EU-Projekt: Schüler aus Barmstedt und Manresa haben Migranten im Kreis und an der Costa Brava befragt

Barmstedt/Manresa. Die von Thilo Sarrazin angestoßene Debatte um die Integration von Migranten ist in Barmstedt auch ein Thema. Das Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Gymnasium will gemeinsam mit dem Institut Lluis de Peguera, einer Oberschule in Manresa nahe Barcelona, untersuchen, wie Einwanderer in Spanien und in Deutschland heute leben, denken und sich fühlen. Im März befragten die Schüler deutsche Auswanderer an der Costa Brava. Jetzt waren die Schüler aus Katalonien in Barmstedt, um Auswanderer aus Spanien nach ihren Erfahrungen zu befragen. Das internationale Comenius-Projekt wird von der EU mit 20 000 Euro gefördert.

Dabei zeigten sich zunächst viele Gemeinsamkeiten und Unterschiede im alltäglichen Leben, stellt Schülerin Christine Oswald (16) fest. So sagten fast alle der 46 befragten Deutschen in Spanien, dass sie die viele Sonne in ihrem neuen Heimatland so lieben. Während jeder der 28 befragten Spanier in Barmstedt das schlechte Wetter monierte. "Wir haben Sommer. Und es ist so kalt und regnerisch hier", wundert sich Mireia Fornell Mas (16).

Mitschüler Oriol Orrit Xarpell hat bei seinen deutschen Gasteltern noch einen elementaren Unterschied in der Lebensführung bemerkt. "Mich hat überrascht, wie früh die Deutschen zu Bett gehen. Hier wird immer schon um 18 oder 19 Uhr zu Abend gegessen. Bei uns in Spanien ist das alles viel später. Da wird es schon manchmal Mitternacht." Die Schule fängt aber auch dort um 8 Uhr morgens an. "Wenn diese festen frühen Zeiten in Deutschland nicht wären, wäre es hier perfekt", macht Oriol dem Gastland eine kleine Liebeserklärung. "Ich lerne hier viel, es ist alles so schön grün und die Gebäude sind überwiegend neu und ansehnlich."

Der Fragebogen mit den 20 Fragen soll jetzt in den nächsten Monaten ausgewertet werden. Die Ergebnisse werden zum Ende des Schuljahres in Barmstedt und in Manresa präsentiert, so Lehrerin Marylène Schubring, die das Projekt mit ihrem Kollegen Christian Schwiers leitet.

Eine Erkenntnis der Befragung sieht Elisa Chiriví aus der 11b des Weizsäcker-Gymnasiums in der unterschiedlichen Integration der jeweiligen Migranten in der Fremde. So scheinen sich die Deutschen in Nordspanien besser in die dortige Gesellschaft eingelebt zu haben als es überwiegend bei den hiesigen Spaniern der Fall sei. Das habe einen Grund darin, dass die Migranten aus Spanien vorwiegend hierhergekommen sind, um Arbeit zu finden, was auch meist gelungen ist, erklärt die Schülerin. In den Süden dagegen sind die Deutschen oft wegen des warmen Klimas gezogen oder weil sie sich verliebt haben, ergänzt Mitschülerin Pia Hillebrecht aus der 12b. "Die Mentalität spielt also eine große Rolle bei der Integration", ist Elisa Chiriví überzeugt. "Die Deutschen haben viel mehr Kontakt zu den Menschen in Spanien, weil die Spanier sie mit offenen Armen empfangen und sie dort sofort Freunde gefunden haben." Diese Erfahrung hätten viele der befragten Spanier nicht erlebt. Manche von ihnen könnten heute noch nicht die deutsche Sprache sprechen.

Wie sich dieser Kulturwandel auch am konkreten Beispiel zeigt, drücken diese Erlebnisse aus: In Spanien hätten die Anwohner einen auf einer belebten Kreuzung stehenden Verkehrspolizisten kistenweise mit Lebensmitteln beschenkt, um ihm für seine Dienste zu danken. Eine Erfahrung, die hier eher befremdlich wirken würde. Dagegen berichtete eine Spanierin, wie sie mit dem Bus versehentlich in die falsche Richtung fuhr und an der Endstation aussteigen musste, ohne zu wissen, wie sie nach Hause kommen sollte. Eine Spanierin wunderte sich über die Diskussion, dass Türken Kopftücher trügen. "Als ich in den 1960er Jahren nach Barmstedt kam, trugen hier alle Frauen Kittelschürze und Kopftuch."