vor überfüllten Wartezimmern: "Nur wenn alle Symptome und die Ansteckungsgefahr gegeben sind, könnte es sich um den Virus handeln." Trotzdem werde kein Arzt einen Patienten unbehandelt wieder nach Hause schicken.