Die Kreisverwaltung denkt um und kooperiert im betrieblichen Gesundheits-Management mit der Krankenkasse.

Kreis Pinneberg. Die Kreisverwaltung geht beim Gesundheitsschutz ihrer 650 Mitarbeiter neue Wege. Die Befragung, an der sich im Mai vergangenen Jahres 80 Prozent der Belegschaft beteiligten, hatte alarmierende Zahlen geliefert. Demnach arbeiten zwei von drei Kollegen in der Kreisbehörde unter Zeitdruck, jeweils 40 Prozent klagen über zu hohe Arbeitsbelastung und zu viel Unruhe. 80 Prozent gaben sogar an, dass sie trotz gesundheitlicher Beschwerden zur Arbeit kämen. Gleichzeitig fühlte sich ein hoher Anteil von seinen Vorgesetzten nicht ausreichend wertgeschätzt.

"Dies ist nur die Spitze des Eisbergs. Das knallt uns irgendwann um die Ohren", sagt Stefanie Ewert, Projektleiterin für Gesundheitsschutz. Vor allem der Präsentismus, dass eigentlich kranke Mitarbeiter sich zur Arbeit schleppten, sei ein großes, unterschätztes Problem. "Wenn die sich dann krankmelden, ist es meist zu spät", warnt Stefanie Ewert. Dann fielen diese Mitarbeiter oft lange aus, was wiederum die Arbeitsbelastung der Kollegen erhöhe. Ein Teufelskreis, der sich zunehmend verstärkt.

Erschwerend komme hinzu, dass die Verwaltung immer älter werde. Zurzeit seien die Mitarbeiter im Durchschnitt 44 Jahre alt, berichtet Kreissprecher Marc Trampe. In zehn Jahren werde dieser Wert wohl auf 54 steigen. Das liege daran, dass nur wenig junge Kräfte nachwüchsen. Voriges Jahr bildete die Behörde noch zehn junge Menschen aus. In diesem Jahr sind es nur noch sechs. Der Kreis muss sparen. Das trifft die Ausbildungsquote nachhaltig.

Diese dramatische Entwicklung hat die Kreisverwaltung zum Umdenken und Umsteuern bewegt. "Das Ziel muss sein, dass unsere Mitarbeiter gesund zur Arbeit kommen, die Krankentage sinken und wir ein attraktiver Arbeitgeber bleiben", sagt Projektleiterin Stefanie Ewert.

Dafür hat sich die Behörde nun professionelle Hilfe von außen geholt. Gemeinsam mit der Barmer Gesundheitskasse (BGEK) wird nun ein nachhaltiges Gesundheitsmanagement im Hause installiert, das eine Doppelstrategie fährt: Der einzelne Mitarbeiter soll sich mehr bewegen, die Führungskräfte werden in speziellen Seminaren darin geschult, wie sie das Arbeitspensum und das Arbeitsumfeld ihrer Mitarbeiter so organisieren, dass diese sich wohlfühlen und weniger Stress empfinden.

"Der Schlüssel zum Unternehmenserfolg sind gesunde und motivierte Mitarbeiter", sagt BGEK-Bezirksgeschäftsführer Werner Siedenhans. 20 größere Firmen berät seine Krankenkasse im Kreis Pinneberg. "Wir werden die Firmen weiter bei der Gesundheitsförderung unterstützen und unsere Präventionsangebote intensivieren." Am meisten nachgefragt würden Kurse zur Stressbewältigung am Arbeitsplatz und gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung, sagt der Experte.

Das gilt auch für die Kreisverwaltung. So gibt es jetzt einen Arbeitskreis Gesundheit, dem neben dem Betriebsarzt, dem Betriebs- und Personalratrat, die Gleichstellungsstelle, die Fachbereichsleitung Soziales und Vize-Landrat Lutz Degener angehören. Dieses Gremium bespricht mögliche Problemfelder und Angebote. "Ich bin erstaunt, wie fortschrittlich unsere Kreisverwaltung reagiert", sagt CDU-Abgeordneter Degener, der dabei aufpasse, "dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen und sich aus internen Budgets oder Zuschüssen der Barmer speisen".

Die Mitarbeiter sind aufgerufen, sich an den Betriebssportgruppen Fußball, Laufen, Bowling, Radfahren und Tischtennis aktiv zu beteiligen. Davon machten bereits 50 Kollegen regen Gebrauch, sagt Kreissprecher Trampe, der selber die Fußballgruppe leitet. Die Kollege träfen sich auch nach der Arbeit zum Laufen oder Radfahren. Ein Bowling-Cup wurde veranstaltet, am Barmstedter Stadtlauf teilgenommen. Manche gingen auch gemeinsam ins Fitness-Studio, berichtet Projektleiterin Ewert. "Die Begeisterung, etwas für die eigene Gesundheit zu tun, ist da."

Parallel dazu bietet die Barmer Workshops in der Verwaltung an. So gab es bereits Qigong-Kurse und Angebote, die sich Moving und aktive Mini-Pause nennen, erklärt Siedenhans. Mit einfachen Übungen könnten da die Mitarbeiter ihre Sitzhaltung verbessern, den Rücken schonen.

Das Selfcare-Training für die 24 Führungskräfte, um diese zu sensibilisieren, auf die mentale Fitness ihrer Mitarbeiter, das Betriebsklima und die Arbeitsbelastung zu achten, sei gut angelaufen. Nächste Woche wolle auch der Landrat mitmachen, so Siedenhans. "Was der Kreis Pinneberg bei der Gesundheitsförderung macht, ist vorbildlich. Da können sich andere Kommunen noch was abschauen."

Im Landesvergleich steht der Kreis noch gut da. So liegen die Krankheitsquoten in den Kreisen Pinneberg und Stormarn weit unter dem Bundesdurchschnitt, wo ständig 42 von 1000 Beschäftigten krankgemeldet sind. "Das zeigt uns", glaubt Siedenhans, "dass Beschäftigung und Arbeitsstress ihre positiven Seiten haben können."