Der elfjährige Lennart leidet am Katzenschreisyndrom. In der Raboisenschule Elmshorn lernt er in seinem Tempo

Elmshorn. Es ist 17.25 Uhr, der Bus der Raboisenschule Elmshorn fährt langsam auf unsere Auffahrt. Mein Bruder Lennart, 11, steigt aus und läuft mir erfreut in die Arme. Er erzählt meiner Familie und mir von seinem Schultag. Wir müssen uns manchmal konzentrieren um ihn zu verstehen, und ihm sagen, dass er leiser sprechen muss. Denn Lennart leidet an einer Behinderung, die sich Cri-du-Chat-Syndrom – auch Katzenschreisyndrom – nennt. Deswegen besucht er auch eine spezielle Schule. In dem Förderzentrum für geistige Entwicklung ist der Unterricht auf die besonderen Bedürfnisse der Kinder abgestimmt.

Nach dem Unterricht besucht Lennart verschiedene AGs

Der Tag beginnt für uns um 5.40 Uhr. Dann heißt es für uns aufstehen und für die Schule fertigmachen, denn Lennarts Schulbus kommt bereits um 6.40 Uhr. Meine Mutter hilft Lennart beim Anziehen, denn das kann er noch nicht ganz allein. Auch beim Zähneputzen benötigt er ein wenig Hilfe. Danach geht’s runter in die Küche zum Frühstücken. Der Bus kommt so früh, weil Lennart einer der ersten Schüler ist, die abgeholt werden. Wenn er in der Raboisenschule ankommt, gibt es für ihn erst einmal Unterricht. Die Schule ist in vier Stufen unterteilt: drei Jahre Unterstufe, drei Jahre Mittelstufe, drei Jahre Oberstufe und drei Jahre Werkstufe. In dieser Stufe werden die Schüler auf die Berufsausbildung vorbereitet. Lennart besucht zurzeit die M3.

Die Klassen bestehen nur aus sechs bis zwölf Schülern, da die Lehrer auf jedes Lernverhalten eingehen müssen. Eine Klasse wird von jeweils zwei bis drei Lehrkräften und anderen Pädagogen betreut. An der Schule gibt es besondere Fächer, zum Beispiel Verbraucherbildung sowie TZU – themenzentrierter Unterricht. Im Rahmen des TZU werden verschiedene Fächer unterrichtet, die sich alle um ein Thema wie zum Beispiel die Fußball-WM oder die fünf Sinne drehen. Außerdem ist in der Unterstufe das therapeutische Reiten und in der Mittelstufe das Schwimmen ein Schwerpunkt.

Lennarts Unterricht geht von 8 bis 12 Uhr. Natürlich werden zwischendurch auch Pausen eingelegt. Zwischen 12 und 12.30 Uhr essen die Schüler zu Mittag. Anschließend hat Lennart noch einmal Unterricht, Schulschluss oder nimmt an einer AG teil. Er hat sich für drei Arbeitsgemeinschaften entschieden: Handball, Talker und Walken. Unter Handball und Walken kann sich jeder etwas vorstellen. In der Talker-AG beschäftigen sich Kinder, die nicht so gut oder gar nicht sprechen können, mit einem sogenannten Sprachcomputer, der ihnen das Kommunizieren ermöglicht. Im vergangenen Schuljahr hat er an der Fahrrad-AG teilgenommen und so das Fahrradfahren gelernt.

Zweimal in der Woche hat Lennart nach der jeweiligen AG oder dem Unterricht Ganztagesbetreuung (GTA). Dort kann er zusammen mit anderen Kindern seine Freizeit genießen, Fußball oder Spiele spielen, malen und noch vieles mehr. Dies wird auch alles sehr gut betreut. Zwischen 17 und 18 Uhr kommt er dann nach Hause. Wenn Lennart normal Schule ohne GTA hat, dann ist er zwischen 14 und 15 Uhr zu Hause. Auch wenn er zweimal in der Woche erst etwas später aus der Schule kommt, bin ich froh, dass so etwas wie die GTA angeboten wird. Denn dort kann er sich mit anderen Kindern beschäftigen und spielen. Dies kann er zu Hause nicht, da unsere Eltern dann die Verantwortung für das andere behinderte Kind hätten und die beiden die ganze Zeit beaufsichtigen müssten.

Er würde gern im Fußballverein spielen, doch das ist nicht möglich

Lennart beschäftigt sich in seiner Freizeit fast nur mit Fußball. Entweder spielt er im Garten, wo wir auch ein Tor haben, oder er spielt FIFA auf der Playstation. Seine Lieblingsmannschaft ist der FC Bayern München. Er würde gern in einem Fußballverein spielen. Das ist aber leider nicht mit der Behinderung nicht möglich. Einmal in der Woche geht er zur Logopädie, um seine Sprache zu verbessern, damit man ihn eines Tages gut verstehen kann.

Als Säugling und Kleinkind musste er mehrfach operiert werden. Zunächst musste die Kiefer-Gaumen-Spalte geschlossen werden. Dann hatte er immer wieder Probleme mit dem Trommelfell. Er bekam sogenannte Röhrchen ins Trommelfell gesetzt, damit er besser hören kann. Lennart nimmt am gesamten Familienleben teil. Mit Freude feuert er mich und meine Mannschaft beim Handball an und auch in diesem Kreis wird er akzeptiert und anerkannt. Wir als Familie hoffen, dass Lennart sich im Leben integriert und allein im Alltag zurechtkommen wird.

Luisa Kock, Klasse 9c, Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Gymnasium Barmstedt