Der Bönningstedter trumpft mit dem Nationalteam auf und holt erstmals den Titel. Im Einzel wird er Siebter.

Bönningstedt

"Ich bin immer noch etwas enttäuscht", sagte Simon Knapp, als er in Fuhlsbüttel aus dem Flugzeug stieg, das ihn von Zürich zurück nach Hamburg befördert hatte. Dabei hatte der 22 Jahre alte Rhönradturner vom SV Rugenbergen eigentlich allen Grund, glücklich zu sein, denn er gehörte bei den Weltmeisterschaften in Baar (Schweiz) zum deutschen Nationalteam, das die Mannschafts-Goldmedaille gewann.

Ein stolzer Erfolg also für Simon Knapp, der in Kiel im fünften Semester Wirtschafts-Chemie studiert und nahezu seine gesamte Freizeit für das Training mit dem Rhönrad opfert. Nach zwei Auftritten bei der Junioren-WM hatte er sich erstmals für die Senioren-Klasse qualifiziert.

Simon Knapp hatte sich in Baar zwei Tage intensiv vorbereitet und war nach eigener Aussage bestens in Form. Aber bei der Entscheidung im Mehrkampf klappte dann nichts. "Ich war nervös", klagte er. "Bei der Disziplin 'Gerade' hatte ich den ersten Wackler, und das setzte sich so fort. Bei der 'Spirale' war es dann am schlimmsten, nie hatte ich diese Übung so schlecht geturnt."

Zuvor hatte er darauf gehofft, dass er eine Einzelmedaille gewinnen würde. Aber nach den 7,35 Punkten bei der "Spirale" reichte es für ihn hinter fünf deutschen und einem niederländischen Konkurrenten nur zu Rang sieben in der Endabrechnung - Qualifikation für die Einzelwertung verpasst.

Simon Knapp war untröstlich, aber die Verantwortlichen hielten zu ihm. Als am nächsten Tag die Nominierung für die Teamentscheidung anstand, setzte sich Bundestrainerin Ines Meurer (Leverkusen) dafür ein, dass Simon Knapp nicht, wie ursprünglich geplant, beim Sprung, sondern bei der Spirale turnen sollte.

"Ich sollte zeigen, dass das Missgeschick im Mehrkampf ein einmaliger Ausrutscher war", sagte Knapp, der sich über den Rückhalt im Team sehr freute. Dann zeigte er, wie man es vom Topstar des SV Rugenbergen gewohnt war, eine fabelhafte Leistung, mit der er im Mehrkampf weiter vorne gelandet wäre und mit der er im Einzelwettkampf bei der Spirale sicherlich eine Medaille erkämpft hätte.

"Ich bin total zufrieden mit den Zauberkünsten meiner Schützlinge", jubelte Ines Meurer nach der Siegerehrung. Sie hatte kurz vor dem Wettkampf die Aufstellung ihres Teams noch einmal verändert. Die deutsche Mannschaft siegte vor den Niederlanden und Japan.

SVR-Trainerin Dagmar Henningsen, die als WM-Kampfrichterin in der Schweiz dabei war, hatte die Patzer ihres Schützlings nicht beobachten können, weil sie gerade im Einsatz war. "Es tut mir wahnsinnig Leid, dass Simons Erwartungen nicht in Erfüllung gegangen sind", sagte sie nach der Rückkehr. "Vielleicht war der Druck zu stark. Ich hätte ihm gegönnt, dass er bei seinem ersten WM-Start mehr erreicht hätte. Aber er ist ja noch sehr jung und hat genügend Gelegenheit zur Wiedergutmachung."

Die nächste Chance bietet sich schon am kommenden Wochenende. Dann werden im Rahmen des Deutschen Turnfestes in Frankfurt am Main die Deutschen Meisterschaften der Rhönradturner ausgetragen. Dort trifft Simon Knapp auf die fünf deutschen Rivalen, die bei der WM noch vor ihm gelegen hatten.

"Zwar ist die Luft etwas raus, denn für mich war ja die WM-Vorbereitung das wichtigste, aber ich werde noch einmal alles geben", verspricht der "Goldjunge" von Baar. Die neunköpfige Bönningstedter Delegation mit Trainerin Dagmar Henningsen und Mitturnerin Jana Looft an der Spitze wird ihn gewiss lautstark unterstützen.