Sieger aus Architektenwettbewerb gekürt. Erstmals liegen Pläne vor, wie das von Vattenfall geplante Innovationskraftwerk an der Elbe einmal aussehen könnte. Bürgerinitiative kritisiert massiven Bau.

Wedel. Die einen preisen es als eine große Chance für die Stadt, die anderen verteufeln es als riesige Zumutung. Es ist einfach das umstrittenste Bauprojekt Wedels. Jetzt liegen erstmals Pläne vor, wie das von Vattenfall geplante Innovationskraftwerk an der Elbe denn einmal aussehen könnte. Die Architektengemeinschaft Henn aus München und Topotek 1 aus Berlin setzte sich in einem von Bauherr Vattenfall aufgelobten Wettbewerb gegen die sieben Konkurrenten durch. Die fünfköpfige Jury aus Vertretern von Vattenfall, der Stadt und weiteren Architekten kürten den Entwurf nach einem achtstündigen Vorstellungs- und Entscheidungsmarathon einstimmig zum Sieger. "Der Entwurf überzeugte mit einer vollständigen Verglasung der elbseitigen Fassade und einer funktionalen Gestaltung des Geländes, die auch die denkmalgeschützte Maschinenhalle gut integriert", erklärt Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow.

Den Gewinnern brachte die Entscheidung 10.000 Euro ein. Denn mit dieser Summe war der erste Preis dotiert. Für die Wedeler bringt die Siegerehrung eine Ansicht dessen, was in den kommenden Jahren auf dem rund 400.000 Quadratmeter großen Kraftwerksgelände am Tinsdaler Weg entstehen soll. Das von Vattenfall geplante neue Gaskraftwerk wird auf dem derzeitigen zwei Hektar großen Steinkohlelager gebaut. Vorgelagert stehen die Luftkondensatoren. Durch die Verschiebung nach Norden entsteht Platz an der Elbe und der kommt allen zugute. Denn der Energieriese hat bereits vertraglich zugesichert, dass ein breiter Streifen öffentlich gemacht wird.

Der Siegerentwurf sieht auf dieser südlich gelegenen Fläche eine Promenade und einen über Stufen erreichbaren Grünstreifen vor. Mehr als zwei Hektar gibt Vattenfall laut Sprecherin Meyer-Bukow dafür ab. Zukünftiger Hingucker: Der seit Jahrzehnten stillgelegte eiserne Kran, der am Elbufer steht, soll als Industriedenkmal erhalten bleiben.

Diese schönen Aussichten stoßen bei der Bürgerinitiative (BI) "Stopp! Kein Mega-Kraftwerk Wedel" auf wenig Vorfreude. Die Gruppe, die nach eigenen Angaben etwa 200 Mitglieder zählt, kritisiert in einem Schreiben das derzeit geplante Bauwerk als viel zu massiv. Die großen Gebäude passten sich nicht der Umgebung an. "Hier wird ein weithin sichtbarer Schandfleck in einem Naherholungsgebiet direkt an der Elbe geplant", so die BI. Die Kritiker befürchten, dass die aus ihrer Sicht überdimensionierten Bauwerke später einmal nachgerüstet werden. Besonders skeptisch macht die Mitglieder der Initiative, der sich auch viele Anwohner des angrenzenden Wohngebietes angeschlossen haben, dass Vattenfall im Februar zurückruderte und kleinere Bauvorhaben versprach. Die BI kündigt an zu klagen, wenn die Genehmigungsbehörde in Kiel-Flintbek dem Projekt in dieser Form grünes Licht gibt.

Der Energieriese lässt sich davon nicht erschüttern. Das Unternehmen will jetzt mit dem Sieger des Wettbewerbs in die Gespräche zur Umsetzung der Planung des Bauprojektes einsteigen. Rund 500 Millionen Euro will Vattenfall in die Anlage investieren, mit der vor allem Hamburger Haushalte mit Wärme versorgt werden. 2016 soll das Gaswerk ans Netz gehen. Anschießend beginnt der Rückbau des alten Kohlemeilers. Für die Anwohner bedeutet das eine bis zu sechsjährige Bauzeit. Umso mehr drängen sie auf lärmmindernde Maßnahmen wie eine Lärmschutzmauer, die von Vattenfall als unverhältnismäßig abgelehnt wird.

Doch bis zum Baubeginn gibt es noch einige Hürden zu nehmen. Zum einen muss die Genehmigungsbehörde dem Projekt grünes Licht geben. Vattenfall rechnet mit einer Entscheidung in der zweiten Hälfte des Jahres. Zudem muss die Vattenfallzentrale auch der Millionen-Investition am Standort Wedel zustimmen. Außerdem steht in Hamburg noch eine Entscheidung über die Zukunft der Netze aus. Der Ausgang des Volksbegehrens am 22. September der Initiative "Unser Hamburg - unser Netz" wirkt sich auch auf die Zukunft des Wedeler Standortes aus.

Unklar ist zudem auch noch, wie es mit der unter Denkmalschutz stehenden Fabrikhalle des alten Steinkohlekraftwerkes weitergeht. Das Industriegebäude des Architekten Bernhard Hermkes, der in Hamburg vielen Gebäuden wie den Grindelhochhäusern und der Kennedy-Brücke seinen Stempel aufsetzte, muss erhalten bleiben. Ein Wettbewerb soll klären, ob die Fabrikhalle später einmal Kunst und Kultur eine Bühne bietet oder zum Beispiel eine Erlebniswelt einzieht. Unklar ist auch noch, ob die angrenzenden Verwaltungsgebäude inklusive Kantine stehen bleiben.