Investor plant am Kirchstieg vier Gebäude und generationenübergreifendes Projekt. Wedeler Kommunalpolitiker fordern mindestens 30 Prozent geförderten Wohnungsraum unterzubringen.

Wedel. Udo Möller hat einen Traum, dem er nach vielen Mühen, Planungen und Kämpfen so nah ist wie nie zuvor. Der 67 Jahre alte Witwer möchte einen neuen Lebensabschnitt beginnen, sein großes Haus in der Moorwegsiedlung verkaufen und in einem generationenübergreifenden Wohnmodell leben. Vor zweieinhalb Jahren gebar Möller zusammen mit einem Freund die Idee, ein solches Projekt auch in der Rolandstadt zu initiieren. Ein Investor wurde gefunden, zahlreiche Mitstreiter auch. Schwieriger gestaltete sich die Standortfrage. Doch wenn alles nach Plan verläuft, könnten Möller und seine zukünftigen Nachbarn im Frühjahr 2014 auf dem Areal am Kirchstieg den Spatenstich feiern.

"Derzeit befinden wir uns noch in Abstimmungsgesprächen mit der Stadtverwaltung", sagt Möller. Es geht um Fördermittel, Zufahrten, Gebäudehöhen, Sichtachsen und Wohneinheiten. Aufgrund der Forderung der Wedeler Kommunalpolitiker, mindestens 30 Prozent geförderten Wohnungsraum unterzubringen, wurden die Zeichnungen auch noch einmal überarbeitet. "Es muss sich ja auch rechnen", so Möller. Erst dann kann der Kaufvertrag für das städtische Grundstück unterzeichnet werden.

Die Option auf die Fläche zwischen Rudolf-Höckner-Straße und der Seniorenanlage Heinrich-Gau hat die Bietergemeinschaft alter Ochsenmarkt um Initiator Möller nach harten und langwierigen Verhandlungen Ende April endlich errungen. 7000 Quadratmeter städtischer Grund mitten im Herzen der Stadt, am Geesthang gelegen, mit unverbautem Blick auf die grünen Weiten Wedels: Vier Investoren wollten sich dieses Filetstück nicht entgehen lassen. Am Ende schaffte es die Bietergemeinschaft, die sich nach der einstigen Nutzung des Areals als Platz für den jährlichen Ochsenmarkt der Stadt benannte, den umkämpften Zuschlag zu bekommen.

1,8 Millionen Euro fließen in den Grundstückserwerb. Mit weiteren zehn Millionen Euro beziffert Möller das Investitionsvolumen für die geplanten vier Gebäude. In den bis zu viergeschossigen Komplexen sollen etwa 40 Wohnungen entstehen. Zudem sind eine Tiefgarage mit bis zu 80 Stellplätzen und ein Kinderspielplatz geplant. Zudem gibt es Pläne des Investors, dessen Name Möller nicht preisgeben will, auch das angrenzende Heinrich-Gau-Heim zu kaufen. Die vier Gebäude, in denen die Johanniter eine Seniorenanlage betreiben, gehören zu einem Immobilienfonds und stehen zum Verkauf. Am 15. Juli entscheidet sich, ob der ganz große Wurf gelingen und das Neubauprojekt in Zusammenhang mit dem angrenzenden Grundstück geplant werden kann. Unter anderem gibt es Überlegungen, eine gemeinsame Wärmeversorgung über ein Blockheizkraftwerk einzurichten.

Was auf jeden Fall klar ist: Das zum Kirchstieg gelegene neue Gebäude wurde für das generationenübergreifende Wohnprojekt reserviert. Etwa 15 Wohnungen, eine Gemeinschaftsküche, ein Aufenthaltsraum und eine Bibliothek sollen dort entstehen und von der WG der Zukunft genutzt werden. Fünf dieser Wohnungen sollen auch behindertengerecht gestaltet sein. Alle Wohnungen werden dank Leichtbauwänden auch schnell den Bedürfnissen wechselnder Bewohner angepasst werden können.

Über mangelndes Interesse an dem Projekt kann sich Möller nicht beklagen. Ganz im Gegenteil. Obwohl er öffentlich bislang nicht einmal in Erscheinung trat, klingelt ständig sein Telefon. Es standen auch schon Interessenten vor seiner Haustür. "Der Bedarf nach solchen Wohnformen ist sehr hoch", sagt Möller. Derzeit umfasst die Liste von möglichen Bewohnern etwa 15 Leute im Alter von 35 bis 67 Jahren. Wer hier einmal frühestens 2015 einzieht, entscheidet am Ende die Gruppe selbst. "Wir werden wohl eine Art Baugenossenschaft gründen. Der Vorstand muss dann eine Satzung ausarbeiten und die Belegungsrechte verwalten", erklärt Möller.

Wen er sich als Mitbewohner wünscht? Vielleicht eine alleinerziehende Mutter. Dann könne er sich nützlich machen und auf die Kinder aufpassen. "Wenn man so allein in einem Haus lebt, kann das zur Gruft werden", sagt der ehemalige Reiseveranstalter. Seit dem plötzlichen Tod seiner Frau vor vier Jahren bewohnt der Rentner nur noch das Erdgeschoss seines Einfamilienhauses in der Wedeler Moorwegsiedlung. Mit Blick auf den großen Garten, in dem die Hecke wuchert, sagt er: "Ich freue mich auf den Umzug."