Meine Firma Hawesko ist Deutschlands führender Versandhändler für guten Wein. Doch das Unternehmen möchte noch weiter wachsen.

Tornesch. Weinberge gibt es hier nicht, keine Reben und auch keine Winzer. Dennoch befindet sich mitten im Kreis Pinneberg ein Wallfahrtsort für deutsche Weinliebhaber. Von Tornesch aus wird der Weingigant Hawesko, das Hanseatische Wein- und Sekt-Kontor, gelenkt. Der Weinversandhandel im Premiumsegment ist führend in Deutschland und Europa. Hunderttausende Flaschen Weiß- und Rotwein, Champagner und besondere Spezialitäten gehen jedes Jahr von Tornesch aus in Paketen auf die Reise.

In einer riesigen Hochregalhalle lagern die guten Tropfen. Die Kunden haben die Wahl zwischen 1250 Weinen, egal ob französischer Bordeaux oder italienischer Pinot Grigio.

Seit der Firmengründung in den 1960er-Jahren ist Hawesko auf Wachstumskurs, beschäftigt heute 500 Mitarbeiter am Standort im Kreis Pinneberg. Der Versandhandel ist das am stärksten wachsende Segment der gleichnamigen Hawesko Holding, die in Hamburg sitzt und zu der unter anderem der Einzelhändler Jacques’ Wein-Depot und eine Gesellschaft für den Weingroßhandel gehören. Auch das Firmenlogo steht voll und ganz im Zeichen des guten Tropfens: weiße und blaue Trauben als Symbole für Weiß- und Rotwein. Der Weinhandel ist kein Liebhabergeschäft, sondern bei Hawesko auch wirtschaftlich eine Erfolgsgeschichte. Die Aktie der Firma, die im SDax gelistet ist, legte in den vergangenen zehn Jahren um satte 450 Prozent zu.

Was unterscheidet die Weine von Hawesko von denen im Supermarkt? „Sicher die besondere Sorgfalt, mit der wir den Wein auswählen“, sagt Nikolas von Haugwitz, einer der beiden Geschäftsführer. Gerade ist Weinprobe in der Tornescher Zentrale und Haugwitz steht mit seinem Kollegen Gerd Stemmann an einem runden Tisch voller Flachen und Gläser. Trinken werden sie heute keinen der guten Tropfen, der Inhalt dieser Flaschen landet in einem Spuckbecken. Das ist eine Probe, keine Verkostung. Ein feiner Unterschied.

Haugwitz und Stemmann kümmern sich im Alltag nicht wirklich um die Auswahl der Weine, dafür hat Hawesko Experten und den Chefeinkäufer. Sie sind in der Welt unterwegs, besuchen Winzer und Weingüter und sind immer auf der Suche nach Neuheiten. Manchmal ist es ganz einfach, oft jedoch eine Kunst, den richtigen Wein zu finden. Er muss zu Hawesko passen, die Kunden überzeugen und sich natürlich gut verkaufen.

Im Weinversandhandel, sagt Nikolas von Haugwitz, werde jeder Fehler bestraft. Kein Wunder, denn in Deutschland tummeln sich mittlerweile Dutzende Mitbewerber, im Internet eröffnet ein Shop nach dem anderen, gleichzeitig nimmt die Nachfrage zu.

Laut deutschem Weininstitut trinkt jeder Deutsche im Jahr 20,7 Liter Wein, Tendenz steigend. Viele Bundesbürger wollen sich zunehmend etwas Gutes gönnen, doch das darf nicht zu teuer sein. Die wenigsten geben mehr als fünf Euro für eine Flasche aus. Der Name Hawesko ist eine Marke und die hat nicht trotz, sondern wegen des Internets an Strahlkraft gewonnen. „Wir haben nicht nur einen Onlineshop, sondern sind auch auf sozialen Netzwerken aktiv, betreiben einen Wein-Blog, beraten und informieren per Telefon und Post“, sagt Haugwitz.

Bei Dirk Popowicz, 33, Teamleiter beim Telefonmarketing, glühen wie fast jeden Tag die Drähte. Der Elmshorner ist für das Callcenter zuständig. Über das Telefon-Marketing wird ein Großteil der Hawesko-Weine verkauft. Jeder der Mitarbeiter führt an einem Tag bis zu 100 Gespräche. „Klar geht es bei uns ums Verkaufen, aber uns ist auch das Beraten wichtig“, sagt Popowicz. „Was bringt es uns, wenn der Kunde einmal bestellt und dann unzufrieden ist?“

Die 36 Mitarbeiter im Callcenter besuchen zusammen Weinproben, unternehmen Weinreisen. „Schließlich soll jeder hier, der mit einem Kunden spricht, wissen was er verkauft“, sagt Popowicz. Sollte sich doch jemand einmal schlecht beraten fühlen, gibt es da noch Torsten Frühling. Angefangen hat er bei Hawesko vor 23 Jahren in der Präsentabteilung, hat Pakete geschnürt. Mittlerweile ist er zuständig für das Auftragsmanagement und für Kundenbeschwerden. Bis zu 4000 Bestellungen werden täglich bei Hawesko bearbeitet, 45 Prozent werden per Telefon aufgegeben, 40 Prozent erreichen die Tornescher per Internet. Per Fax und Post gehen die restlichen Aufträge ein.

Torsten Frühling hat in den vergangenen Jahren daran gearbeitet, Prozesse zu automatisieren, zu vereinfachen. Effizient zu arbeiten, das sei in einem Unternehmen, das sich mit Wein als Sinnbild des Müßigganges beschäftigt, das A und O. Die gute Betreuung und die engagierten Mitarbeitern zahlen sich trotz gesamtwirtschaftlich schlechteren Aussichten aus: Im laufenden Jahr will die gesamte Hawesko-Holding mehr als 460 Millionen Euro umsetzen. So viel wie nie zu vor.