Morten Bauer zeigt Kindern, wie die wilden Kerle aus dem hohen Norden früher kämpften, lebten und arbeiteten

Die Wikinger belagern Groß Nordende. Sie werfen Speere und Äxte, schießen Pfeile ab und messen ihre Kräfte im Schwertkampf. Allerdings sind sie eher klein geraten und alles andere als furchteinflößend. Denn in Norvik, so heißt das Lager, versammeln sich vor allem Kinder aus Kitas und Schulen.

Vor elf Jahren gründeten Morten Bauer und Stefan Lösch in der 780-Seelen-Gemeinde das Wikingerlager für Kinder und Jugendliche. Die Erzieher gaben ihre Jobs auf und machten sich mit ihrem Hobby selbständig. „Wir haben das Thema Wikinger immer auch schon in unsere Arbeit in einer Behinderteneinrichtung und der Familienhilfe einfließen lassen“, sagt Bauer, der das Projekt allein leitet, seit sein Geschäftspartner vor fünf Jahren wieder ausgestiegen ist. Ein Jahr später pachtete Bauer von der Gemeinde ein Stück Land und zog vom Bauerhof auf das Gelände zwischen Gemeindehaus und Kindergarten. „Die Gemeinde hat mir auch beim Bauantrag für den Unterstand geholfen“, sagt er.

Seitdem wirft er auf Kindergeburtstagen, Kita- und Schulausflügen Speere, Sax und Axt, schießt mit selbstgebauten Pfeilen und Bogen. Der Kreisjugendring und die Familienbildungsstätten in Elmshorn und Wedel nutzen das Angebot regelmäßig in den Ferien. Bauer fährt auch zu Schulen, wenn diese schlecht an öffentliche Verkehrsmittel angebunden sind. Außerdem tourt er fünf oder sechs Mal im Jahr durch die Lande und eröffnet auf Stadtfesten sein Wikinger-Kinderdorf.

Dann erzählt er den Besuchern aus dem Leben der Wikinger. „Sie waren eine Kultur der Seefahrer, die bis zum elften Jahrhundert die Küsten Europas entdeckten, sogar bis Amerika segelten und sich dabei an den Sternen orientierten“, sagt Bauer. Eine beeindruckende Leistung, die leider oft zu wenig Beachtung finde. Vielen seien die Wikinger vor allem als wilde Barbaren bekannt, die auf ihren Beutezügen raubten und plünderten. Doch das sei nur die halbe Wahrheit, so Bauer.

Morten Bauer erzählt den Kindern auch von Handel, Handwerk und Kulturen

Denn die Wikinger waren nicht nur in kriegerischen Absichten unterwegs, sondern sie waren auch Händler, die in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends nach Christus Küstengebiete und Inseln Europas anliefen, teilweise kolonialisierten und in Europa und im Orient ein dichtes Handelsnetz errichteten. Sie tauschten Güter wie Honig, Wachs, Bernstein, Felle, Tierhäute und Waffen gegen Edelmetalle, Silber, Seide, Brokat, Gewürze, Helme und Rüstungen. „Sie lernten auch von anderen Kulturen“, sagt Bauer. An diesem Punkt knüpft die Pädagogik an. „Wenn ich Kinder mit Migrationshintergrund hier habe, erzähle ich ihnen am liebsten aus diesem Teil der Geschichte“, sagt der 45-Jährige.

Auch bei der Kleidung räumt Bauer mit Klischees auf. „Kein Wikinger trug Hörner am Helm“, sagt er. Die Kinder seien über diese Tatsache meist etwas enttäuscht. Schließlich trägt Zeichentrickheld Wickie ja auch einen Hörnerhelm. Bauers Berufsbekleidung ist übrigens ein Schulterkragen-Gugel, eine Zipfelmütze aus gegerbten Fischleder und Schnüre, die er um die Waden wickelt. „Mit ihnen haben die Wikinger damals gezeigt, dass sie wohlhabend waren.“ Denn die handgeknüpften Bänder konnte sich nicht jeder leisten.

Und die wilden Kerle aus dem Norden seien begabte Handwerker gewesen. Auf Klassenfahrten übernachten die Schüler in Wikingerzelten. Bauer schmiedet dann mit ihnen Messer oder Kettenanhänger, schleift Bernstein, stellt Trinkhörner her oder verziert ein Essbrett mit Schnitzereien. Auf Wunsch organisiert er auch eine Wikinger-Schatzsuche im Wald. Gegessen wird eine Gemüsesuppe aus dem großen Kessel über offenem Feuer, das mit Zündsteinen entfacht wurde. Dazu gibt es frisches Brot. Statt Met werden Schorlen aus Holz- und Tongefäßen getrunken. Nur die sanitären Anlagen sind nicht mittelalterlich.

Bauers Freundin Carmen Schreiber teilt seine Leidenschaft fürs Mittelalter und betreibt im Dorf einen Mittelalterladen. Sie sind längst nicht die einzigen im Kreis, die die Vergangenheit regelmäßig auferstehen lassen. „Die Faszination fürs Mittelalter hat deutlich zugenommen“, sagt Bauer. In Uetersen haben sich zum Beispiel die Freyen Soltner zu Ueterst End zusammengeschlossen. Die etwa 20 Burschen der Gruppe trainieren regelmäßig mit historischen Waffen und zeigen ihre Kampfeskunst auf Märkten. Die vielen Mittelalterfans werden auch am Wochenende in Barmstedt auf der Schlossinsel Rantzauer See auf ihre Kosten kommen.

Wer sich mit seinen Kindern im Wikingerdorf Norvik anmelden möchte, erreicht Morten Bauer unter Telefon 04122/977543 oder per Mail an mortennorvik@aol.com . Ein vierstündiger Kindergeburtstag mit bis zu zehn Kindern kostet beispielsweise pauschal 140 Euro, ein Schulausflug für einen Vormittag pro Kind sieben Euro.