Großeinsatz für die Brandschutztruppe und die Freiwillige Feuerwehr: 87 Männer und Frauen proben für den Ernstfall.

Stade

"Soll ich wirklich?", fragt Renate Schreiber, Empfangsdame im Elbe-Klinikum. Dann drückt sie zögerlich den Alarmknopf.

Es ist 20 Uhr. "Die Feuerwehr sollte in 10 Minuten hier sein", sagt Martin Krüger von der Brandschutztruppe des Klinikums. Sieben Minuten später rücken 87 Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehr mit sieben großen Wagen über zwei Zufahrten an. Gruppe eins soll zwei Dummys aus einem Zubehörlager der Ärzte befreien. Gruppe zwei muss fünf Schwesternschülerinnen und zwei Dummys im Kesselraum finden. Doch damit nicht genug: Für die zweite Gruppe hat sich die Brandschutztruppe eine weitere Herausforderung ausgedacht. "Wir haben mit zwei Autos die Einfahrt zugeparkt", sagt Kai Holm, Brandschützer im Elbe-Klinikum.

Die knifflige Situation bringt den Rettungstrupp ins Schwitzen: Ein Rolluntersatz für den vierten Reifen ist kaputt. Feuerwehrmann Stefan Müller greift zur Schaufel, wuchtet sie mit einem gewaltigen Schwung unter den Pneu. Der Wagen kann weggerollt werden. Mittlerweile ist es 20.28 Uhr. Schnell eilen die Kollegen los, um Ersatz zu besorgen. Ein zweiter Wagen, ein weißer Kombi, versperrt den Zugang zum Einsatzort, dem Kesselraum. Diesmal geht es schneller.

Punkt 20.35 Uhr sprinten die Feuerwehrmänner über eine Treppe in den Kesselraum hinab. Aus allen Ecken des abgedunkelten Raumes hallen Hilferufe der jungen Frauen. Die Hitze der Heizkessel, die dicke Feuerschutzkleidung und die schweren Atemmasken machen den Helfern zu schaffen.

20.39 Uhr: Das erste Opfer, Jenny Endruhn, wird von zwei Feuerwehrmännern an die frische Luft gebracht. "Da hinten jault Eine schon die ganze Zeit, die haben die Feuerwehrleute noch immer nicht entdeckt", sagt Kai Holm. Indes schleppen zwei Männer aus der ersten Gruppe bereits den letzten Dummy über die steile Treppe in die Freiheit. Jetzt wird endlich auch die jaulende Jessika Faust gerettet. Über eine Versorgungsluke lässt Rettungskranführer Jens Jantke die Bare in den Kesselraum sinken. "Ist das wirklich eine gute Idee?", fragt ein Feuerwehrmann beim Vergurten von Jessika seinen Kollegen.

Um 20.59 Uhr wird Jessika trotz Bedenken sicher durch die enge Luke gehoben. Rettungssanitäter und vermeintliches Opfer geben sich ihrem Rollenspiel hin. "Können Sie gut atmen, ist Ihnen kalt?", fragt der Rettungsassistent Nicole Maaß.

21.04 Uhr: Nun haben auch die Feuerwehrleute von Gruppe zwei ihren Einsatz beendet und beginnen aufzuräumen - lange Löschschläuche werden aufgerollt, Baren verstaut, Gasmasken und Äxte verpackt. Die Rettungsleitung zieht sich zur Einsatzbesprechung zurück.

"Das war eine wertvolle Erfahrung", sagt Kai Holm. Es seien einige Probleme aufgetreten, die künftig behoben werden müssten. So habe sich der Löschschlauch an zwei Treppen verhakt, der defekte Rolluntersatz habe wertvolle Zeit gekostet und die Funkgeräte hätten im Kesselraum nicht funktioniert. Dabei erinnert sich Kai Holm an eine lehrreiche Situation zu Silvester. "Das war in den 80er-Jahren. Die Schwestern wollten den Patienten eine Freude machen und haben Wunderkerzen angezündet", sagt er, "der Qualm hat den Feuermelder ausgelöst." Die anrückenden Feuerwehrwagen seien damals nicht unter der Häuserüberführung zwischen dem Hautgebäude und dem Nebengebäude durchgekommen. "Daraufhin haben wir die Überführung um einen Meter höher gesetzt", sagt er.

Es ist 21.21 Uhr. Während Feuerwehrleute und Schwesternschülerinnen von Kantinenchef Harald Toepfer mit Suppe versorgt werden, kehrt die Einsatzleitung von der Manöverkritik zurück. Einsatzleiter Hans-Dieter Holst ist zufrieden. Nur habe die Rettung zu lange gedauert, sagt er. Immerhin eine Stunde und vier Minuten, ergänzt Oberbrandschutzmeister Klaus-Dieter Ney.

Gebrannt habe es im Elbe Klinikum noch nie, sagt Kai Holm. "Trotzdem haben wir die Brandschutztruppe gegründet." 15 Männer und Frauen, alle Klinik-Angestellte, haben sich 2003 zusammengesetzt, um im Ernstfall schnell zu handeln. "Wir können innerhalb von drei Minuten reagieren, immerhin sieben Minuten bevor die Feuerwehr da ist", sagt er. Dazu gehöre erste Hilfe und anschließend die Einweisung der Feuerwehr. In den Katakomben des Krankenhauses würden die sich sonst verlaufen.

Ohne die Feuerwehrmänner ginge es aber nicht. "Unser Gründungsmotto war damals, dass wir der Feuerwehr nicht das Feuer klauen wollen." Deswegen sei die Übung auch die dritte gewesen, die das Klinikum in Kooperation mit der Freiwilligen Feuerwehr Stade organisiert habe. Und, so Kai Holm: "Es war sicher nicht die letzte."