Geselle Niklas Dwenger ist in dem Pinneberger Familienbetrieb der Chef der Christstollenbäckerei. Ein Abendblatt-Reporter hat ihn bei der Arbeit begleitet.

Pinneberg. Es ist sehr früh am Tag, als Niklas Dwenger das pinke Holztor an der Pinneberger Mühlenstraße 26 öffnet. Der Bäckergeselle führt den Gast über einen Parkplatz zu einer weiteren Tür. Dahinter ist um 4 Uhr morgens schon mächtig Betrieb. In der Backstube der Bäckerei Dwenger wiegen, rühren und kneten die Bäcker gerade an der Tagesproduktion von Schwarzbrot, Croissants und Brötchen. Schließlich muss alles in den fünf Filialen sein, wenn die Kunden um 6 Uhr an den Tresen treten. In der Backstube duftet es nach Plätzchen. Die holt gerade Ofenmeister Dirk Dwenger aus dem großen, silbernen Backautomaten. In der Mitte des weiß gefliesten Raumes steht eine große Holz-Arbeitsplatte. Darauf: Kleine Plastikschälchen mit Rosinen, Marzipan und anderen Zutaten. Alles ist vorbereitet. "Für unseren Christstollen", sagt Niklas Dwenger.

Das Stollenrezept der Dwengers existiert seit fünf Generationen

Juniorchef Niklas Dwenger gewann in diesem Jahr als schleswig-holsteinischer Landesmeister der Nachwuchsbäcker den dritten Platz im Bundeswettbewerb in Weinheim. Zurück in Pinneberg wacht er über die Produktion des weihnachtlichen Traditionsgebäcks. 1000 Kilogramm Christstollen backen vier Meister, sieben Gesellen und vier Azubis in der Backstube. Nach altem Familienrezept. "Das existiert schon seit fünf Generationen", sagt Dwenger. Die Geschichte des Gebäcks reicht natürlich viel weiter zurück. Im 14. Jahrhundert soll die erste Erwähnung der Stolle liegen. Damals war der Kuchen eine Gabe für den Bischof.

"Trotz der langen Tradition wurde der Stollen vor einigen Jahren fast vom Markt verdrängt, weil viele Menschen ihn nicht mehr mochten", sagt der Fachmann. "Gerade Kinder waren keine Fans von Rosinen oder dem Orangeat." Das Bäckerhandwerk hat es geschafft, dem Gebäck mit Vielfalt zum Comeback zu verhelfen. Heute gibt es Stollen in allen Variationen und natürlich scheibenweise, damit man alle probieren kann. Auch die Dwengers haben das Familienrezept immer weiter verfeinert und damit experimentiert. Dort gibt es neun verschiedene Sorten. Die Verkäuferinnen bieten die Leckerei klassisch oder mit Marzipan, Mohn, Mandel, Nuss, Pistazien und Punsch an. Es gibt einen Orangenstollen und den Newcomer für Weizenallergiker - einen Nougat-Dinkelstollen.

"Wir stellen alles selbst und von Hand her", sagt Niklas Dwenger. Der Juniorchef liebt die Stollenproduktion. "Deswegen macht das Arbeiten in der Weihnachtszeit am meisten Spaß." Dwenger kennt alle Familiengeheimnisse des Weihnachtsgebäcks. "Es braucht handwerkliches Geschick, eine Portion Liebe und eine Prise Leidenschaft." In der Backstube zeigt der Nachwuchsbäcker, wie es geht und was in die Schüssel kommt. Zum traditionellen Grundrezept zählen Mehl, Butter, Rosinen, Orangeat, Zitronat, Milch, Eier, Marzipan und Rosenwasser. "Und natürlich die geheime Familiengewürzmischung", sagt der Bäcker. Er gibt die Zutaten in die große Rührschüssel. Dann teilt er den Teig in einzelne Portionen und knetet von Hand weiter. Danach füllt er den Teig in Backformen und stellt die für eine Stunde in den Ofen. "Nach dem Backen lassen wir den Stollen einen Tag lang ruhen und bestreuen ihn dann mit Puderzucker", sagt der Fachmann und lässt die letzte Zutat auf das Gebäck vom Vortag schneien - dann erst darf der Stollen in die Ladentheke.

Natürlich verkaufen nicht nur die Dwengers Stollen. Das Angebot ist groß und in den Discountern meist preiswerter. Mit Handwerk allein kommt der Bäcker heutzutage nicht mehr weit. Marketing muss ist beinahe ebenso wichtig. Dazu zählt, dass die Dwengers seit drei Jahren im Dezember eine Stollenprinzessin küren. In diesem Jahr wirbt Tanita van der Vleut für das Gebäck und bereist an den Adventssonnabenden die Filialen. Dort gibt es dann Kostproben für die Kunden. Die Stollen-Majestät freut sich auf den Job: "Was wäre ein Weihnachtsfest ohne Stollen?"

Am Montag öffnen wir die vierte Tür an unserem Adventskalender: Das Theater Schenefeld lässt Sie hinter die Kulissen schauen.