Kreis Pinneberg/Barmstedt. Eigenanteil der Bewohner liegt in Schleswig-Holstein im Durchschnitt bei 2406 Euro. So ist die Situation im Kreis Pinneberg.

Die Bewohner und deren Angehörige in den 47 Alten- und Pflegeheimen im Kreis Pinneberg mit ihren 3762 Plätzen werden künftig erheblich tiefer in die Tasche greifen müssen, um die stationäre Altenpflege für sich oder ihre Eltern und Großeltern finanzieren zu können.

Das wurde auf der jüngsten Sitzung des Zweckverbandes Alters- und Pflegeheim Barmstedt deutlich, der das einzige noch kommunal geführte Pflegeheim im Kreis betreibt.

Pflegenotstand: Stationäre Pflege wird für Bewohner immer teurer

Demnach steigt der Eigenanteil an den monatlichen Pflegekosten in dem Heim mit seinen 91 Plätzen am Rantzauer See in diesem Jahr um rund 300 Euro auf fast 3000 Euro an, erklärte der kaufmännische Leiter Christoph Merker den Vertretern aus Barmstedt und den Umlandgemeinden Bevern, Bullenkuhlen, Groß Offenseth-Aspern, Heede, Hemdingen, Langeln und Lutzhorn, die gemeinsam die im Jahr 2012 für knapp zehn Millionen Euro gebaute Einrichtung betreiben.

Landesweit beträgt der monatliche Eigenanteil heute rund 2400 Euro

Hintergrund seien die enorm gestiegenen Personalkosten, die nach Angaben der Gewerkschaft Verdi den 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst zwischen elf und 17 Prozent mehr Gehalt in den nächsten zwei Jahren bescheren werden.

Aber auch in den privat geführten Pflegeheimen steigt der Eigenanteil für die Bewohner, wie eine aktuelle Aufstellung des Verbandes der Ersatzkassen ausweist. Danach liegt dieser Kostenanteil inzwischen im bundesweiten Durchschnitt bei 2411 Euro, in Schleswig-Holstein bei 2406 Euro.

Personalkosten werden in Barmstedt um etwa 300.000 Euro im Jahr steigen

Diese Tendenz zu immer höheren Mehrkosten für die Bewohner zeige sich kreisweit in den 47 Einrichtungen, teilt Kreissprecherin Katja Wohlers mit. „Bei den Kosten ist der Kreis Pinneberg von der bundesweiten Entwicklung im Pflegesektor leider nicht ausgenommen.“

Praktisch überall seien Eigenanteile für die Pflegeheimbewohnenden aufgrund der zunehmenden Kosten von Pflegeheimbetreibern gestiegen. Verantwortlich dafür seien vor allem die gesetzliche Anpassungen, etwa die Einführung der bindenden Tarifpflicht im Pflegesektor zum 1. September 2022 sowie höhere Sachkosten für Lebensmittel, Verbrauchsmaterialien für die Pflege und gestiegene Energiepreise.

Wegen der Inflation steigen die Lebensmittelpreise

Für das Barmstedter Pflegeheim bedeutet das, dass es etwa 300.000 Euro im Jahr mehr einnehmen werde, berichtete Merker. Diese Mehreinnahmen würden aber in Gänze den 95 Beschäftigten zufließen, was erneut die Personalkosten ansteigen lassen werde. Bereits im abgelaufenen Jahr waren die Personalausgaben in Barmstedt um rund sieben Prozent auf 3,2 Millionen Euro angestiegen. Zudem habe die Inflation die Lebensmittelausgaben 2022 um 20 Prozent von 190.000 Euro auf 230.000 Euro ansteigen lassen.

70 Prozent der Altenheimbewohner tragen den Eigenanteil selbst

Wer den monatlichen Eigenanteil im Pflegeheim nicht selbst mit seiner Rente oder dem Sparvermögen finanzieren kann, wird von den staatlichen Sozialkassen unterstützt. Das gilt in Barmstedt nach Angaben von Merker allerdings nur für etwa jeden dritten Bewohner. „Etwa 70 Prozent unserer Heimbewohner zahlen das aus eigener Tasche“, erklärt Merker. Insofern träfe diese enorme Kostensteigerung die Mehrzahl der Bewohner in Barmstedt unmittelbar.

