Jost de Jager soll neuer Spitzenkandidat der Nord-CDU werden und im Wahlkampf gegen Torsten Albig (SPD) antreten. Ein Vergleich.

Kiel. Im Duell um den Posten des Ministerpräsidenten in Schleswig-Holstein werden die Karten neu gemischt. Die CDU wird nach dem Rücktritt Christian von Boettichers absehbar Wirtschaftsminister Jost de Jager zum Spitzenkandidaten küren und ihn gegen Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) ins Rennen schicken. Die Wahl haben die Schleswig-Holsteiner am 6. Mai - zwischen zwei Spitzenpolitikern, deren Lebenswege sich sehr stark unterscheiden.

De Jager, 46, ist ein echter Schleswig-Holsteiner. In Rendsburg geboren, volontierte der studierte Historiker beim Evangelischen Pressedienst und machte dann Karriere in der Politik - erst bei der Jungen Union, später als Vize-Vorsitzender der Landtagsfraktion, ab 2005 als Staatssekretär und seit Herbst 2009 als Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr. De Jager lebt mit Ehefrau Britta und Tochter Matilda in Eckernförde.

Albig, 48, wurde in Bremen geboren, wuchs in Ostholstein und Ostwestfalen auf, trat früh in die SPD ein. Vor 13 Jahren erlebte der Jurist als Pressesprecher von Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine dessen Abschied mit, wird später Konzernsprecher der Dresdner Bank, Stadtkämmerer in Kiel, 2006 Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Seit zwei Jahren ist Albig Oberbürgermeister von Kiel, wo er mit Frau Gabriele und den Kindern Jan-Henrik und Hanna lebt.

Beide Spitzenpolitiker spielen die Karte der Glaubwürdigkeit, sind bisher eher Leisetreter als Lautsprecher. Doch bei aller Gemeinsamkeit unterscheiden sich ihre Ziele und ihr Stil.

Ziele

De Jager: Einen Masterplan für Schleswig-Holstein hat der Minister zwar noch nicht. Sein Ziel ist aber klar: Er will die Wirtschaft auch in Zusammenarbeit mit Hamburg weiter ankurbeln und so das überschuldete Land bis zum Jahr 2020 stabilisieren. Beim Sparkurs gibt es allerdings Tabus. Der Wissenschaftsminister lehnt die Abgabe teurer Studienplätze nach Niedersachsen ab und setzte das gegen die Finanzpolitiker auch durch. Sparen wollte er an der Uni Lübeck und holte sich dort eine blutige Nase. De Jager gehört zum konservativ-liberalen CDU-Flügel, der einen Nordstaat mit Hamburg skeptisch sieht. Er steht der Wirtschaft nahe, hat aber als engagierter Christ auch ein Herz für Sozialpolitik.

Albig: Der Oberbürgermeister blickt gern über den Tellerrand. Er kann sich einen Nordstaat mit Hamburg oder auch weiteren Küstenländern vorstellen, möchte die Behörden von Land, Kreisen und Städten radikal eindampfen. Wie er die großen Ziele erreichen will, ließ er bisher allerdings offen. Albig will in den Schulen weniger kürzen als de Jager, sagt bisher aber nicht, wie er das bezahlen will. Der OB gehört eigentlich zum Wirtschaftsflügel der SPD, kann die reine Lehre aber nicht vertreten, weil die Nord-SPD mit Parteichef Ralf Stegner links tickt.

Stil

De Jager: Der frühere Bildungspolitiker, der im Landtag schon mal einen roten Kopf bekam, hat mit seinem Aufstieg zum Staatssekretär und später Minister deutlich an Format gewonnen. Sein Stil hat sich dabei kaum verändert. Der Brillenträger studiert die Akten, lässt sich beraten, bildet sich eine Meinung und vertritt sie ruhig und oft überzeugend. Schwächen hat der Intellektuelle im direkten Umgang mit dem Bürger. De Jager ist kein Volkstribun, gehört nicht zu denjenigen, die im Getümmel an der Imbissbude eine Bratwurst essen.

Albig: Der Kahlkopf ist wie de Jager keine "politische Kampfsau", meist ein angenehmer Gesprächspartner. Er ist selbstsicher, lässt manchmal durchblicken, dass er in der Bundespolitik in Berlin ganz andere Probleme lösen musste als in der schleswig-holsteinischen Provinz. Albig kann aber auch zuhören, setzt auf Argumente und kann Menschen mitreißen. Defizite hat der OB in der Landespolitik. Er kennt die Kerndaten, aber nicht alle Details in Haushalts- und Stellenplänen.

Größter Erfolg

De Jager: Er setzte eine Länderklausel im Berliner CCS-Gesetz durch. Mit ihr kann Schleswig-Holstein die unterirdische Einlagerung von Kohlendioxid an Land verhindern.

Albig: Er trat bei der Kieler Wahl zum Oberbürgermeister 2009 als Außenseiter an und besiegte überraschend die Amtsinhaberin Angelika Volquartz von der CDU.