CDU-Mann kandidiert nach seiner Affäre mit einer Minderjährigen nicht mehr für Kieler Landtag. Politiker vor Wechsel in die Wirtschaft.

Kiel/Pinneberg. Der frühere Hoffnungsträger der Nord-CDU, Christian von Boetticher, kehrt der Landespolitik den Rücken. Der Anwalt aus Pinneberg, der vor einem Monat wegen der Affäre mit einer Minderjährigen als Partei- und Fraktionschef zurückgetreten war, bestätigte dem Abendblatt am Freitag, dass er bei der Landtagswahl 2012 nicht wieder für den Landtag kandidieren wird. Von Boetticher gab zugleich bekannt, dass er sich auf dem Kreisparteitag der Pinneberger CDU am Sonnabend in Rellingen erneut um den Vizevorsitz bewerben wird.

"Die Gründe für meine Entscheidung werde ich auf dem morgigen Parteitag erläutern", sagte der 40 Jahre alte Jurist. In den vergangenen Tagen hatte der Berufspolitiker mehrfach deutlich gemacht, dass er sich auch einen Wechsel in die Wirtschaft vorstellen kann. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen kommentierte den Ausstieg seines früheren Kronprinzen vergleichsweise kühl. "Das ist seine persönliche Entscheidung." Von Boetticher habe in den vergangenen Wochen viel durchgemacht. Wirtschaftsminister Jost de Jager, der als künftiger Parteichef und Spitzenkandidat nominiert ist, äußerte ebenso Respekt für den Schritt wie der neue Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Johannes Callsen.

Andere CDU-Spitzenpolitiker äußerten sich ähnlich unverbindlich, räumten hinter vorgehaltener Hand aber erleichtert ein, dass die Partei ohne den Politiker unbeschwerter in den Wahlkampf ziehen kann. In der Union war befürchtet worden, dass von Boetticher bei einer erneuten Bewerbung im Wahlkreis 25 (Pinneberg, Halstenbek, Schenefeld) weiter Schlagzeilen macht und auch auf dem Landesparteitag im November viele Kameras auf sich zieht. Auf dem Parteitag will die CDU ihren Neuanfang zelebrieren, de Jager feierlich zum Spitzenkandidaten küren.

Carstensen: Boetticher hat viel durchgemacht

Mitleid mit von Boetticher gibt es außerhalb des CDU-Verbands in Pinneberg kaum. Grund ist weniger seine Liebesbeziehung mit einer 16 Jahre alten Schülerin als vielmehr der Umgang mit der Affäre. Der Politiker hatte die Liaison ("Es war schlichtweg Liebe") 2010 nach wenigen Monaten beendet, als klar wurde, dass es in Schleswig-Holstein zu vorgezogenen Neuwahlen kommen könnte. Auf Unverständnis stieß in der CDU zudem, dass von Boetticher im Herbst 2010 angeblich eine langjährige Lebensgefährtin heiratete, sich dazu aber bis heute öffentlich nicht äußert.

Selbst in seinem Heimatverband Pinneberg wuchsen die Zweifel an von Boetticher, der nach seinem Rücktritt öffentlich abtauchte, mit seinem Vater in den Alpen wandern ging und erst in dieser Woche in den Kieler Landtag zurückkehrte, um mit seinem Mandat (7000 Euro im Monat) die schwarz-gelbe Ein-Stimmen-Mehrheit zu sichern.

Die Nachricht, dass von Boetticher nicht mehr als Kandidat für Pinneberg antritt, traf die Christdemokraten im Kreis Pinneberg am Freitag völlig überraschend. Bis zum Schluss hatten sie zu ihrem stellvertretenden Vorsitzenden gehalten und damit gerechnet, dass er am 4. Oktober zur Mitgliederkonferenz des Wahlkreises als Landtagskandidat antreten werde.

Natalina Boenigk, Chefin der Pinneberger Stadt-CDU und neben Boetticher Vizechefin der Kreis-CDU, erfuhr zeitgleich mit den Medien vom Rückzug. "Ich bedaure, dass er nicht wieder antritt. Christian von Boetticher ist unser bester Kandidat gewesen." Auch die Kreistagsabgeordnete Kerstin Seyfert bedauert von Boettichers Schritt. "Er hat eine sehr gute Arbeit für den Wahlkreis gemacht", sagt die Politikerin. "Die Verbindung nach Kiel war perfekt." Überrumpelt gab sich am Freitag Michael Lorenz, Fraktionschef der Christdemokraten in der Pinneberger Ratsversammlung. "Ich bin überrascht. Er war doch in den vergangenen Tagen bei uns überall herzlich begrüßt worden."

Derweil dreht sich im Kreis Pinneberg bereits hinter den Kulissen das Kandidatenkarussell. Auf dem Kreisparteitag in Rellingen "wird es sicherlich erste Gespräche geben", sagt Natalina Boenigk. "Ich denke über eine Kandidatur nach."

Als Kandidaten für Wahlkreis 25 gehandelt werden parteiintern Kerstin Seyfert und der Kreisvorsitzende der Jungen Union, Nicolas Sölter. Anfang kommender Woche wollen die Ortsverbandsvorsitzenden zusammenkommen, um über mögliche Kandidaturen zu beraten.

Komplett von der politischen Bildfläche will Christan von Boetticher übrigens nicht verschwinden: Er wird an diesem Sonnabend auf dem Parteitag wieder zur Wahl für das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden antreten. "Politik als Standbein neben meinem Beruf kann ich mir weiterhin vorstellen", sagte er dem Abendblatt.

"Es freut mich, dass sich Christian von Boetticher auch künftig für die Kreis-CDU engagieren wird", sagte am Freitag Bundestagsabgeordneter und CDU-Kreischef Ole Schröder auf Anfrage des Abendblatts. Zum Rückzug von Boettichers aus der Landespolitik wollte sich Schröder nicht äußern. "Dass er nicht wieder als Landtagsabgeordneter kandidieren will, ist seine persönliche Entscheidung und entspricht seiner persönlichen Lebensplanung."