Gewerbesteuern erneut um neun Millionen Euro eingebrochen. Einsparpläne sorgen für Frust bei Eltern und Vereinen

Wedel. In dieser Woche geht es ans Eingemachte. Erneut stehen in Wedel Einsparvorschläge zur Debatte, die harte Einschnitte unter anderem in den Bereichen Kindertagesstätten, Sportförderung, Straßenreinigung, Straßengrün und Pflege von Kinderspielplätzen bedeuten. Schon jetzt rumort es unter den davon betroffenen Eltern und Vereinen. Erster Widerstand formiert sich. Und schon jetzt ist klar: Auch wenn sich eine politische Mehrheit findet, die all diesen Vorschlägen zustimmen würde, reicht es am Ende nicht, um die gesteckten Finanzziele auch nur annähernd zu erreichen.

Schuld daran ist eine neue Hiobsbotschaft aus dem Wedeler Gewerbesektor. Die eingeplanten Steuereinnahmen für das Haushaltsjahr 2015 erfüllen sich nicht. Im Gegenteil. Wedel muss auch noch vorausgezahlte Gewerbesteuern zurückzahlen, was den Haushalt 2014 in die tiefroten Zahlen rutschen lässt. Insgesamt neun Millionen Euro umfasst das erneute Gewerbesteuerloch. Grund für die fehlenden Einnahmen ist, dass einer von Wedels großen Steuerzahlern hohe Investitionen getätigt hat, die sich auf die Bilanz niederschlugen. „Das lässt sich einfach nicht vorhersehen“, sagt Wedels Bürgermeister Niels Schmidt, der betont, dass er mit dem Unternehmen in intensivem Kontakt gewesen sei. Doch erst wenn die Bilanz stehe und das Finanzamt die genauen Zahlen melde, wissen Stadt und Unternehmen, wohin die Reise wirklich geht. „Wir sind seit 2011 Getriebene“, sagt Schmidt mit Blick auf die zahlreichen schlechten Meldungen, die Millionen Euro tiefe Löcher in Wedels Finanzplanung rissen.

Insgesamt musste Wedel seitdem einen Steuerausfall von 28 Millionen Euro verkraften. Zum Vergleich: Der gesamte Haushalt der Stadt Wedel umfasst rund 71 Millionen Euro. Davon sind für das kommende Jahr noch Einnahmen durch Gewerbesteuern in Höhe von 24,8 Millionen Euro eingeplant. Ursprünglich war die Stadtverwaltung von 13 Millionen Euro mehr ausgegangen. Zum dritten Mal in Folge schließt Wedel mit einem satten Minus das Jahr ab. 2012 fehlten fast 15 Millionen Euro, 2013 stand am Ende ein Minus von sieben Millionen Euro, und 2014 musste jetzt aufgrund des Gewerbesteuerproblems auch nach unten korrigiert werden – drei Millionen Euro Miese statt des geplanten kleinen Überschusses. „Wir hatten ein Licht am Ende des Tunnels gesehen“, sagt Schmidt. „Aber es ist wieder in weite Ferne gerückt.“

Am Ende des kommenden Jahres könnte trotz der niedrigeren Gewerbesteuereinnahmen erstmals wieder eine schwarze Zahl stehen. Das politische Ziel war allerdings sehr viel ambitionierter. Es sollte ein Überschuss von etwa 1,7 Millionen Euro erzielt werden, um die jetzt gemachten Schulden auszugleichen und die völlig aufgezehrten Rücklagen langsam wieder aufzufüllen. Dieses Ziel ist nicht mehr zu erreichen. Auch die jetzigen Sparbemühungen reichen nicht aus. Rund 600.000 Euro umfasst das neue Paket, dessen einzelne Positionen in den kommenden Tagen zur Debatte stehen. Unter anderem geht es darum, die Wedeler bei der Straßenreinigung mehr in die Pflicht zu nehmen, die finanzielle Unterstützung der Sportvereine durch die Stadt herunterzuschrauben, gefällte Bäume nicht nachzupflanzen, den Sand auf Kinderspielplätzen nicht auszutauschen, Mülleimer weniger zu entleeren.

Unmut regt sich bereits bei den Eltern. Am Mittwoch, 5. November, diskutieren die Mitglieder des Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport von 19 Uhr an im Rathaus den Verzicht auf zusätzliche sozialpädagogische Hilfe für Kitas von 2016 an. Zudem liegt der Einsparvorschlag auf dem Tisch, die Ermäßigungen bei Elternbeiträgen zu drosseln, die Ganztagsbetreuung auf acht Stunden zu begrenzen und für längere Betreuungszeiten die Eltern zur Kasse zu bitten. Das ruft den Kreiselternbeirat auf den Plan. Das Gremium kritisiert die Wedeler Pläne als familienfeindlich. Vorsitzender Andreas Paul sagt: „Inzwischen scheinen Kommunen im Kreis Pinneberg das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf vollkommen zu boykottieren. Bereits im August haben die Eltern in Wedel eine beträchtliche Erhöhung des Essensgeldes hinnehmen müssen, nun sollen berufstätige Eltern mit kleinen Kindern noch weiter belastet werden.“

Auch bei den Vereinen ist das Verständnis begrenzt. Unter anderem sehen die Sparpläne vor, dass TSV und DLRG mehr für die Nutzung der Badebucht zahlen sollen. Zudem sollen Zuschüsse zur Förderung von ehrenamtlichen Übungsleitern ohne Lizenz komplett wegfallen. Das soll 35.000 Euro bringen. Jochen Möller, Chef der DLRG in Wedel, hätte sich Gespräche im Vorwege gewünscht. „Das ist nicht zu Ende gedacht“, sagt Möller. „Bei uns gibt es keine Übungsleiter mit Lizenz vom Kreissportverband.“ Die DLRG habe eigene Qualifizierungen. Somit würde der komplette Zuschuss für Übungsleiter entfallen. Die Einbußen mit den Badebucht-Kürzungen schätzt er auf 4500 Euro pro Jahr. Möller dazu: „Das können wir nur sehr schwer verkraften.“ Das Angebot reduzieren oder die Beträge erhöhen sieht er als schlechte Lösung. „Die Zahl der Nichtschwimmer steigt. Das wäre ein falsches Signal.“