“Elf Freunde müsst ihr sein“, dieses Erfolgsrezept, dass der unvergessene Bundestrainer Sepp Herberger predigte, das war gestern. Oder besser gesagt “Vorgestern!“ Elf Legionäre könnt ihr sein. Das klingt viel moderner - und wirklichkeitsnäher.

Wedel. Dass auch Amateurfußballer längst nicht nur hinter dem Ball, sondern auch hinter dem Geld her rennen, damit haben sich ja auch alle bereits seit Jahren abgefunden. Aber worüber zur Zeit hier im Norden am meisten geredet und gemunkelt wird, das ist doch eine ganz verschärfte Variante.

Der Fußball-Club Sylt, mit seiner Ligamannschaft in der schleswig-holsteinischen Verbandsliga Nord-West vertreten (der Landesliga in Hamburg vergleichbar), hat gleich sieben Spieler aus Hamburg verpflichtet. Das alleine ist zwar ungewöhnlich, aber viel spektakulärer ist, dass diese Fußball-Legion nur zu den Spielen angereist kommt und danach im Bus wieder Richtung Hamburg Gas gibt.

Einer dieser 90-Minuten-Vereinsarbeiter ist Ugur Alavanda, lange auch beim VfL Pinneberg aktiv, aber eigentlich seit seiner Kindheit mit dem TSV Wedel verbunden. Dort hatte es bereits zum Ausklang der letzten und auch noch zu Beginn der neuen Saison Gerüchte um den Stürmer gegeben. Als nach dem Aufstieg der Kader bekannt wurde, wurde der Name Ugur Alavanda auch in der Stadion-Zeitung noch mitgedruckt. Nur gesehen hatte den 27-Jährigen lange Zeit keiner mehr. Und auch, dass er inzwischen für den FC Sylt auf Torjagd sei, mochte keiner der Offiziellen bestätigen. "Zu meinem Abgang in Wedel werde ich kein Wort sagen", hakt Ugur Alavanda dieses Kapitel ab. "Mit Herrn Koppelt, dem Macher und Trainer des FC Sylt, habe ich einmal gesprochen, dann waren wir uns einig".

Er ist ja nicht der einzige, der den außergewöhnlichen Verlockungen von der Insel der Reichen und Schönen erlegen ist. Sein einstiger Wedeler Mannschaftskollege Dennis Weber gehört dazu, Helge Mau, auch noch Co-Trainer in Meiendorf, Andreas Krohn und, und, und.

"Insgesamt sind wir sieben Spieler, die morgens vor den Spielen des FC Sylt in Bahrenfeld und Stellingen zusammenkommen und mit dem Bus, den uns der Verein zur Verfügung gestellt hat, Richtung Norden fahren", erläutert Ugur Alavanda, wie der Einsatz der Fußball-Söldner aus Hamburg funktioniert.

"Wenn die dann ankommen", ergänzt Volker Koppelt, Sylter von Geburt und in Wenningstedt seit über 30 Jahren im Gemeinderat, "halten wir eine kurze Teambesprechung ab und ich sage jedem, ob er spielt und auf welcher Position. Das reicht."

Sicher nicht ganz. Muss nicht auch die Kasse stimmen, damit die Jungs aus Hamburg die Fahrten auf sich nehmen? "Nein, das Geld spielt keine Rolle", so Volker Koppelt, der Fußballverrückte von der Insel. Es gelingt ihm sogar, bei der Antwort Entrüstung mitklingen zu lassen. "Denen reicht es, wenn sie immer mal ein paar Tage auf unsere schöne Insel eingeladen werden." Übrigens nicht, um Fußball zu spielen. Der Antrag von Trainer und Förderer Koppelt, wenigstens sieben Punktspiele im neuen Sylter Stadion austragen zu dürfen, ist abgelehnt. Wie alle Heimspiele wird auch die Partie Sonnabend gegen Sörup-Sterup in Fahrendorf bei Schleswig angepfiffen.

Die Entlohnung mit Urlaubstagen auf Sylt ist natürlich eine schöne Geschichte. "Ich finde es geil, dass ich ohne Training in der Verbandsliga spielen darf", bläst auch Ugur Alavanda in das gleiche Horn. "Mit Geld hat das nichts zu tun." Auf den Sportplätzen in Schleswig-Holstein und Hamburg wird über den Sylter Fußball-Club in der Verbannung ganz anders gewitzelt. "Nach dem Spiel", sagen sie, "stecken sie alle heimlich das Geld ein - und der Urlaub ist gerettet."

Ugur Alavanda hat bisher acht Punktspiele für den Tabellenzweiten bestritten, aber noch kein einziges Tor erzielt.