Moorreger Kinderbetreuerin klagt gegen Kreis Pinneberg. Christdemokraten sprechen von faktischer Benachteiligung und wollen handeln

Pinneberg. 880 Unterschriften zählt die Onlinepetition bereits. Und täglich werden es mehr, die eine grundlegende Reform der Kindertagespflege im Kreis Pinneberg fordern und die jetzige Regelung als ungerecht, gesetzeswidrig und skandalös anprangern. Ins Rollen gebracht hat das Ganze eine Tagesmutter aus Moorrege. Claudia Plötz fühlt sich durch die Neuregelung, die seit August greift, benachteiligt und wehrt sich mit Hilfe einer Anwältin. Ein Normenkontrollverfahren gegen den Kreis Pinneberg ist bereits beim Verwaltungsgericht anhängig. Lohndumping bei vier Euro die Stunde, Erpressung der Eltern, überhöhte Beiträge, eine gesetzeswidrige Ungleichbehandlung: Die Vorwürfe wiegen schwer. Ob die Neuregelung im Kreis Pinneberg rechtswidrig ist, wird jetzt das Verwaltungsgericht in Schleswig klären.

Doch darauf will die CDU gar nicht warten. Der Elmshorner Kreistagsabgeordnete Phillipp Lohse sagt dazu: „Wir wollen nicht erst den Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens abwarten, sondern schon jetzt eine Regelung im Interesse aller Beteiligten finden.“ Er erkennt bereits an, was Plötz vor Gericht klären will: „eine faktische Benachteiligung der Tagespflege“. Bei der dürfe es nicht bleiben. Lohse, der auch jugendpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Kreis Pinneberg ist, fordert die vollständige Gleichstellung der Betreuung in Kita und Tagespflege.

Vor einem Jahr trat der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder im Alter von ein bis drei Jahren in Kraft. Theoretisch ist seitdem die Betreuung durch die Tagesmutter mit der in einer Kita gleichgestellt. Praktisch sieht es anders aus. Um die staatliche Förderung für den Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter im Kreis Pinneberg zu erhalten, müssen Eltern nachweisen, dass sie keinen Platz in einer naheliegenden Kita bekommen haben. Und das regelmäßig alle halbe Jahr, wie es in der neuen Regelung heißt. Diese Regelung will die CDU-Fraktion abschaffen. Eltern sollen eine wirkliche Wahl zwischen der Betreuung in einer Kita und bei einer Tagesmutter haben, ohne dass man ihnen Steine in den Weg lege, heißt es in der Erklärung der CDU. Lohse dazu: „Wir schätzen die Betreuung durch Tagesmütter gleichwertig mit der Betreuung in einer Kita ein.“ Tagesmütter könnten beispielsweise in vielen Fällen flexibler auf Eingangs- und Abholzeiten reagieren. Dies komme insbesondere Eltern zugute, die beide voll berufstätig seien. Ziel sei ein echtes Wahlrecht für die Eltern. Man wolle in diesem Zuge auch auf eine erneute Angemessenheitsprüfung des Betreuungsentgeltes durch die Verwaltung hinwirken, kündigen die Christdemokraten an. „Es darf nicht der Eindruck entstehen, der Kreis bevorzuge die institutionelle Betreuung von Kindern gegenüber der Pflege durch Tagesmütter“, so Lohse.

Für Angela Heinssen, die die Tagesmutter Claudia Plötz vertritt, ist das ein gutes Zeichen. Allerdings macht sie ganz deutlich, dass sie das Normenkontrollverfahren auch bei einer neuen und besseren Regelung nicht stoppen wird. „Das ist ein Musterverfahren, auf das viele Tagesmütter in Deutschland schauen. Wir werden das Verfahren laufen lassen, um die rechtliche Situation auch für die Zukunft zu klären und festzustellen“, kündigt Heinssen auf Abendblatt-Nachfrage an.

Trotzdem will sie das Gespräch suchen. Unter anderem plant Heinssen am Donnerstag, 18. September, dem Jugendausschuss beizuwohnen. Der tagt von 18 Uhr an im Konferenzraum Arboretum in Elmshorn, Kurt-Wagener-Straße 11. Dann geht es unter anderem um die Verteilung der Landesmittel für Betriebskosten zur Betreuung für Krippenkinder. Ein Kritikpunkt von Plötz und ihrer Anwältin ist, dass die Landesmittel fast ausschließlich in Kitas flossen und die Eltern zusätzlich dafür aufkommen mussten.

Wenn die Onlinepetition auf www.change.org die Tausender-Marke knackt, soll die Liste mit den zahlreichen Unterstützern an Landrat Oliver Stolz übergeben werden. Bezüglich des Normenkontrollverfahrens warten Plötz und Heinssen auf die Stellungnahme der Kreisverwaltung, die ein zweites Mal um eine Fristverlängerung bat. Plötz organisiert derweil einen Stammtisch für Tagesmütter, um sich besser zu vernetzen.