900 von 2400 Beschäftigten des Quickborner Energieversorgungsunternehmens traten am Montag bei eisigen Temperaturen in den Ausstand.

Quickborn. Vier Grad Minus und eine nasse Kälte, die die Glieder bibbern und die Hände gefrieren ließ. Doch die eisigen Temperaturen hielten am Montagvormittag 900 Beschäftigte des Energieversorgungsunternehmens E.on Hanse nicht davon ab, vor der Firmenzentrale in Quickborn für eine Stunde in den Warnstreik zu treten. Mit Trillerpfeifen, Gegröle und Buh-Rufen machten die Mitarbeiter aus 30 norddeutschen Standorten des Energiekonzerns ihrem Ärger Luft, dass ihr Arbeitgeber ihnen bislang eine Nullrunde beim Gehalt anbietet. Thies Hansen, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates von E.on Hanse, war begeistert vom Einsatz seiner Kollegen. "Ich muss euch sagen: Ich habe noch nie so schön gefroren wie heute."

Die Tarifverhandlungen beim mit 80.000 Mitarbeitern größten deutschen Energieversorger treten auf der Stelle. Die Arbeitgeber seien Ende November mit dem Angebot, null Prozent mehr Gehalt zahlen zu wollen, in die Verhandlungen eingestiegen, sagte Volker Stüben, der für die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Verhandlungen führt. "Der Vorstand hat jegliches Augenmaß für die Arbeitnehmer und ihre Familien verloren." Später habe der Arbeitgeberverband ein Angebot von 1,1 Prozent für die gesamte Energiebranche in die Debatte geworfen. Das sei viel zu wenig, sagte Stüben. Bei einer Inflationsrate von zwei Prozent würde dies einen Reallohnverlust für die 30.000 Beschäftigten in Deutschland bedeuten.

Um der Arbeitgeberseite deutlich zu machen, dass die Mitarbeiter dies nicht akzeptierten, seien am Montag bundesweit 9000 E.on-Mitarbeiter in den kurzfristigen Ausstand getreten, sagte Stüben. In Quickborn waren es nach Gewerkschaftsangaben 900 der 2400 Mitarbeiter von E.on Hanse, die sich auf dem großen Vorplatz der Hauptverwaltung in Quickborn zu einer Kundgebung trafen. Am Nachmittag wurde noch vor dem Atomkraftwerk Brokdorf an der Elbe gestreikt, das ebenfalls zum E.on-Konzern gehört.

Betriebsrat und Gewerkschaft fordern mit Wirkung zum 1. Januar 2013 eine Erhöhung der Vergütungen um 6,5 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Darüber hinaus sollten alle Auszubilden nach erfolgreichem Abschluss ihrer Lehre für mindestens ein Jahr weiter beschäftigt werden, stellte Gesamtbetriebsratsvorsitzender Hansen die Forderungen der Arbeitnehmerseite dar. Von 2015 an sollten mindestens 250 Auszubildende bei E.on unbefristet übernommen werden. "Die stehen sonst alle direkt nach der Ausbildung wieder auf der Straße", so Hansen. "Übername, Übernahme, Übernahme", skandierten die Streikenden daraufhin lautstark und wedelten mit ihren Fahnen und Bannern.

Dies seien keine zu hohen Forderungen bei einem voraussichtlichen Konzerngewinn von zehn Milliarden Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr, sagte Hansen. "Dieser Konzern ist kein Sanierungsfall. Wir brauchen keinen Millionärs-Vorstand. Wir brauchen Perspektiven."

Verdi-Verhandlungsführer Stüben machte deutlich, dass die Gewerkschaft notfalls zum Arbeitskampf bereit sei, falls sich die Arbeitgeberseite weiterhin so "arrogant, überheblich und abweisend" wie bisher zeige. Am heutigen Dienstag solle in der Konzernzentrale in Düsseldorf weiterverhandelt werden. "Da erwarten wir endlich ein vernünftiges Angebot von Arbeitgeberseite." Wenn es das nicht gebe, werde die große Tarifkommission von Verdi die Urabstimmung einleiten, die dann zum generellen Streik bei E.on führen könnte.

E.on-Hanse-Sprecher Ove Struck sagte zu dem Spektakel vor der Hauptverwaltung: "Ein Warnstreik ist ein rechtlich zulässiges Mittel im Rahmen der Tarifverhandlungen." Er bitte aber um Verständnis, dass er nicht mehr dazu sagen könne, um nicht über die Öffentlichkeit die Verhandlungen zu führen. Sowohl Konzernsprecher Struck wie auch Gesamtbetriebsrat Hansen betonten, dass die zahlreichen Kunden des Unternehmens von dem Warnstreik nicht betroffen waren. "Der Netzbetrieb und die Energieversorgung waren zu jedem Zeitpunkt sichergestellt", sagte Struck. "Wir wollen mit dem Warnstreik ja nicht die Kunden treffen", sagte Hansen. "Unser Protest richtet sich gegen den Vorstand in Düsseldorf."