Dänen-Ampel, Große Koalition, rot-grün-gelbes Bündnis - die Landtagswahl in Schleswig-Holstein lässt viele Optionen offen. CDU mit Spitzenkandidat de Jager (30,8 Prozent) hauchdünn vor Albigs SPD (30,2).

Kiel. Schleswig-Holstein steht vor einer politischen Zitterpartie. Die Landtagswahl am Sonntag hat im nördlichsten Bundesland unklare Mehrheitsverhältnisse und viele offene Fragen hinterlassen. Zwar hat sich die CDU nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit einem hauchdünnen Vorsprung als stärkste Kraft behauptet, ungewiss blieb aber, ob Spitzenkandidat Jost de Jager eine Koalition bilden kann.

Die CDU erhielt 30,8 Prozent der Stimmen (Letzte Wahl: 31,5 Prozent), die SPD 30,4 Prozent. Auf die Grünen entfielen 13,2 Prozent der Stimmen (12,4), gefolgt von der FDP mit 8,2 Prozent (14,9). Die Piraten wählten 8,2 Prozent (1,8), den Südschleswigschen Wählerverband (SSW) 4,6 Prozent (4,3). Abgeschlagen ist die Linke mit 2,2 Prozent (6,0).

Die beste Option für de Jager wäre eine Große Koalition. SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig sprach sich allerdings deutlich für ein Zusammengehen mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) aus - eine solche Dänen-Ampel hätte im neuen Kieler Landtag eine knappe Mehrheit von einer Stimme. Eine Große Koalition wollte Albig nicht völlig ausschließen.

Ein Überraschungserfolg gelang der FDP unter ihrem Spitzenkandidaten Wolfgang Kubicki. Eine Woche vor der bundespolitisch noch wichtigeren Wahl in Nordrhein-Westfalen stoppten die Liberalen ihre Niederlagenserie. Zwar musste die Partei gegenüber 2009 deutliche Verluste hinnehmen, zog aber mit 8,2 Prozent der Stimmen wieder in das Landesparlament an der Förde ein.

+++ Der Kubicki-Effekt sichert die acht Prozent +++

"Das ist das zweitbeste Ergebnis der FDP seit Bestehen des Landes Schleswig-Holstein und war so nicht zu erwarten", sagte Kubicki. Bundestags-Fraktionschef Rainer Brüderle sprach von einer Trendwende. "Das ist ein hervorragendes Ergebnis in einer schwierigen Situation", sagte er in der ARD.

Ähnlich viele Stimmen wie die Liberalen gewann die Piratenpartei, die erstmals den Sprung in das Landesparlament schaffte. Drittstärkste Kraft wurden die Grünen, die Linkspartei verpasste den Wiedereinzug in den Landtag. SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig nannte das Ergebnis seiner Partei enttäuschend. "Lasst uns gemeinsam ans Arbeiten gehen. Das war nicht das, was ich euch versprochen habe", rief er seinen Wahlkämpfern zu. Ein Politikwechsel sei aber doch noch zu erreichen. Auch die Grünen warben für eine Koalition mit SPD und SSW, für den die Fünf-Prozent-Klausel nicht gilt. Spitzenkandidat Robert Habeck sagte in der ARD, wenn es dafür reichen sollte, dann wären die Grünen an Bord.

+++ Grüne hoffen jetzt auf die Dänen-Ampel +++

Einer Zusammenarbeit mit CDU und FDP in einer Jamaika-Koalition erteilte Habeck eine Absage. Zumindest rechnerisch möglich wäre zudem eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP.

CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager hielt dagegen: "Es ist klar erkennbar, dass die stärkste Kraft auch diejenige sein sollte, die die Regierung anführt." Er wolle auf SPD, Grüne und FDP zugehen und sehen, ob sie zu Gesprächen bereit seien, sagte de Jager, der mit seiner CDU das schlechteste Ergebnis seit 1950 einfuhr. Aus seiner Sicht wäre auch ein Jamaika-Bündnis mit FDP und Grünen möglich.

+++ Leitartikel: Unklare Verhältnisse +++

Der Spitzenkandidat der Piraten, Torge Schmidt, sagte im ZDF, das Ergebnis sei mehr, als die Partei erhofft habe. "Mehr als acht Prozent ist total genial." Eine Regierungsbeteiligung anzustreben wäre jedoch "zu früh und zu unehrlich". Die Partei müsse jetzt erst einmal Strukturen aufbauen.

+++ Piraten entern den dritten Landtag in Folge +++

Die Wahlbeteiligung war so niedrig wie nie. Nur rund 60 Prozent der 2,2 Millionen Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab, teilte der Landeswahlleiter kurz nach Mitternacht in Kiel mit. Die bisher geringste Beteiligung (66,5 Prozent) hatte es bei der Landtagswahl 2005 gegeben.