Paare befestigen als Zeichen der Liebe Schlösser am Anleger vor dem Schulauer Fährhaus in Wedel. Die Idee erntet auch Kritik.

Wedel. Herzen und Initialen in die Rinde eines Baumes zu ritzen, ist von gestern. Wer sich von Herzen mag, setzt heutzutage auf eiserne Liebesbekundungen. "Lucchetti dell'amore" heißen die kleinen bunten Schlösser, die von Italien über Spanien, Ungarn, Russland, Litauen bis hin nach Südkorea Brücken verzieren. Zumeist frisch verheiratete Ehepaare bringen sie als Zeichen ihrer ewigen Verbundenheit an Gitterbrüstungen an und werfen den Schlüssel dann in die Fluten. Der Trend zum bunten und beschriften Vorhängeschloss ist jetzt auch bis nach Wedel geschwappt. Da liebt der Jan die Imke, die Kathrin den Sven, die Kathi den Markus, der Tsunami den Blitz. Da wird die Elena verehrt, der Philip ins Herz geschlossen und zwei, die eher die Anonymität schätzen, versprechen sich vor den Augen der Welt am 14. August 2009 Liebe bis in alle Ewigkeit.

Die ersten Schlösser mit Liebeslyrik tauchten nach der Eröffnung des neuen Wedeler Anlegers im Sommer vergangenen Jahres auf. Im Gegensatz zur alten hölzernen Stegvariante eignen sich die Gitter des neuen, etwa zwei Millionen Euro teuren Pontons am Willkomm-Höft gut zum Anbringen der Verschlüsse. Seitdem vermehren sich die Farbtupfer an dem Geländer kontinuierlich. Im Wedeler Rathaus sind die Liebesschlösser bereits Thema. "Wir haben sie gesehen und auch schon überlegt, wie wir damit umgehen sollen", sagt Verwaltungsmitarbeiterin Birgit Woywod. Bislang würden sie geduldet, weil sie noch keine Probleme bereiten. "Wenn sie allerdings anfangen zu rosten oder anderweitig Schaden an dem neuen Ponton verursachen, müssen wir sie entfernen."

Woywod selbst findet die Idee der kleinen bunten Liebesbeweise durchaus nett. Sorgen bereitet ihr die wachsende Anzahl. Ihre Hoffnung: "Das ist eine Modeerscheinung. Vielleicht ebbt der Trend ja bald wieder ab." Schlösser an städtischen Eigentum anzubringen, ist auch aus Sicht von Wedels Fachbereichsleiter Ralf Waßmann aus ordnungsrechtlicher Sicht derzeit auch kein Problem. Aber er gibt zu bedenken: "An sich wäre es besser, wenn die Stadt geeignete Flächen vorschlägt, an denen das Anbringen der Schlösser erlaubt ist, weil sie dort keine Schäden anrichten."

Während in Wedel die Botschaften der entschlossenen Liebespaare derzeit geduldet werden, sind sie andernorts nicht mehr erwünscht. Roms Bürgermeister verbot den Brauch 2007. Ihn packte die Wut, nachdem eine Straßenlaterne dem Gewicht der massenhaften Schlösser nicht mehr gewachsen war und umgeknickte. Seitdem dürfen Schlösser nur noch an wenigen ausgewiesenen Stellen der symbolische Liebensbund befestigt werden. Obwohl es in Venedig zahlreiche Brücken gibt, ist auch hier das Liebesschloss seit 2011 Tabu. Um das Wahrzeichen der Stadt, die Rialto-Brücke, vor den sich ewig Liebenden zu schützen, wurden alle Schlösser entfernt, das erneute Aufhängen untersagt. Wer es trotzdem tut, dem droht ein Bußgeld von bis zu 3000 Euro. Etwas mildere Strafen verhängt Berlin. Auch dort ist das Aufhängen des Symbols für Verbundenheit und Treue verboten - und zwar an allen Brücken. Wer dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss, wenn er dabei erwischt wird, ein Verwarnungsgeld von bis zu 35 Euro zahlen.

Liebesbeweise verboten? Björn Kunze würde es bedauern. Der Sprecher des Fährhauses nahe dem Wedeler Ponton findet die Schlösser romantisch. "Das ist doch eine charmante Idee." Er wundert sich nicht, dass Liebespaare den neuen Wedeler Anleger für sich entdeckt haben. Er kann aber auch verstehen, wenn Städte dem Andrang Einhalt gebieten müssen. Woher der um sich greifende Brauch stammt, ist unklar. Es wird vermutet, dass die Wurzeln in Italien liegen. Dort besiegeln die Absolventen der Sanitätsakademie San Giorgio in Florenz das Ende ihrer Ausbildungszeit mit dem Befestigten ihrer Spinat-Vorhängeschlösser an einem Brückengitter. Seitdem ist die Idee auf dem Vormarsch. Ob an der Brooklyn Bridge in New York, am Wasserkanal in Moskau, an einem Zaun in Helsinki oder verteilt in der Stadt der Liebe: Überall finden sich die kleinen Schlösser. In Deutschland tauchen sie seit 2008 vermehrt auf. Der wohl beliebteste Ort ist die Hohenzollernbrücke in Köln. Dort sollen laut Angaben der Deutschen Bahn, in dessen Besitz die Brücke ist, bis zu 40.000 der "Lucchetti dell'amore" von Paaren angebracht worden sein. Ihr Gewicht wird auf etwa 25 Tonnen geschätzt.

Der Massenandrang ist angesichts des Anschaffungspreises kein Wunder. Für 1,50 Euro bieten Dekogeschäfte derzeit die Schlösser an, ein Stift zum Beschriften inklusive. Wer bei der Sache einen bleibenden Eindruck hinterlassen möchte, kann beim örtlichen Schlüsseldienst ein stabiles Schloss für 15 Euro erwerben. Die Gravur kostet dann extra, pro Buchstabe einen Euro nimmt beispielsweise Mister Minit im Schenefelder Stadtzentrum. Dort läuft das Geschäft mit der Liebe gut. "Die Anfragen sind mehr geworden. Das liegt im Trend", sagt Mitarbeiter Dietmar Radtke. "Das ist ja auch ein schöner Liebesbeweis, den man an die Brücke hängt und dann soll es für die Ewigkeit halten - mehr oder weniger."

Ein Beispiel dafür, dass die Schlösser nicht für immer und ewig ihren Platz an der Brücke behaupten können, ist der Fall der Hamburger Schwanenwikbrücke. Die dort am Geländer angebrachten Liebesbeweise mussten Renovierungsarbeiten weichen.