Schlimmer Zusammenstoß in Holm schon das vierte Unglück im Kreis in 2015. Fahrer werden psychologisch betreut

Holm/Rellingen. Die Serie schwerer Busunfälle im Kreis Pinneberg reißt nicht ab. Am Mittwochmorgen prallte in Holm auf spiegelglatter Straße ein Gelenkbus mit einem BMW zusammen. Die Schuld an dem Unfall trägt der 22-jährige BMW-Fahrer aus Uetersen, der im Fahrzeugwrack eingeklemmt wurde und von der Feuerwehr herausgeschnitten werden musste. Er wurde ebenso wie sein 23 Jahre alter Beifahrer, der auch aus Uetersen stammt, schwer verletzt. Beide kamen in Krankenhäuser. Die 16 Insassen im Bus und die 49 Jahre alte Fahrerin kamen mit dem Schrecken davon. Es handelt sich bereits um das vierte schwere Busunglück im Kreisgebiet in 2015.

Das Fahrzeug der Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg (KViP) war als Linie 589 auf dem Weg von Uetersen zum Wedeler Bahnhof. Der schwere Unfall ereignete sich um kurz nach 6 Uhr an der Hetlinger Straße zwischen den Orten Holm und Hetlingen, etwa auf Höhe des ehemaligen Umspannwerkes. Der BMW kam aus Holm, der Fahrer verlor aufgrund der Glätte in einer langgezogenen Rechtskurve die Kontrolle über seinen Wagen. Dieser schleuderte auf die Gegenspur und prallte frontal gegen den Linienbus.

„Es war wirklich unwahrscheinlich glatt“, sagte Holms Wehrführer Lukas Krack. Seine Kameraden hätten zunächst die Fahrbahn mit Ölbindemittel abstreuen müssen, um zu den verunglückten Fahrzeugen gelangen zu können. Krack: „Zu Fuß auf der Fahrbahn zu laufen war kaum möglich.“ Die Leitstelle schickte 50 Einsatzkräfte der Wehren aus Holm und Hetlingen zum Unfallort, auch mehrere Rettungswagen und Notarztfahrzeuge machten sich auf den Weg.

„Wir mussten das Dach des Wagens abtrennen, damit der Fahrer befreit werden konnte“, so der Wehrführer. Der Mann sei während der Rettung ansprechbar gewesen, der Beifahrer habe bereits vor dem Eintreffen der ersten Kräfte das Fahrzeug verlassen können. Die Insassen des Busses hätten sich hinter der Leitplanke versammelt und seien kurze Zeit später vom Rettungsdienst untersucht worden. Weil alle wohlauf waren, konnten sie ihre Fahrt von der nächsten Bushaltestelle aus mit einem anderen Linienbus fortsetzen.

Kurz nach den Einsatzkräften traf auch Thorsten Ziehm von der KViP an der Unfallstelle ein. „Unsere Fahrerin hat noch versucht, dem Pkw auszuweichen. Das hat leider nicht mehr geklappt“, erfuhr der KViP-Sprecher. Er sei froh, dass keiner der Businsassen verletzt worden sei. „Unsere Fahrerin hat sich fürchterlich erschrocken, wir haben sie sofort aus dem Dienst genommen. Sonst ist sie wohlauf.“ An dem 18 Meter langen Gelenkbus sei ein erheblicher Schaden entstanden. „Wir schätzen die Reparaturkosten auf 70.000 bis 90.000 Euro.“ Das Fahrzeug sei jedoch noch so jung, dass sich eine Reparatur lohnen würde. Die KViP verfügt laut Ziehm über 15 Busse dieser Art.

Ein Abschlepper zog den Bus, der teilweise von der Straße gerutscht war, zurück auf die Fahrbahn. Im Anschluss wurde das Fahrzeug mit einer Polizeieskorte zum Betriebshof des Unternehmens nach Uetersen geschleppt, wo es noch am Mittwoch von einem Sachverständigen untersucht wurde. „Wir haben sehr wenige Unfälle mit unseren Fahrzeugen. Und wenn es mal einen gibt, handelt es sich meist um einen abgefahrenen Spiegel“, sagte Ziehm. Sollte es doch einmal zu einem schwereren Zwischenfall kommen, verfüge die KViP über speziell ausgebildete Mitarbeiter, die eine Betreuung der betroffenen Busfahrer übernehmen können.

VHH hat 100 Kollegen psychologisch geschult, um Unfallfahrer zu betreuen

Ein derartiges Angebot machen auch die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) ihren Fahrern, die in ein Unfallgeschehen verwickelt sind. „Wir haben mehr als 100 Kollegen, die für solche Fälle psychologisch ausgebildet sind“, berichtete Unternehmenssprecher Martin Beckmann. In extremen Fälle stehe auch eine Betriebsärztin parat, auch das Hinzuziehen von Fachärzten sei möglich. „Wir achten darauf, dass die Kollegen in der Nachsorge gut betreut sind, damit sie sich wieder angstfrei hinter das Steuer setzen können.“ Nach seiner Erfahrung bringe es den Betroffenen am meisten, wenn sie mit Kollegen über ihre Erlebnisse sprechen können.

Mit VHH-Bussen war es seit dem 31. Januar gleich zu drei schweren Unfällen im Kreis Pinneberg gekommen. In allen Fällen war die Linie 185 betroffen, zwei Unfallorte lagen in Rellingen, der dritte in Halstenbek. Erst am Dienstag war ein Fahrzeug des Unternehmens am Halstenbeker Weg in Rellingen von der Fahrbahn abgekommen, der Bus durchpflügte einen Vorgarten und kam erst an einem Haus zum Stehen. Der 25-jährige Busfahrer hatte ausgesagt, ihm sei schwarz vor Augen geworden. „Wir sind mit ihm in Kontakt“, sagte Beckmann. Auch mit dem Sohn der Hauseigentümer sei das Unternehmen in Verbindung getreten, um eine schnelle Schadensregulierung an Gebäude und Garten in die Wege leiten zu können.

Der betroffene Bus sei nicht von der Polizei beschlagnahmt und befinde sich auf dem Betriebshof in Schenefeld. „Die ersten Ersatzteile sind bereits eingetroffen. Unsere Werkstatt repariert das Fahrzeug selbst, es wird schon in einigen Tagen wieder fahren können“, so Beckmann weiter.

Am 31. Januar hatte ein VHH-Fahrer an der Altonaer Straße in Halstenbek offenbar im Anschluss an einen Hustenanfall kurz das Bewusstsein verloren. Der Bus kam von der Fahrbahn ab, zerstörte einen Carport und kam erst an einer Hauswand zum Stehen. Am 24. Februar war dann an der Ecke Halstenbeker Weg/Hempbergstraße ein 73 Jahre alter Radfahrer mit einem VHH-Bus kollidiert. Der Rentner hatte den Bus übersehen und sich lebensgefährliche Verletzungen zugezogen.