Pinneberg. Freitags frei? Das bietet rund ein Fünftel der Arbeitgeber der Region. Trotzdem verzichten viele Mitarbeiter darauf – wieso das der Fall ist.

  • 17 Prozent der vom Unternehmensverband Unterelbe-Westküste e. V. befragten Unternehmen bietet die Viertagewoche an.
  • Dabei wird allerdings vielfach die Wochenarbeitszeit nicht reduziert.
  • Das geltende Recht macht es Arbeitgebern eher schwer, eine Viertagewoche zu etablieren.

Von Montag bis Donnerstag voll durchziehen und dann drei ganze Tage frei… Wer hat sich noch nicht dabei erwischt, von der Viertagewoche zu träumen? Für immer mehr Menschen in der Region wird der Wunsch Wirklichkeit, berichtet der Unternehmensverband Unterelbe-Westküste e. V. (UVUW). Auch im Kreis Pinneberg kommen einige Menschen in den Genuss flexibler Arbeitszeiten oder zusätzlicher freier Tage.

Fast jedes fünfte, genauer: 17 Prozent der 133 vom UVUW befragten Unternehmen zwischen dem Hamburger Rand und der dänischen Grenze setzen schon auf die Viertagewoche. Allerdings konnte der Verband per Umfrage ebenfalls feststellen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die verkürzte Woche nur vereinzelt in Anspruch nehmen.

Kreis Pinneberg: Viertagewoche oft bei gleichbleibender Wochenarbeitszeit

Grund dafür könnte sein, dass die Viertagewoche häufig bei gleicher Wochenarbeitszeit angeboten wird.„Dadurch wird die Arbeit von fünf Tagen auf vier Tage verlagert“, sagt Ken Blöcker, Geschäftsführer des UVUW. Zwar hätten die Arbeitnehmer also ein verlängertes Wochenende, doch lägen „bislang kaum Erfahrungen vor, welche Auswirkung die tägliche Arbeitsverdichtung langfristig auf die Erholung hat.“

Andererseits sei die Viertagewoche mit reduzierter Wochenarbeitszeit für die meisten Unternehmer nicht denkbar. Denn dann wäre zusätzliches Personal nötig, das die fehlende Arbeitszeit ausgleicht. Angesichts des Fachkräftemangels – befeuert durch den demografischen Wandel – und der grundsätzlich finanziell herausfordernden Zeiten hält Blöcker diese Idee für „undenkbar“. Gleiches gelte für eine Viertagewoche bei gleicher Bezahlung: „Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, also gleichbleibendem Lohn, können wir uns nicht leisten“, sagt er.

Diese Firmen in Wedel, Pinneberg oder Schenefeld haben flexible Arbeitszeiten

Manche können – oder wollen – es sich aber offenbar dennoch leisten. Die Stadt Wedel beispielsweise will noch in diesem Jahr die Viertagewoche für alle Verwaltungsmitarbeiter einführen. Und zwar ohne Lohnkürzung.

Ebenso motiviert zeigt sich die Steuerberatung Erich und Erichsen mit Sitz in Schenefeld. Die Kanzlei ermöglicht ihren Mitarbeitern eine 25-Stunden-Woche und damit eine Masse zusätzlicher Freizeit. Machbar sei das unter anderem aufgrund eines des hohen Digitalisierungsgrades, guter Arbeitsstrukturen, der Wertschätzung von Kommunikation und dem Teamgeist in der Kanzlei.

Ebenfalls mit Arbeitnehmer-freundlichem Beispiel voran geht die Bauunternehmung Groth & Co. mit Sitz in Pinneberg, die ihren Mitarbeitern bald zusätzliche freie Tage ermöglicht. Von September an sollen die Arbeitnehmer insgesamt zwölf „lange Wochenenden“ im Jahr genießen können. Das heißt, jeden vierten Freitag im Monat dürfen sie freimachen. Die freien Tage sollen sie etwa Familie und Hobbys, aber auch Behördengängen oder Vorsorgeuntersuchungen widmen können. Die entfallende Arbeitszeit muss allerdings vorgearbeitet werden.

Viertagewoche: Arbeitsrecht schwierig mit flexiblen Modellen vereinbar

Dass bislang nur eine geringe Zahl der Arbeitgeber sich an die Viertagewoche wagt, könnte auch am geltenden Arbeitsrecht liegen, das dem Modell nur wenig Bewegungsfreiheit gibt, mutmaßt Sebastian Koch, Fachanwalt für Arbeitsrecht und ebenfalls Geschäftsführer des UVUW.

Ein Beispiel: Weil Arbeitnehmer zwischen Feierabend und Arbeitsbeginn eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden einzuhalten haben, ist es schwierig, die Wochenarbeitszeit von fünf auf vier Tage zu verlagern. „Für Ruhezeiten und die Grenzen der täglichen Arbeitszeit sollten endlich die Spielräume auf europäischer Ebene genutzt werden. Zumindest muss die tägliche Höchstarbeitszeit in eine Wochenhöchstarbeitszeit umgewandelt werden“, plädiert Arbeitsrechtler Koch daher.