Elmshorn. Nebenfluss der Elbe verschlickt – mit drastischen Folgen auch für die „kleinste Fähre Deutschlands“. Doch der Eigentümer tut nichts.

Die Verschlickung der Krückau nimmt seit Jahren zu. Die Vereine am Ufer des Elbe-Nebenflusses schlagen deshalb immer wieder Alarm. Die Fähre Kronsnest, die MS „Klostersande“ und auch der historische Ewer „Gloria“, sie alle sind vom Schlick bedroht. Und eine Lösung, vor allem eine schnelle, scheint nicht in Sicht.

Das zeigte sich auch kürzlich bei der vom Förderverein der Fähre Kronsnest einberufenen „Schlick-Konferenz“. Zahlreiche Vertreter der Anreiner-Vereine waren gekommen, um über die zunehmende Verschlickung der Krückau zu sprechen – und ihre Sorgen diesbezüglich mit den anwesenden Vertretern von Politik und Behörden zu teilen.

„Existenzbedroht“: Schifffahrt auf der Krückau in Gefahr

„Wenn nichts passiert, machen wir irgendwann zu“, sagt Rolf Biehl, Vorsitzender des Vereins Freunde des Ewers „Gloria“. Die zunehmende Verschlickung der Krückau macht dem Verein, der den historischen Ewer in Schuss hält und auch Ausflugsfahrten anbietet, immer mehr zu schaffen.

„Es wird immer schwieriger. Irgendwann können wir gar nicht mehr auslaufen“, sagt Biehl. Die „Gloria“ liegt im Elmshorner Hafen. Und selbst der verlandet zusehends. „Beim Auslaufen müssen wir die Außenkurve fahren, dort ist der Fluss etwas tiefer“, erklärt Biehl.

Der Ewer „Gloria“ bei voller Fahrt. In der Krückau sei das Traditionsschiff schon mehrfach aufgesetzt.
Der Ewer „Gloria“ bei voller Fahrt. In der Krückau sei das Traditionsschiff schon mehrfach aufgesetzt. © Ewer GLORIA e.V. | HA

„Die touristische Schifffahrt auf der Krückau ist existenzbedroht“

Dennoch sei es schon vorgekommen, dass der Ewer aufsetzt und dann feststeckt – und das, obwohl das Schiff einen sehr geringen Tiefgang hat. „Das ist natürlich sehr unschön für die Passagiere.“ Biehl wählt klare Worte: „Die touristische Schifffahrt auf der Krückau ist existenzbedroht.“

Sollte die Verschlickung fortschreiten könnte Elmshorn nicht nur einen Teil der Stadtgeschichte sondern auch zwei wichtige touristische Attraktionen verlieren. Denn neben der „Gloria“ ist auch die MS „Klostersande“ von der Verschlickung betroffen.

Elmshorner Traditionsschiff MS „Klostersande“ kann nur selten auslaufen

Das sogenannte Eventschiff liegt im Elmshorner Hafen, an Bord finden kulturelle Veranstaltungen statt. Aber: „Das Schiff ist fahrtüchtig. Und das macht zu großen Teilen die Faszination aus“, sagt Martin Beckmann vom Förderkreis MS „Klostersande“.

Fahren kann das Schiff allerdings nur bei „kräftiger Flut“ und wenn kein Ostwind weht. „Viele Gegebenheiten müssen stimmen, damit wir überhaupt auslaufen können“, so Beckmann. Der Verein habe Ausfahrten bereits absagen müssen. Immer wieder habe der Bug des Schiffes Kontakt mit den Schlickbergen in der Krückau.

Muss die MS „Klostersande“ den Elmshorner Hafen verlassen?

„Ewig werden wir das nicht mehr durchhalten können“, sagt Beckmann. Sollte sich die Schlick-Lage im Elmshorner Hafen nicht verbessern, müsste sich der Förderverein nach einem neuen Liegeplatz umsehen. „Aber das wollen wir nicht. Die Klostersande gehört nach Elmshorn.“

Die MS „Klostersande“ an ihrem Liegeplatz im Elmshorner Hafen.
Die MS „Klostersande“ an ihrem Liegeplatz im Elmshorner Hafen. © HA

Wie Rolf Biehl wünscht sich auch Martin Beckmann eine Lösung für das Schlick-Problem. Und auch er sieht die touristische Schifffahrt auf der Krückau bedroht. „Man muss dem Schlamm irgendwie Herr werden. Wie das passiert, das müssen Fachleute entscheiden. Aber es muss etwas passieren.“

Ohne regelmäßiges Ausbaggern wird die Krückau immer wieder verschlicken

Beispiele für erfolgreiche Maßnahmen gegen Verschlickung gebe es genug, vor allem auf der anderen Elbseite. Nur sei fast alles kostenintensiv und für die Vereine finanziell nicht zu stemmen. „Grundsätzlich sind strombauliche Maßnahmen oder fortwährende Baggermaßnahmen umsetzbar“, sagt Claudia Thormählen vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe-Nordsee.

