Meine Firma: In unserer Serie stellen wir heute die Firma Jenoptik in Wedel vor,.die Militärtechnologie und zivile High-Tech-Systeme entwickelt.

Wedel. Wenn er im Fernsehen einen Eurofighter oder einen Tornado am Himmel aufsteigen sieht, kommt Dirk Jörgens, 39, sofort seine Arbeit in den Sinn. Immerhin hat er beruflich mit den Kampfjets der Bundesluftwaffe zu tun: Er befasst sich bei Jenoptik am Standort Wedel mit deren Radomen. Das sind die empfindlichen Nasen der Maschinen, die nach der Fertigung in Wedel mit hochsensibler Radartechnik voll gepackt werden. Wenn Jörgens sie vor seine Prüfgeräte bekommt, sind sie noch ohne diesen technischen Inhalt.

Der in Jena ansässige Jenoptik-Konzern hat fünf Sparten, darunter "Verteidigung & Zivile Systeme" mit Hauptsitz in Wedel. In Wedel und Umgebung noch gut bekannt als ESW GmbH tritt das Unternehmen seit 2006 als Jenoptik auf. Im Wedeler Betrieb verdienen mehr als 500 Kolleginnen und Kollegen ihren Lebensunterhalt. Gut fünf Prozent sind Auszubildende.

"Bei der Fülle an Aufgaben, die wir hier zu leisten haben, sind hoch qualifizierte Mitarbeiter ein absolutes Muss", sagt Klaus Stölting, 66, der durch das Unternehmen führt. Tatsächlich ist das, was in den Hallen des Wedeler Standorts geleistet wird, enorm: Das Portfolio reicht von der Waffenstabilisierung für militärische Zwecke über dieselelektrische Notfahraggregate für Trolleybusse bis hin zu Radomen für Kampfflugzeuge. Die einzelnen Aufgabenbereiche dieses Unternehmensteils lassen sich in fünf Themenkomplexen beschreiben.

Bewegung und Stabilisierung: Mit einem Stabilisierungssystem sorgen die Jenoptik-Mitarbeiter dafür, dass die Kanone des Kampfpanzers Leopard 2 ein einmal aufgefasstes Ziel auf keinen Fall wieder verliert. Das ermöglicht eine spezielle elektronische Waffenricht- und Nachführanlage. Die Jenoptik-Mitarbeiter machen auch das Eisenbahn Fahren entscheidend sicherer: Mit ihrer Zugneigetechnik NEICODRIVE-E hat Jenoptik sich weltweit eine führende Position erarbeitet. Das elektronische Antriebssystem macht es möglich, dass Züge auch mit hoher Geschwindigkeit sicher in jede Kurve fahren können.

Transport und Sicherheit: Fliegen ist heute keine Kunst mehr, aber die Luftfahrt sicherer und komfortabler zu machen schon: Jenoptik fertig das komplette Trolley-Liftsystem für den Airbus A380. Mit speziellen Heiz- und Kühlsystemen sorgen die klugen Köpfe an der Elbe dafür, dass die Flugzeuge die klimatischen Extreme durch Höhenunterschiede und Temperaturschwankungen überstehen. Gefertigt werden hier zudem Rettungs- und Lastwinden für Hubschrauber. Im Bereich Luftfahrt arbeitet auch Britta Hammermann, 44. Sie beschäftigt sich mit dem sogenannten Drainmast. Dabei handelt es sich um ein Abflussbauteil, das unten am Flugzeug unter der Bordküche installiert wird. Dr. Stölting: "Auf einem Transatlantikflug können da gut und gern bis zu 600 Liter abfließen - allerdings nur sogenannte Grauwasser, das ist Brauch- und Handwaschwasser."

Energie und Leistung: Gebaut werden in diesem Bereich elektrische Systeme, die sich durch hohe Leistungsdichte und Robustheit auszeichnen. Deshalb werden sie gleichermaßen im militärischen Einsatz sowie im öffentlichen Nah- und Fernverkehr geschätzt. So wird beispielsweise ein 170 KW-Starter/Generator für einen modernen Schützenpanzer gebaut. Hier entstehen aber auch 80 KW-Geräte zum Starten von Flugzeugen. Jenoptik entwickelt und produziert Generatoren, Aggregate und Spannungswandler. Die Transportindustrie nutzt die Traktions- und Bordnetzaggregate in Schienenfahrzeugen und in Hybridbussen.

Material und Funktionalität: Selbst geringfügige Abweichungen in der Beschaffenheit, Qualität und Güte von Materialien können weitreichende Auswirkungen auf das Endprodukt haben. Das gilt auch und besonders, wenn es um die empfindlichen Flugzeugnasen geht. Die Radome, die Dirk Jörgens nach der Anfertigung abschließend messtechnisch prüft, schützen die extrem sensiblen Radartennen eines Flugzeugs. Selbst minimalste Materialfehler können zur Verfälschung der empfangenen Signale führen. Übrigens ist Jenoptik zudem der weltweit einzige, von Boeing lizenzierte Partner für Wartung und Reparatur an allen AWACS-Rotodomen.

Zuverlässigkeit: Das Thema Zuverlässigkeit ist bei Marco Hellberg, 48, ganz maßgeblich angesiedelt. Der Leiter des Kundendienstes mit seinen rund 110 Mitarbeitern sagt: "Nachhaltigkeit ist für uns ein Geschäftsfaktor". Er betreut im Service Produkte, die teilweise über mehrere Jahrzehnte in Serie produziert werden und nach ihrer Herstellung viele Jahre in der Nutzung sind und gewartet werden müssen. Hellberg: "Manchmal geht es auch um Teile, die wir als Jung-Ingenieure noch in der Entwicklungsphase gesehen haben." Die Männer und Frauen um Hellberg sind für den Kunden zuverlässige Ansprechpartner für den kompletten Lebenszyklus eines Projekts oder Produkts.

Am Erfolg beteiligt ist übrigens auch die firmeneigene Küche samt Kantine. Hier hat Küchenleiter Jens-Peter Imbeck das Kommando. Zum Essen kommen nicht nur Jenoptik-Mitarbeiter. Auch Mitarbeiter anderer Firmen nehmen hier als Gastesser ihren Mittagstisch ein.

Die Sparte Verteidigung & Zivile Systeme spielt im Konzert der Sparten des Jenoptik-Konzerns eine wesentliche Rolle. In diesem Unternehmen, das in weiten Teilen für militärische Anwendungen kundenspezifische Lösungen bietet, gibt es Bereiche, über die nicht berichtet werden kann. Doch wird bei einem Rundgang durch die Produktionshallen oft deutlich: Militärische Anwendungen sind wegen ihrer Verlässlichkeit und Robustheit oft eine wesentliche Grundlage auch für zivile Lösungen. So wäre es keineswegs ungewöhnlich, dass sich ein für Panzer entwickeltes Bauteil schließlich ebenso in Fahrzeugen des zivilen Personenfernverkehrs wiederfinden.