Sowohl Christen als auch Muslime folgen der Einladung der Jüdischen Gemeinde Pinneberg . Sicherheitsmaßnahmen rund ums Rathaus.

Pinneberg. Ein Mannschaftswagen der Polizei fuhr am Pinneberger Weihnachtsmarkt vor, an der Eingangstür zum Rathaus standen zwecks Einlasskontrolle zwei professionell wirkende israelische Sicherheitsleute. Von Ausnahmezustand war keine Rede, Sicherheit aber wurde am Sonnabend rund um die Feier zum zehnten Geburtstag der Jüdischen Gemeinde Pinneberg großgeschrieben. Manch Gast wurde sogar zweimal durchsucht. Als Kontrast dazu, kamen bei der Feier im Ratssaal Menschen jüdischen, christlichen und muslimischen Glaubens ungezwungen, teils ausgesprochen herzlich zusammen.

"Wir haben gezeigt: Es gibt noch Juden, es gibt wieder Juden. Wir sind zurückgekehrt in eine neue Normalität", sagte Wolfgang Seibert, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, zur Bilanz der vergangenen zehn Jahre. Und doch sei es weiter keine Normalität, dass in Deutschland wieder jüdisches Leben stattfinde, so das Oberhaupt der mehr als 250-köpfigen Gemeinde, der größten in Schleswig-Holstein. Bürgervorsteherin Natalina Boenigk ging mit Blick auf die Sicherheitsmaßnahmen auf die besondere Situation ein. "Es ist ein Teil der Realität, dass Sie besonderen Schutz brauchen. Für mich ist das kein normaler Zustand", sagte die Erste Bürgerin der Kreisstadt. Sie erinnerte an die Vorfälle aus dem vergangenen Jahr, als Wolfgang Seibert stellvertretend für die Jüdische Gemeinde von radikalen Islamisten mit dem Tod bedroht worden war. Vor allem deshalb waren unter den Gästen der Feier Polizisten in Zivil. Natalina Boenigk sagte, es habe in der Bevölkerung der Stadt Betroffenheit ausgelöst, dass mit Seibert ein Pinneberger Mitbürger ins Fadenkreuz des Extremisten geraten sei. Seibert dankte der Öffentlichkeit und der lokalen Presse für den Zuspruch und die Solidarität, die er seinerzeit in der bedrohlichen Situation erfahren habe. Er dankte besonders den Pinneberger Polizisten. Man habe Vertrauen in die Polizei und das sei angesichts jüdischer Geschichte in Deutschland keine Selbstverständlichkeit. Vertreter anderer Religionen bescheinigten dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, vor Ort durchweg für Dialog und Miteinander einzutreten. Pastor Lennart Berndt vom Kirchenkreis Hamburg/Südholstein lobte als Vertreter von Propst Thomas Drope, dass der Trialog zwischen Christen, Muslimen und Juden in einer freundschaftlichen und humorvollen Atmosphäre stattfinde. Halima Krausen von der Deutschsprachigen Islamischen Gemeinde Hamburg zitierte den Koran, wonach die Religionen im Guten miteinander wetteifern sollten.

Wolfgang Seibert sagte, auch hier lebenden Muslimen schlage bisweilen blanker Hass von Rechtsextremen entgegen: "Aber wir wissen, dass das nicht die Meinung der Mehrheit ist." Landrat Oliver Stolz dagegen sprach von einer latent antisemitischen Haltung. "Wir wollen jüdische Familien bei uns haben, aber nicht als geschützte Minderheit", sagte der Chef der Kreisverwaltung.

Am Sonnabend waren jedenfalls alle Unterschiede und Ressentiments ausgeblendet. Landesrabbiner Walter L. Rothschild beging, unterstützt von Ljudmila Budnikov, stellvertretende Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden Schleswig-Holsteins, die Hawdala-Zeremonie. Der Rabbiner erklärte dabei den nicht-jüdischen Gästen in leichter und lockerer Form, was es mit der Zeremonie auf sich hat, die das Ende des Schabbat einläutet.

Zur Freude der gastgebenden Gemeinde sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann: "Heute ist Pinneberg die Metropole Schleswig-Holsteins."