Kreis Pinneberg. Der US-Konzern will Bilder für seinen Dienst Street View aktualisieren. Bisher gab es keine Aufnahmen aus dem Kreis. Das ist der Grund.

Vor Reiseantritt, eben schnell auf Google Maps die Route anschauen oder die Umgebung des Hotels abchecken, das gehört für viele Menschen mittlerweile zum Alltag. Aber wie sieht das gesuchte Gebäude aus? Gibt es vor Ort überhaupt Parkplätze? Welche Restaurants sind in der Umgebung?

Mit der Funktion Google Street View lässt sich das vielerorts problemlos überprüfen. Einfach das kleine gelbe Männchen auf die Karte ziehen und schon werden die von den Google-Autos gemachten Aufnahmen angezeigt. Per Mausklick können Nutzerinnen und Nutzer ganz einfach über die Straßen gleiten, bis die gesuchte Adresse gefunden ist. Und das fast überall auf der Welt.

Street View: Google fährt erstmals durch den Kreis Pinneberg

Nicht so im Kreis Pinneberg, doch das soll sich bald ändern. Dafür fahren Google-Autos momentan durch die Region. Wo? Darüber schweigt sich der Konzern aus. Auf welchen Straßen? Auch das teilt der Konzern nicht offiziell mit.

Das betrifft aber nicht nur den Kreis Pinneberg. In fast ganz Schleswig-Holstein und Deutschland sind mit Ausnahme einiger großer Städte bisher kaum Street-View-Daten zu haben. Die Aufnahmen, die zu finden sind, stammen allesamt von Privatpersonen, aber nicht von Google selbst. Der Grund: Als Google 2008 erstmals mit den Street-View-Autos durch Deutschland fahren wollte, wehrten sich die Schleswig-Holsteiner erfolgreich gegen das Projekt.

Dieser Screenshot zeigt, wo Google-Street-View-Aufnahmen abzurufen sind (blaue Linien) und wo nicht. Deutlich zu sehen: Der Unterschied zwischen der Abdeckung in Dänemark bzw. Hamburg und Schleswig-Holstein.
Dieser Screenshot zeigt, wo Google-Street-View-Aufnahmen abzurufen sind (blaue Linien) und wo nicht. Deutlich zu sehen: Der Unterschied zwischen der Abdeckung in Dänemark bzw. Hamburg und Schleswig-Holstein. © Marvin Mertens | Marvin Mertens

Die Bürgerinnen und Bürger befürchteten, Kriminelle könnten die Street-View-Bilder nutzen, um etwa Einbrüche zu planen. Die schleswig-holsteinischen Datenschützer hielten das Vorhaben gar für rechtswidrig, auch wenn der US-Konzern das erwartungsgemäß anders sah.

Google: Street-View-Aufnahmen sind rund 13 Jahre alt

Die Street-View-Bilder aus Deutschland stammen insgesamt aus den Jahren 2008 und 2009. Damals wurde heftig über den neuen Google-Dienst und das Thema Datenschutz gestritten. 2010 feierte etwa der FC St. Pauli sein 100-jähriges Bestehen, Deutschland wurde Dritter bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Der Burj Khalifa, das bis heute höchste Gebäude der Welt, wird eingeweiht. Lena Meyer-Landrut gewinnt mit „Satellite“ den Eurovision Song-Contest in Oslo.

Vielen Bildern ist diese Epoche noch heute anzusehen. Immerhin waren Praktiker- und Schleckerfilialen damals noch geöffnet, neuere Automodelle sucht man auf den Bildern vergebens, der Bunker an der Hamburger Feldstraße ist ein riesiger grauer Betonklotz.

Google macht aktuelle Aufnahmen von Deutschlands Straßen

Deshalb hat Google in diesem Jahr angekündigt, die Aufnahmen für Google Street View in Deutschland aktualisieren zu wollen. „Aufnahmen, die zwischen 2008 und 2009 gemacht wurden, können Straßen und Gebäude von heute nicht mehr angemessen abbilden“, teilt das Unternehmen mit.

Im Sommer 2010, als Street View nach Deutschland kam, habe es „Wirbel“ gegeben, schreibt Google. „Wir entschieden uns damals, keine neuen Bilder für Deutschland auf Street View zu veröffentlichen, „während wir überall sonst in Europa weiteres Bildmaterial hinzufügten und aktualisierten.“ Nun freue man sich auf das nächste Kapitel für Street View in Deutschland.“

Schleswig-Holsteinische Datenschützer liefen Sturm gegen Street View

Der „Wirbel“ im Sommer 2010 war in der Tat groß. Im November 2010 gingen die ersten Street-View-Bilder aus Deutschland online. Allerdings nur aus den 20 damals größten Städten, Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main, Essen, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Bochum, Dortmund, Bonn, Düsseldorf, Duisburg, Nürnberg, Stuttgart, Bielefeld, Bremen und Wuppertal.

