Hobbyschrauber Manfred Baier aus Kölln-Reisiek stellt seine prächtigen Oldtimer auf der Nordi Car in Horst aus

Schon als 13-Jähriger habe ich am liebsten an Motoren herumgebastelt“, sagt Manfred Baier. Und jetzt, im gesetzten Alter von 74 Jahren, kann er es immer noch nicht lassen. Diverse Mopeds, Kleinkrafträder, gleich drei BMW-Kabinenroller mit dem schönen Namen Isetta, der legendäre BMW Dixie aus den 30er-Jahren, ein betagter DKW 36, natürlich mit Zweitaktmotor, sowie einige abenteuerliche Eigenbauten gehören zu der längst nicht vollständigen Liste von Fahrzeugen, die der Rentner aus Kölln-Reisiek im Laufe der Jahrzehnte liebevoll eigenhändig restauriert hat.

Die meisten Raritäten fanden später neue Eigentümer. Doch von seinem größten Prunkstück, dem Jaguar E-Type Coupé, mag sich Baier nicht trennen: „Der ist für mich wie Herzblut. So was verkauft man nicht.“ Aber zeigen wird er die Krönung des britischen Sportwagenbaus wieder einmal, wenn am kommenden Wochenende in der Elbmarschenhalle in Horst bei Elmshorn die Nordi Car Classic veranstaltet wird (siehe Kasten). Mit seiner dunkelblauen Metallic-Lackierung, den chromblitzenden Speichenrädern, der weißen Lederausstattung und der allein 1,80 Meter langen Motorhaube dürfte der Klassiker aus England einen wahrhaft majestätisch anmutenden Eindruck beim Publikum hinterlassen.

Der Jaguar E war nicht nur in Romanen und Filmen der Dienstwagen des FBI-Agenten und G-man Jerry Cotton. Auch echte Prominente, wie die Fußballstars Günter Netzer und Franz Beckenbauer, gönnten sich die Raubkatze mit 265 PS, um dann mit maximal 239 km/h über die damals noch leeren Autobahnen zu brettern. Manfred Baier ist zwar nicht prominent, doch ihm gebührt der Ruhm, einen völlig heruntergekommenen E-Type der Serie 1 1/2 aus dem Baujahr 1968 wieder zu neuem Leben erweckt zu haben. „Rund 2500 Arbeitsstunden habe ich gebraucht, bis der Jaguar wieder so schön war wie jetzt“, erzählt der leidenschaftliche Hobbyschrauber mit berechtigtem Stolz. Der Wert des Oldtimers wird in Fachkreisen auf 45.000 Euro beziffert. Der Neupreis des E-Types, der von 1961 bis 1974 in nur 76.000 Exemplaren verschiedener Ausführung gebaut wurde, lag einst bei 26.500 Mark.

Gekauft hat Baier die Edelkarosse 1999 für 19.500 Mark. Der Jaguar hatte in Heide neun Jahre vergammelt und zerlegt in drei Teile in einer offenen Halle verbracht. „Eigentlich ist er ja fast ein Ami“, sagt der Pensionär schmunzelnd über den mit Linkslenkung und Automatik-Getriebe ausgestatteten Boliden. Der erste Besitzer war ein Farmer in Arizona. „Der hat den Jaguar wohl wie ein Pferd benutzt und ist querfeldein über seine Ranch gefahren“, vermutet Baier. Die Folge waren Schäden am Unterbau des nicht sehr geländegängigen Briten.

Der Autofan Baier ließ den zerlegten E-Type per Lastwagen nach Kölln-Reisiek schaffen. Dort begann er in der Garage seines Hauses damit, den lädierten Lulatsch wieder fit zu machen. Immerhin ist das Jaguar Sportcoupé 4,68 Meter lang. Da die enge Garagenwerkstatt sich gleich neben seinem Wohnsitz befindet, konnte Baier jede freie Minute für den Kraftakt des Wiederaufbaus nutzen. Verrostete Bodenbleche wurden mit der Flex-Trennscheibe herausgeschnitten und ersetzt, das beschädigte Getriebe wieder auf Vordermann gebracht und sämtliche Karosserieteile bis aufs blanke Blech von Lack, Rost und Grundierung befreit.

Am meisten Arbeit machte aber der Motorblock des Sechszylinders. Um diesen Kaventsmann auszubauen, installierte Baier einen Flaschenzug an einem Träger unter dem Garagendach. Weil auch nach Reparatur von Zylinderkopf und Steuerkette immer noch merkwürdige Laufgeräusche zu vernehmen waren, musste der Kölln-Reisieker die Maschine des Klassikers dreimal aus- und wieder einbauen, bis der Fehler am Pleuellager gefunden und beseitigt war und der Jaguar endlich wieder wie eine gesättigte Raubkatze zufrieden schnurrte. Bei der Arbeit am Oldtimer kam dem Rentner sein früherer Beruf als Former zugute. Damals hatte Baier Dieselmaschinen für den Schiffbau gegossen.

Auch der verrottete Innenraum des Sportcoupés wurde in der Privatwerkstatt wieder wie neu aufgearbeitet. Baier verpasste den Sitzen eine neue Polsterung und spannte auch die Lederbezüge eigenhändig drüber. Den letzten Schliff bekam der E-Type dann bei einem Spezialisten für Oldtimer-Lackierungen. Der technischen Einzelabnahme beim TÜV in Pinneberg stand danach nichts mehr im Weg. „Der Prüfer war während der Probefahrt auf der Autobahn total begeistert“, entsinnt sich Baier. „Das war für ihn der erste Jaguar E, der auch bei vollem Tempo wie auf Schienen geradeaus fährt.”

Apropos Tempo: Bei Vollgas rauschen schon mal 20 Liter Super auf 100 Kilometern durch den Vergaser des 4,2- Liter-Motors. Kein Wunder, dass Baier seine Wildkatze nur zu besonderen Anlässen laufen lässt. Alltags ist der Rentner mit restaurierten Mopeds und Kleinkrafträdern oder einem ganz gewöhnlichen VW Golf unterwegs.

Bei der Classic-Messe in Horst wird der Tüftler auch seine Kleinkraftrad-Oldtimer ausstellen. Die Kreidler Florett, Baujahr 1958, war mit ihrem 49-Kubikzentimeter-Motor und 1,3 PS damals im Gegensatz zum Jaguar E der erfüllbare Traum der jungen Generation.