Verhandlungen zur Übergabe der Leitungen stocken und ein Gerichtsentscheid ist wahrscheinlich. SH Netz AG ist dennoch gelassen.

Rellingen/Elmshorn. Ein kommunales Unternehmen, ein Energieriese und eine Gemeinde: Das sind die Mitspieler in einem Streit, der sich inzwischen mehr als zweieinhalb Jahre hinzieht und demnächst vor Gericht enden dürfte. Es geht um das Gas- und das Stromnetz in Rellingen - und um die Frage, wer künftig die lukrativen Netze betreiben darf.

Weil die Netze über gemeindeeigenes Gelände verlaufen, kommt der Gemeinde eine Schlüsselrolle zu: Sie vergibt Wegenutzungs- beziehungsweise Konzessionsrechte - bisher an E.on Hanse in Quickborn. Doch die auslaufenden Verträge wurden nicht verlängert. Zum 1. Januar 2010 vergab die Gemeinde das Konzessionsrecht Gas an die Stadtwerke Elmshorn, mit der sie gemeinsam die Gesellschaft Energie Rellingen betreibt. Zum 1. August 2011 folgte das Stromnetz. Nur: Bis heute hat E.on Hanse, das seine Netz-Aktivitäten inzwischen in die Schleswig-Holstein (SH) Netz AG ausgelagert hat, keines der Netze herausgerückt. "Ich wünsche mir endlich Klarheit, was die Übergabe des Gas- und Stromnetzes betrifft", sagt Bürgermeisterin Anja Radtke.

Eine Aussage, der Kai Lorbitzki, Geschäftsführer von Energie Rellingen, zustimmen könnte. Offiziell will er "über laufende Verhandlungen nicht reden". Wie inoffiziell zu hören ist, ruhen die Verhandlungen seit langem. Während Energie Rellingen den Ertragswert für beide Netze als Kaufpreis bietet, fordert die SH Netz AG den Zeitwert. Der Unterschied soll siebenstellig sein. Auch besteht keine Einigkeit darüber, welche Leitungen übergehen sollen - alle oder nur bestimmte Bereiche (Nieder-, Mittel- oder Hochspannung).

Während die Gemeinde keinen Schaden nimmt, weil die SH Netz AG weiter brav die Konzessionsabgabe überweist, gehen Energie Rellingen erhebliche Einnahmen verloren. Alle Strom- und Gasunternehmen bundesweit, die Rellinger Kunden über diese Netze bedienen, zahlen Durchleitungsgebühren (Netzentgelte). Und die landen weiter bei der SH Netz AG.

Zusätzliche Brisanz ergibt sich daraus, dass die Erschließung der Rellinger Neubaugebiete - wie etwa das Projekt Junges Wohnen - von Energie Rellingen übernommen wird. Die Gas- und Stromleitungen müssen dann in das bestehende Netz der SH Netz AG eingebunden werden. Hinzu kommt, dass für die Übergabe der Netze Vorarbeitungen erforderlich sind. So müssen mehrere Übergabe- und Druckstationen gebaut werden. Ohne Einigung mit dem bisherigen Netzbetreiber kann Energie Rellingen diese Arbeiten nicht starten.

Nach Abendblatt-Informationen soll der Fall demnächst vor Gericht landen. Ove Struck, Sprecher der SH Netz AG, sieht dem gelassen entgegen. Er verweist auf ein Urteil des Landgerichts Kiel, wo die Stadtwerke Heiligenhafen auf Herausgabe des Netzes geklagt und verloren haben. "Das Energiewirtschaftsgesetz schreibt bei der Vergabe von Wegenutzungsverträgen ein offenes und transparentes Verfahren vor, dass sich an sehr eng gesteckten Rahmenbedingungen und Vorgaben orientiert." Sein Unternehmen habe bereits voriges Jahr überprüfen wollen, ob die Gemeinde Rellingen diese Vorgaben eingehalten habe und daher um Akteneinsicht gebeten. Darauf sei keine Reaktion erfolgt. Struck: "Daher hat die SH Netz AG vor einigen Wochen Akteneinsicht beantragt, damit im Interesse aller Beteiligten Rechtssicherheit bei diesem Verfahren hergestellt wird. Die Einsichtnahme ist von der Gemeinde abgelehnt worden." Sein Unternehmen werde das jetzt prüfen - und dann möglicherweise selbst rechtliche Schritte einleiten.