Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen einen 51 Jahre alten Quickborner Psychotherapeuten wegen sexueller Übergriffe auf junge Frauen.

Quickborn. Seine Praxis muss ein Quickborner Psychotherapeut möglicherweise gegen eine Gefängniszelle eintauschen. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den 51-Jährigen erhoben. Der Vorwurf wird schwer - und er könnte im Fall einer Verurteilung eine mehrjährige Haftstrafe nach sich ziehen. Der Diplom-Psychologe soll sexuelle Handlungen an Patientinnen vorgenommen haben. Trotz der Vorwürfe, die bereits seit 2011 aktenkundig sind, praktiziert er weiter.

"Bei den Opfern handelt es sich um drei Frauen im Alter zwischen 17 und 21 Jahren", sagt Oberstaatsanwalt Uwe Dreeßen, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe. Die vorgeworfenen Taten hätten sich laut Anklage zwischen Februar und Dezember 2010 in der Quickborner Praxis des Mannes abgespielt. "Wir werfen dem Beschuldigten vor, in sechs Fällen sexuelle Handlungen an Personen vorgenommen zu haben, die ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut waren", so Dreeßen weiter. Dafür drohen dem 51-Jährigen im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren - und zwar pro Fall. Der Quickborner habe zudem das bestehende Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient ausgenutzt, um seine Taten begehen zu können und in drei der sechs Fälle Bild- und Tonaufnahmen gemacht.

Dreeßen: "Damit hat der Beschuldigte den höchstpersönlichen Lebensbereich der Patientinnen verletzt." In zwei weiteren angeklagten Fällen seien von dem Arzt unbefugt Bild- sowie Tonaufzeichnungen von Patientinnen angefertigt worden, ohne dass es zu sexuellen Übergriffen kam. Diese fünf Taten werden mit Haftstrafen bis zu zwölf Monaten, in schweren Fällen bis zu drei Jahren sanktioniert.

Der Psychotherapeut behandelt Privat- und Kassenpatienten. Er bietet Einzel, Gruppen, Paar- sowie Familientherapie an und ist Mitglied der Psychotherapeutenkammer mit Sitz in Kiel. Dort meldeten sich betroffene Patientinnen. Die Kammer schaltete die Staatsanwaltschaft ein. Die Ermittler durchsuchten die Praxis des Psychotherapeuten und beschlagnahmten seinen Computer. Darauf fanden sie offenbar heimlich aufgenommene Fotos von Patientinnen, die leicht bekleidet oder nackt waren und sexuell motivierte Posen einnahmen. "Wir haben umfangreiche Dateien sichergestellt und ausgewertet. Die Anklageerhebung ist bei der Großen Strafkammer des Landgerichts Itzehoe erfolgt", so Dreeßen. Er gehe davon aus, dass die Kammer das Verfahren in Kürze eröffnet. Wann es zum Prozess kommen könnte, ist noch unklar.

Die Psychoterapeutenkammer wandte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe an die Approbationsbehörde beim Sozialministerium in Kiel. Diese ordnete Mitte 2011 an, dass die Approbation für den 51-Jährigen mit sofortiger Wirkung ruht. Seitdem durfte er nicht mehr praktizieren, weder Kassen- noch Privapatienten behandeln.

Der Mediziner legte Widerspruch ein und beantragte in einem Eilverfahren, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wieder in Kraft zu setzen. Das Verwaltungsgericht Schleswig gab ihm am 1. September 2011 Recht. Seitdem ist die Praxis wieder offen. Der 51-Jährige verfügt weiter über eine Approbation - und auch über die kassenärztliche Zulassung, die separat hätte entzogen werden können. Inhaltlich hat sich das Verwaltungsgericht mit der Frage, ob ein Ruhen der Approbation angesichts der Vorwürfe rechtmäßig wäre, bis heute nicht befasst. "Ein Termin für das Hauptsacheverfahren ist bisher nicht anberaumt", sagt Gerichtssprecher Malte Sievers. Er hält es für vorstellbar, dass die Richter das Verfahren so lange zurückstellen, bis die strafrechtliche Seite abgeschlossen ist.

Auch die Psychotherapeutenkammer wird erst nach Abschluss des Strafverfahrens entscheiden, ob sie gegen ihr Mitglied berufsrechtliche Sanktionen eileitet. "Wir könnten einen deutlich fünfstelligen Geldbetrag verhängen", sagt Vize-Präsident Bernhard Schäfer. Der Fall habe, was das Medieninteresse angeht, weite Kreise gezogen, so Schäfer. "Es handelt sich aber um einen absoluten Ausnahmefall. Man kann weiter ruhigen Gewissens zum Psychotherapeuten gehen."