Denkbar wären auch Querschnittsaufweitungen oder das Anlegen von Flächen zur gezielten Sedimentablagerung. „Letztlich wird sich die Krückau nach Baggerungen ohne ergänzenden Strombau erneut in Richtung eines morphologischen Gleichgewichtszustandes bewegen“, sagt Thormählen.

Elmshorn: Ausbaggern allein wird das Problem nicht lösen

Das heißt: Ausbaggern allein reicht nicht, es müssten umfassende Maßnahmen ergriffen werden. „Grundsätzlich wird es nach Baggerungen zu erneuten Verlandungen kommen. Letztlich sind Schlickablagerungen im Tidegebiet ein natürliches Phänomen“, so Thormählen.

Bei Niedrigwasser wird das ganze Ausmaß der Verschlickung deutlich.
Bei Niedrigwasser wird das ganze Ausmaß der Verschlickung deutlich. © Norbert Gülicher

Die Problematik der Verschlickung ist auch in anderen Elbe-Nebenflüssen bekannt. „Die Nebenflüsse haben mit zunehmendem Straßen- und Bahnverkehr ihre frühere Bedeutung als Verkehrswege verloren“, sagt Claudia Thormählen. Zudem hätten auch Siedlungsbau, Strombau und Hochwasserschutzmaßnahmen wie der Sperrwerksbau Einfluss auf die Flüsse.

Krückau wird schon lange nicht mehr wirtschaftlich genutzt

Dennoch: Universelle Aussagen lassen sich nicht treffen. „Die Situation in den Nebenflüssen ist individuell zu betrachten, das heißt, die Veränderungs- und Verlandungsprozesse sind unterschiedlich stark ausgeprägt“, so Thormählen. Die Situation in der Krückau sei beispielsweise durch die vorgelagerte Insel Pagensand beeinflusst.

Hinzu kommt: Den Vereinen sind die Hände gebunden, ebenso der Stadt Elmshorn. Denn die Krückau ist eine Bundeswasserstraße. „Das heißt, der Bund ist für Unterhaltung und Sicherheit verantwortlich“, sagt Rolf Biehl. Doch die Krückau wird nicht mehr wirtschaftlich genutzt. Und rückt deshalb in der Prioritätenliste des zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) nach unten.

Berufsschifffahrt auf der Krückau seit den 90ern eingestellt

„Wirtschaftlich ist die Krückau tot“, sagt Biehl. Und ohne wirtschaftliches Interesse seien große Ausgaben nicht zu rechtfertigen. Zwar werde der Fluss noch touristisch genutzt, dies rücke aber erst seit Kurzem in den Fokus des WSA, sagt auch Norbert Gülicher von der Fähre Kronsnest in Neuendorf, der zur Schlick-Konferenz geladen hatte.

Vor allem die Randgebiete der Krückau wachsen immer weiter auf. Die Rinne in der Mitte sei stabil, heißt es vom WSA.
Vor allem die Randgebiete der Krückau wachsen immer weiter auf. Die Rinne in der Mitte sei stabil, heißt es vom WSA. © Norbert Gülicher

Diese Aussagen bestätigt Claudia Thormählen vom WSA Elbe-Nordsee. Ende der 90er-Jahre sei die Berufsschifffahrt auf der Krückau eingestellt worden, seither habe es kein Mandat mehr gegeben, die Wasserstraße weiterhin zu unterhalten. Das WSA sei nun lediglich dafür zuständig, einen Ordnungsgemäßen Zustand für den Wasserabfluss zu erhalten.

Elmshorn: Ausbaggern der Krückau wäre denkbar

„Der ordnungsgemäße Abfluss ist durch die stabile Rinne in der Krückau gegeben“, sagt Thormählen. „Eine darüber hinausgehende Baggerung lässt sich aus Sicht der WSV nicht rechtfertigen.“ WSV ist die Abkürzung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die dem WSA übergeordnet ist.

Aber Thormählen macht den Vereinen auch Hoffnung, sollten diese selbst aktiv werden wollen. „Die Möglichkeit einer Baggerung besteht.“ Allerdings seien alle Aktivitäten mit dem WSA, bzw. der Wasserstraßenüberwachung sowie der nautischen und gewässerkundlichen Abteilung abzustimmen.

Krückau-Anrainer müssen wohl selbst aktiv werden

Stand jetzt müssen die Vereine also selbst aktiv werden. Bei den Helfern der Fähre Kronsnest schon beinahe Alltag. „Zu Beginn der Fährsaison, wenn das Gelände hergerichtet wird, müssen wir Zentimeterweise Schlamm entfernen“, so Norbert Gülicher. Mittlerweile müsse dies mindestens alle 14 Tage geschehen, manchmal sogar während des laufenden Fährbetriebs.

