Die 19 Jahre alte Lisa Braasch verbrachte zwei Monate in Brasilien. Die Hamburgerin unterstützte dort den Schutz von Meeresschildkröten.

Wer träumt nicht mal davon, die feucht-kalten Wintertage Deutschlands hinter sich zu lassen und stattdessen zwei Monate am brasilianischen Strand zu verbringen? Lisa Braasch träumte nicht nur davon, denn für sie wurde dieser Traum Realität. Vom 2. November bis zum 31. Dezember des vergangenen Jahres unterstützte die 19 Jahre alte Hamburgerin das Meeresschildkröten-Hilfsprojekt Tamar an der Nord-Ost-Küste Brasiliens.

Bevor es in die kleine Stadt Pirambu im brasilianischen Bundesstaat Segipe ging, kam Lisa aber erst mal nach Haseldorf. Nach dem Abitur wollte sie gerne ein freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ) beim Naturschutzbund (Nabu) Elbmarschen machen. Schutzgebietsbetreuer Uwe Helbing stellte vor sechs Jahren einen Kontakt zum Projekt Tamar her. Wieso Brasilien? "Meine Frau ist Brasilianerin, ich habe selbst längere Zeit dort gelebt und konnte so die nötigen Kontakte knüpfen", sagt Helbing. Seitdem wird jedes Jahr eine der drei FÖJ-Stellen des Nabu Elbmarschen inklusive dem Austausch nach Brasilien ausgeschrieben.

"Ich habe mich damals ganz bewusst auf diese Stelle beworben", sagt Lisa Braasch. Bereits im Alter von 14 Jahren verbrachte sie ein ganzes Jahr im größten Land Südamerikas und lernte bei ihrem Aufenthalt Portugiesisch. Der Landessprache Brasiliens mächtig zu sein, habe ihr bei ihrem zweimonatigen Praktikum in Pirambu sehr geholfen, sagt Lisa. "Die wenigsten Menschen bei Tamar oder in Pirambu sprechen Englisch. Verständigen kann man sich deshalb fast nur auf Portugiesisch."

Zwei Monate Brasilien, Strand und Meer, das klingt nach Erholung pur. Für Lisa war der Aufenthalt dort aber alles andere als bloße Entspannung. "Wir haben praktisch Tag und Nacht gearbeitet, geschlafen wurde nur, wenn zwischendurch mal Zeit war", sagt Lisa. Das Projekt Tamar widmet sich dem Schutz von Meeresschildkröten, insbesondere der Oliv-Bastardschildkröte. Der Strand von Pirambu ist eines der größten Nistgebiete dieser Art. Zwischen September und März legen die Schildkröten ihre Eier am Strand ab, die Hauptzeit liegt zwischen Dezember und Januar. In Scharen kommen die Tiere nachts aus dem Meer an den Strand, graben Löcher in den Sand und legen dort ihre Eier ab.

Gemeinsam mit einem sechsköpfigen Team fuhr Lisa nachts den brasilianischen Strand ab, um nach Schleifspuren, Nestern oder Schildkröten zu suchen. "Wenn wir ein Tier fanden, mussten wir es auf Krankheiten und Verletzungen untersuchen", sagt Lisa. "Außerdem mussten wir die Tiere unter beiden Achseln markieren, damit wir sie erkennen können, wenn sie eines Tages wieder zurückkommen." Die Schildkröten befinden sich während der Eiablage in einem Trancezustand, sodass sie von der Prozedur kaum etwas mitbekommen. Die gesammelten Daten wurden in Tabellen und Statistiken festgehalten und ausgewertet.

Auch die gefunden Schildkröten-Nester wurden markiert und durch Plastiknetze vor Füchsen auf Nahrungssuche geschützt. "Die Füchse fressen ganze Nester leer und werden immer mehr zu einem Problem für die Schildkröten", sagt Lisa. "Leider wächst mit dem zunehmenden Schutz der Nester, auch die Zahl der Füchse." Etwa 33 Prozent der Nester würden von Füchsen zerstört.

Für Lisa war es mit der nächtlichen Arbeit am Strand aber noch nicht getan, auch tagsüber gab es viele Aufgaben zu erledigen. "Mal habe ich die künstlichen Nester in der Tamar-Station betreut, mal die ausgewachsenen Schildkröten gepflegt, Daten ausgewertet oder die frisch geschlüpften Jungtiere einer Gruppe Touristen gezeigt", erzählt die FÖJ-lerin. Die Tourismus- und Öffentlichkeitsarbeit sei wichtig, vor allem um den Menschen in der Region zu zeigen, welche Bedeutung der Schutz der Meeresschildkröten habe, sagt Lisa. "Wir haben zum Beispiel Schulen besucht und die Kinder mit einem Puppentheater über die Tiere und das Projekt Tamar aufgeklärt." Die Zusammenarbeit mit den Menschen von Pirambu sei sehr wichtig für Tamar.

Denn von 1000 geschlüpften Meeresschildkröten erreicht im Durchschnitt nur eine das geschlechtsfähige Alter von etwa 25 Jahren. Die meisten Tiere fallen Meeresräubern, der Fischerei oder der Verschmutzung der Ozeane zum Opfer. Damit die Jungtiere auf ihrem Weg ins Meer nicht schon am Strand von Vögeln oder Raubsäugern gefressen werden, öffnen die Helfer von Tamar die Nester gezielt und begleiten die Schildkröten ins Wasser. 45 bis 60 Tage dauert es bis die Tiere schlüpfen. "Wenn das Nest geöffnet wird, zählen wir die geschlüpften Schildkröten, die Totgeburten und auch die, die nicht geschlüpft sind", erzählt Lisa.

Die Zeit in Brasilien hat die FÖJ-lerin genossen und schon jetzt spielt sie mit dem Gedanken irgendwann zurück zu kehren. Auch wenn das Leben dort ein wenig anders ist, als in Deutschland. "In Pirambu kennt jeder jeden und die nächste Stadt ist mit dem Auto eine Stunde entfernt", sagt Lisa. "Wenn man denn ein Auto hat." Auch der tägliche Stress, die viele Arbeit und der wenige Schlaf machten ihr kaum etwas aus. "Ich habe viele nette Menschen kennengelernt und durfte in einem tollen Team arbeiten", sagt Lisa. "Das Praktikum war wirklich eine tolle Erfahrung."

Am Montag, 4. März, wird Lisa Braasch in der DRK-Begegnungsstätte Wedel, Rudolf-Höckner-Straße 6, einen Lichtbilder-Vortrag über ihre Erlebnisse berichten. Beginn ist um 15 Uhr, der Eintritt ist frei.