Leistungszuschlag greift erst nach mehreren Jahren des Heimaufenthalts

Immerhin gebe es seit Anfang 2022 eine gewisse Entlastung für die betagten pflegebedürftigen Menschen. So haben die Pflegekassen im vorigen Jahr den sogenannten Leistungszuschlag eingeführt, der je nach Länge des Aufenthalts in dem Pflegeheim einen Teil des Eigenanteils für die Bewohner übernimmt. Dies sind im ersten Jahr fünf Prozent und ab dem dritten Jahr 70 Prozent der reinen Pflegekosten.

Dies gilt aber nur für die Pflegegrade zwei bis fünf und nicht für die Kosten für die Unterkunft und Verpflegung. Die muss der pflegebedürftige Bewohner immer selbst bezahlen. Und diese nicht der Pflege zugerechneten Kosten, die die Bewohner vollständig selbst übernehmen, machen in Barmstedt inzwischen 36 Prozent des Jahresumsatzes aus. Bundesweit macht dieser Posten für Unterkunft und Verpflegung inzwischen 857 Euro im Monat aus.

Das dritte Jahr in Folge machte das kommunale Pflegeheim Überschuss

Immerhin ist für die Seniorenresidenz am Rantzauer See die lange Durststrecke vorbei, als die Trägergemeinden das jährliche Defizit von bis zu 900.00 Euro im ersten Jahr 2012 ausgleichen mussten und einige Gemeinden wie Bokholt-Hanredder, Bilsen, Sparrieshoop und Ellerhoop aus dem Zweckverband ausgetreten sind.

Für das abgelaufene Geschäftsjahr kann Verbandsvorsteherin Heike Döpke bei einem Gesamtumsatz von 4,4 Millionen einen Jahresüberschuss von 56.000 Euro vermelden. Das ist zwar erheblich weniger als die 180.000 Euro im Jahr davor. Aber es ist das dritte Jahr in Folge, ohne dass ein wirtschaftliches Minus eingefahren wurde. Das liegt auch an der guten Auslastung von 97,2 Prozent. Im Jahr davor waren es sogar 98,1 Prozent.

Der Rückgang des Jahresergebnisses habe neben den gestiegenen Personalkosten auch mit den Corona-Hilfe zu tun, die im vorigen Jahr kaum noch gezahlt worden seien, erklärte Merker. Insgesamt 220.000 Euro hatte das Barmstedter Heim in der Hochphase der Pandemie an Staatshilfen erhalten, wobei noch geprüft werden müsse, ob ein Teil dieser Zuschüsse wieder zurückgezahlt werden müsste. „Das wird noch geprüft“, sagte Merker.

Im ersten Vierteljahr 2023 den Jahresüberschuss schon wieder verloren

Allerdings sieht die Bilanz für das laufende Jahr schon wieder erheblich schlechter aus, stellte die neue Heimleiterin Diane Ahrens dar. So hat das Barmstedter Pflegeheim bei etwa gleichbleibenden Einnahmen von 1,1 Millionen Euro einen Verlust von 46.000 Euro im ersten Quartal gemacht. Das liege vor allem an den Langzeiterkrankungen von Mitarbeiterinnen, für die externe Personaldienstleister kurzfristig einspringen mussten.

Allein für diese Personalleasingverträge musste das Heim im ersten Vierteljahr 22.000 Euro mehr abführen als im vergangenen Jahr. „Diese Langzeitausfälle zu kompensieren, war schon schwer für uns“, sagt Diane Ahrens, die im März die Heimleitung übernommen hat. Zuvor war sie die Pflegedienstleiterin.

Pflegenotstand: Anteil der kleineren Pflegegrade sinkt und senkt die Einnahmen

Zudem mache dem Heim zu schaffen, dass immer mehr Bewohner nur leichte Einschränkungen hätten. Der Anteil der nur mit Pflegegrad zwei ausgewiesenen Bewohner ist im vorigen Jahr um zehn Personen von etwa 25 auf fast 40 Prozent angewachsen. Dadurch sinken die Einnahmen von den Pflegekassen drastisch, deren Pflegegeld mit dem Pflegegrad steigt. Je Bewohner könne das etwa 10.000 Euro im Jahr ausmachen.

Die aktuellen Prüfungen des Medizinischen Dienstes und der Heimaufsicht hätten aber keinerlei Beanstandungen oder Auflagen erbracht, freut sich die neue Heimleiterin Ahrens, das die wichtigste Aufgabe der Pflegebetreuung voll gewährleistet ist.