Den Zweitliga-Basketballern des SC Rist fehlen nur noch zwei Siege über Oldenburg zum möglichen Aufstieg. Höherklassige ProA ist eine Option

Wedel. An Tagen wie diesen dürfen Basketball-Fans in Wedel und der gesamten Metropolregion, abhängig vom Lebensalter, vor Vorfreude bersten oder in Nostalgie schwelgen. Womöglich nur noch zwei Siege trennen das Herrenteam ihres Clubs vom Erreichen der Playoff-Endspielserie in der 2. Bundesliga ProB, das beiden Finalisten das Aufstiegsrecht in die höherklassige eingleisige Pro-A-Liga mit 16 Mannschaften garantiert. Das erste Halbfinale der Wedeler gegen die Baskets-Akademie Weser-Ems/Oldenburger TB steigt am Sonnabend, 12.April, um 19Uhr in der Steinberghalle.

Siege gegen den Halbfinalgegner gelangen bisher nur auswärts

Zumindest die sportlichen Voraussetzungen für die seit der Saison 2007/08 zweithöchste deutsche Spielklasse im Herrenbereich können die Wedeler, die auf ihrem Weg in die Runde der letzten vier die Licher Basket Bären (Achtelfinale) und die Uni-Riesen Leipzig (Viertelfinale) ausschalteten, gegen die jungen Oldenburger mit einem Durchschnittsalter von knapp über 21 Jahren schaffen. Doch Rist-Headcoach Sebastian Gleim weiß um die Schwere der Aufgabe. In den bisherigen vier Pro-B-Duellen der Teams gab es ausschließlich Auswärtssiege, ihre Heimspiele gegen die Niedersachsen verloren die Wedeler, jeweils vor großer Kulisse des alljährlichen Familientages 60:76 (Saison 2012/13) und 75:76 (2013/14).

„Seitdem haben die Oldenburger an Spielstärke noch gewonnen, sind taktisch weiter als wir, und einige Akteure wie Kevin Smit haben sogar den Sprung in den Bundesliga-Kader der EWE Baskets geschafft“, sagt der Rist-Coach, der am Saisonende als Jugendkoordinator zu Bundesligist Frankfurt Skyliners wechselt. Gegen Oldenburg erwartet der 29 Jahre alte Hesse ein grundsätzlich anderes Spiel als gegen die Uni-Riesen aus Leipzig, denen die Wedeler beim 94:75 im entscheidenden dritten Viertelfinale am Steinberg keine Chance ließen. „Das erste Spiel einer Serie ist immer eng, hart und leidenschaftlich“, sagt Sebastian Gleim, der zwar trotz großer Beanspruchung aller Spieler wohl seinen kompletten Kader aufbieten kann, sein Team aber trotzdem nicht als Favorit sieht. „Oldenburg war von Anfang an mein Geheimtipp.“

Unabhängig vom sportlichen Abschneiden des Teams hat sich die Vereinsführung des Wedeler Clubs bereits mit der Option ProA auseinandergesetzt. „Der Aufstieg in die 2. Bundesliga ProA ist nicht komplett unrealistisch, aber sehr schwierig für den SC Rist“, sagt Gernot Guzielski, 57, seit gut eineinhalb Jahren Vereinsvorsitzender. Der Architekt, in den 1970-er und 1980-er Jahren selbst für den heute von ihm geführten Club höherklassig am Ball, sieht vor allem im Wegfall des Budget-Kriteriums (Minimum: 350.000 Euro) für den Pro-A-Start gute Chancen. „Dennoch sind die Rahmenbedingungen für die Teilnahme am Spielbetrieb der zweithöchsten Klasse immer noch sehr ambitioniert“, so Gernot Guzielski.