Doch der Widerstand aus Bevölkerung, Politik und von Datenschützern war riesig. Nach deutschem Recht bestanden unterschiedliche Datenschutzprobleme, insbesondere die Unkenntlichmachung von Personen, was seit 2008 automatisiert passiert.

Schleswig-Holstein: Bürger wehrten sich 2008 erfolgreich gegen Google

Ein ebenso kontroverses Thema war aber die Erfassung von Privathäusern und Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Zwar gab Google Hausbesitzern die Möglichkeit, Widerspruch gegen die Aufnahmen ihrer Häuser einzulegen oder. eine Unkenntlichmachung einzufordern – was immerhin fast eine Viertelmillion Menschen taten. Viele Menschen lehnten den Dienst aber grundsätzlich ab.

Wegen dieser vielen Widrigkeiten gab Google 2011 bekannt, man werde den durch Street View erfassten Bereich nicht ausweiten. Ein Sieg der Datenschützer. „Protest gegen Google erfolgreich“ titelte die „Bergedorfer Zeitung“, die „Taz“ schrieb von einem Sieg Davids gegen Goliaths. Einzige Ausnahme: Das Miniatur Wunderland in Hamburg, das seit 2016 auch auf Street View erkundet werden kann.

Ein Modellfahrzeug eines Google-Maps-Cars steht in Hamburg in der Modellanlage des Miniatur Wunderlands. Google-Maps-Nutzer können die in Hamburg ansässige weltweit größte Modelleisenbahnanlage auch in Google Street View erkunden.
Ein Modellfahrzeug eines Google-Maps-Cars steht in Hamburg in der Modellanlage des Miniatur Wunderlands. Google-Maps-Nutzer können die in Hamburg ansässige weltweit größte Modelleisenbahnanlage auch in Google Street View erkunden. © picture alliance / dpa | Axel Heimken

Google: „Nehmen Schutz der Privatsphäre in Deutschland ernst“

Die Ankündigung Googles, die Aufnahmen in diesem Jahr aktualisieren zu wollen, sorgte da schon für deutlich weniger Widerspruch und Aufregung. Das könnte aber auch daran liegen, dass Google diesmal schon viele Ängste und Sorgen im Vorwege thematisiert.

Man nehme den Schutz der Privatsphäre der Menschen in Deutschland ernst, daher aktualisiere an die Aufnahmen in enger Abstimmung mit dem Hamburgischen Beauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit, teilt Google mit.

Street View: Bürger können Hausfassaden unkenntlich machen lassen

„Vor der Veröffentlichung der neuen Street-View-Bilder werden wir die mehr als 13 Jahre alten Street-View-Bilder inklusive der Unkenntlichmachungen entfernen“, heißt es von Google. Die Bürgerinnen und Bürger könnten vor und jederzeit nach der Veröffentlichung des neuen Bildmaterials entscheiden, ob die Ansichten von Häusern und Wohnungen unwiderruflich unkenntlich gemacht werden sollen.

Gesichter und Nummernschilder werden laut Google wie überall auf der Welt automatisch unkenntlich gemacht. Seit Ende Juni sind die Google-Autos in Deutschland und erstmals auch im Kreis Pinneberg unterwegs. Frühestens ab Mitte Juli werde Google damit beginnen, die neuen Bilder zu veröffentlichen, die Aufnahmen aus den Jahren 2022 und 2023 enthalten.

Kreis Pinneberg: Wann die Google-Autos Aufnahmen im Kreis machen

Von Juni bis Oktober rollen die Google-Autos durch Schleswig-Holstein, also auch durch den Kreis Pinneberg und die Nachbarkreise. Wer den Kamerafahrzeugen winken will, braucht aber Geduld: Wann und wo Aufnahmen gemacht werden, sei nicht vorauszusagen, heißt es von Google.

„Aufgrund von Faktoren, die außerhalb unseres Einflussbereichs liegen, ist es immer möglich, dass unsere Fahrzeuge nicht starten können oder es zu geringfügigen Abweichungen kommt. Das kann beispielsweise bei schlechten Wetterverhältnissen oder Straßensperrungen der Fall sein“, teilt Google mit.