Ende 2014 beginnt der Ausbau. Lange Staus auch auf der A 23 befürchtet. Es fehlt an Konzepten für den Ausweichverkehr. Kreise wollen rechtzeitig beginnen, das zu erwartende Chaos auf den Straßen in Grenzen zu halten.

Pinneberg/Segeberg. Ein gutes Jahr vor Beginn des sechsspurigen Ausbaus der Autobahn 7 sind die Behörden alarmiert: Befürchtet wird in Schleswig-Holstein und Hamburg ein stark erhöhtes Verkehrsaufkommen, weil auf der Autobahn abschnittsweise gebaut wird. Zwischen Hamburg und Bordesholm kommt es von 2014 bis voraussichtlich 2022 zu erheblichen Verkehrsbehinderungen - doch nicht nur dort, fürchtet Andreas Köhler, zuständiger Fachbereichsleiter in der Kreisverwaltung Pinneberg. "Wer kümmert sich eigentlich um die A 23?"

Schon heute nutzen täglich Zehntausende von Fahrzeugen die A 23. Vor dem Kreuz Hamburg-Nordwest, wo die A 23 in die A 7 einmündet, staut sich der Verkehr regelmäßig viele Kilometer bis ins Kreisgebiet zurück. Sollten die Bauarbeiten beginnen, könnten sich die Staus sogar bis in den Kreis Steinburg hinein erstrecken, zumal damit zu rechnen ist, dass Auto- und Brummifahrer versuchen werden, über Landstraßen zur A 23 oder beispielsweise über die B 4 auszuweichen, um dann wieder auf die A 7 zu stoßen. Hinzu kommt, dass - voraussichtlich leicht zeitversetzt - auf dem Hamburger Gebiet noch der achtstreifige Ausbau der A 7 bis zum Elbtunnel erfolgen soll.

Betroffen ist außer dem Kreis Pinneberg vor allem der Kreis Segeberg. Daher wollen die beiden Kreise rechtzeitig beginnen, das zu erwartende Chaos auf den Straßen in Grenzen zu halten. Geplant ist eine zentrale Koordinierungsstelle, in der auch betroffenen Ortschaften mitwirken können, um die Folgen des Ausbaus für die hiesige Region in Grenzen zu halten. Das nächste Treffen soll im Juli stattfinden.

Es soll dabei nicht nur darum gehen, die Baumaßnahmen zu begleiten und Umleitungsstrecken zu koordinieren. Gleichzeitig wollen die Beteiligten überlegen, wie die Verkehrsbelastung auf der A 7 reduziert werden kann, etwa durch eine Verbesserung des Schienenverkehrs. Der Ausweichverkehr soll gesteuert oder, wenn möglich, weitgehend vermieden werden. Eine Landesgrenzen übergreifende Planung fordert auch der Verkehrsexperte der Hamburger CDU, Klaus-Peter Hesse, der das Chaos förmlich auf Hamburg und Schleswig-Holstein zurollen sieht. "Das wird vier- bis fünfmal schlimmer als beim Ausbau der A 1 zwischen Hamburg und Bremen." Die Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion fordert von den Landesregierungen einen "ehrlichen Umgang" mit den Problemen und schlägt ein übergreifendes Verkehrsleitsystem vor.

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer, SPD, hat in Neumünster bei einer Informationsveranstaltung zum sechsstreifigen Ausbau der A 7 zwischen Bordesholm und Hamburg an alle Beteiligten appelliert: "Das ist eine große Herausforderung für Planer und Baufirmen, aber auch für die Menschen im Land. Wir werden diese Herausforderung meistern, aber wie jede Großbaustelle wird auch dieses Projekt mit Belastungen für die Menschen und die Wirtschaft verbunden sein."

Die Planer wollen unter anderem Lehren aus dem Bau der A 1 zwischen Hamburg und Bremen ziehen, so Meyer, zur Bauzeit ein verbessertes ÖPNV-Angebot bereithalten und gemeinsam mit Hamburg und den lokalen Medien ein Informationsportal für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Bei dem in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) angelegten Projekt werden während der Bauzeit grundsätzlich vier Fahrstreifen mit einer Mindestbreite von 3,25 Meter für die rechten und 2,85 Meter für die linken Fahrstreifen zur Verfügung stehen. Ebenso wird dem noch zu bestimmenden Konzessionär die maximale Baustellenlänge von zwölf Kilometern und die Mindestlänge der sogenannten Erholungsstrecken von fünf Kilometern vertraglich vorgegeben.

Eine Verbesserung des ÖPNV-Netzes während der Bauzeit soll im Dezember 2014 starten mit dem "Netz Mitte", das eine erhöhte Kapazität insbesondere auf den Schienenstrecken Hamburg-Kiel und Hamburg-Flensburg vorweist. Der heutige Stundentakt zwischen Kiel und Hamburg wird auf einen durchgehenden Halbstundentakt verdichtet, der Zweistundentakt nach Flensburg in einen Stundentakt umgewandelt. Auch für den Straßengütertransport könnte die Schiene eine Alternative darstellen.

Auf kommunaler Ebene könnten laut Andreas Köhler mehr Park-&-Ride-Plätze an den Bahnhöfen errichtet werden, um einen leichteren Umstieg vom Auto auf die Schiene zu erreichen. Mitfahrangebote wie das Pendlerportal sollen stärker beworben werden, zudem könnte eine Internet-Seite für die Region über alles Aktuelle informieren.

Für die Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Kiel, Ines Kitzing aus Rellingen, ist die Dimension des Problems enorm. "Ich appelliere an das Land, beim Ausbau der A 7 weiterhin den engen Kontakt mit der Wirtschaft zu suchen und je nach Baufortschritt auch regionale Besprechungen und Informationsrunden mit örtlich betroffenen Unternehmern einzurichten."