Mit Bedacht hatte die Junge Liga, Dachverband von ProA und ProB, die Messlatte für Pro-A-Spiellizenzen bei deren Einführung hoch gelegt. Die Regularien sehen eine Spielhalle mit einem Fassungsvermögen für 1500 Zuschauer und einem Holzparkettboden, einen V.I.P.-Raum, der sich an den Maßstäben der Basketball-Bundesliga orientiert, und einen separaten Medienraum für eine verpflichtende Pressekonferenz nach dem Spiel vor.

Mit dieser so genannten Wirtschaftsqualifikation, von den Clubs auch als K.o.-Kriterien bezeichnet, will die Ligaleitung bewirken, dass sich die Lücke zwischen der Basketball-Bundesliga und den zweiten Ligen verringert und die Vereine professionalisiert werden, um im Falle eines möglichen Aufstieg für die Herausforderungen in der höheren Klasse gerüstet zu sein.

Auch unter gelockerten Rahmenbedingungen müsste sich der SC Rist – den sportlichen Erfolg vorausgesetzt – aber in wirtschaftlich Hinsicht nach der Decke strecken. Die größten Sorgen bereitet die Steinberghalle. 1980 fertiggestellt und seitdem von den Basketball-Fans in Wedel und Umgebung ebenso geliebt wie von den Gegnern gefürchtet, entspricht in ihrem derzeitigen Zustand nicht den Anforderungen der 2. Bundesliga Pro A.

„Wir benötigen vor allem einen neuen Parkettboden, dessen Verlegung allein 70.000 Euro verschlingen dürfte“, sagt Thorsten Fechner, Marketing-Manager des SC Rist. Weitere Kosten würden dem Club zudem infrastrukturelle Maßnahmen und das Eventmanagement verursachen.

Maximal 1000 Fans hätten in der Halle mit Auflagen der Stadt Platz

Auch die Zuschauerkapazität des „Stonedomes“, wie die Spielstätte von den Rist-Fans genannt wird, muss laut Fechner ausgebaut werden, um die von der Ligaleitung geforderte Mindestkapazität zu erreichen. „Maximal 1000 könnten wir unterbringen, aber nur mit Auflagen und Sondergenehmigungen der Stadt.“ Zu denen gehörten neben einem Sicherheitsdienst in und vor der Halle die Ausweisung weiterer Stellflächen für Pkw und die Einhaltung von Lärmschutzbestimmungen.

Trotz dieser Einschränkungen und der Tatsache, dass aufgrund der höheren sportlichen Anforderungen bei einem möglichen Pro-A-Aufstieg Neuverpflichtungen unabdingbar sind, glauben Thorsten Fechner und Gernot Guzielski an die sportliche wie wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit eines Wedeler Teams in der höheren Klasse. „Wir haben in den Jahren zwischen dem Pro-B-Aufstieg 2009 und heute die Anzahl der größeren Sponsoren von drei auf neun ebenso verdreifacht wie die finanziellen Mittel“, sagt Fechner. Gleichwohl sei der Etat des SC Rist mit 150.000 Euro einer der kleinsten in der ProB. „Wir haben die sportlichen Voraussetzungen für einen möglichen Aufstieg über Jahre hinweg geschaffen, aber die letzte Hürde zur ProA ist extrem hoch“, sagt Fechner. Übers Knie brechen wolle der Club indes nichts. „Mit dem Thema Aufstieg werden wir uns erst nach dem Playoff-Halbfinale intensiver befassen“, sagt Guzielski.

Der Entscheidung fiebern unterdessen auch die Wedeler Spieler entgegen. „Für einige erfahrene Akteure ist die Halbfinalserie keine neue Erfahrung, für andere das größte Spiel ihres Lebens“, sagt Coach Gleim. Letzteres gelte etwa für Paul Owusu, stets einer der größten Kämpfer im grün-gelben Trikot, der erst spät über Handball zum Basketball fand. Um in Spiel eins vorlegen zu können, benötige das Heimteam aber einmal mehr Unterstützung von den Rängen. „Wir brauchen dieselbe Atmosphäre wie im entscheidenden dritten Spiel gegen Leipzig“, sagt Gleim.