Helfer des Vereins, der die Fähre Kronsnest betriebt, müssen jedes Jahr zu Saisonbeginn Zentimeterweise Schlamm entfernen. Eine mühsame Arbeit.
Helfer des Vereins, der die Fähre Kronsnest betriebt, müssen jedes Jahr zu Saisonbeginn Zentimeterweise Schlamm entfernen. Eine mühsame Arbeit. © Norbert Gülicher

Der Betrieb der „kleinsten Fähre Deutschlands“, wie der Verein wirbt, sei aktuell noch nicht akut gefährdet. „Aber es kommt immer häufiger vor, dass wir den Betrieb für eine oder gar mehrere Stunden einstellen müssen, weil die Schlickbank ein Anlanden unmöglich macht“, sagt Gülicher.

Fähre Kronsnest kann bei Niedrigwasser kaum noch fahren

Er fürchtet vor allem um die Attraktivität der Fähre für Ausflügler. Denn der Eichkahn erspart Radfahrern und Touristen einen Umweg von etwa 20 Kilometern – allerdings nur, wenn er auch über die Krückau fahren kann. Bei Hochwasser kein Problem. Aber bei Niedrigwasser immer häufiger unmöglich.

Den Vereinsmitgliedern der Fähre Kronsnest bleibt wenig mehr, als selbst Hand anzulegen und dem Schlamm zu Leibe zu rücken. Der Fähranleger muss mit Wasserdruck freigespült werden, in besonders schlimmen Fällen müssen die Helfer den Schlick mit Spaten und Schaufeln beseitigen.

Fähre Kronsnest: Arbeit gegen den Schlick wird immer mühsamer

„Früher war das deutlich leichter“, sagt Norbert Gülicher. „Aber die Arbeit wird immer mühsamer.“ Ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer wäre der Fährbetrieb nicht möglich. Und auch, wenn die Vereinsmitglieder mit großem Eifer und viel Herzblut für den Fortbestand sorgten, weitere Helfer seien immer willkommen, sagt Gülicher.

Eine Idee der Anrainer-Vereine: sich zusammenzutun, um dem Schlick gemeinsam zu Leibe zu rücken. Die Maßnahmen, welche auch immer, müssten allerdings genehmigt werden. Rolf Biehl befürchtet langwierige Genehmigungsverfahren. Und die Zeit arbeitet gegen die Vereine.

Elmshorn: Ursachen für die Verschlickung der Krückau sind vielfältig

Denn mit jedem Jahr, in dem an der Krückau nichts passiert, sammelt sich mehr Schlick im Fluss an. Wobei, die Rinne in der Mitte der Krückau bleibe in etwa gleich tief. „Nur die Hänge wachsen auf“, sagt Biehl und meint damit die Randbereich des Flusses.

Die Verschlickung ist also dort besonders ausgeprägt, wo die Fließgeschwindigkeit gering ist. Weitere Faktoren wie Trockenheit, Wind und, ja, auch die Elbvertiefung spielen bei der Verschlickung ebenfalls eine Rolle.

Elmshorn: Vereine und Behörden wollen beim Schlick-Problem zusammenarbeiten

2021 rückte die Elmshorner Feuerwehr dem Schlick im Elmshorner Hafen mit Wasser zu Leibe.
2021 rückte die Elmshorner Feuerwehr dem Schlick im Elmshorner Hafen mit Wasser zu Leibe. © Stadt Elmshorn | Sabine Landt

Das Problem der Verschlickung ist schon länger bekannt. Bereits 2021 rückte die Elmshorner Feuerwehr dem Schlick im Elmshorner Hafenbecken zu Leibe – mit Wasser. Die Fahrrinne der Krückau sollte so wieder schiffbar gemacht werden, auch damit die MS „Klostersande“ weiterhin auslaufen konnte.

Schon damals wurde deutlich, dass sich die Schlickablagerung in der Krückau durch die Elbvertiefung verstärkt hatte. 2022 wurde die Elbvertiefung offiziell abgeschlossen, die Fahrrinne um bis zu 1,90 vertieft. Die Krückau dagegen wird schon seit mehr als 25 Jahren nicht mehr ausgebaggert – weil die kommerzielle Schifffahrt eingestellt wurde.

Elmshorn: Vereine wollen gemeinsam das weitere Vorgehen besprechen

Die Krückau-Anrainer-Vereine wollen sich nun am 9. März zusammensetzen und gemeinsam das weitere Vorgehen besprechen. „Wir wollen herausfinden, welche Möglichkeiten wir als Vereine haben“, sagt Norbert Gülicher von der Fähre Kronsnest.

Ob die Anrainer-Vereine und das WSA noch eine gemeinsame Lösung für den Schlick in der Krückau finden, wird sich zeigen. Immerhin: Ein erster Schritt ist getan. Die Planungen für ein weiteres Treffen laufen.