Die Christdemokraten im Kreis halten von Boetticher den Rücken frei. Landesverband schaut mit Sorge nach Pinneberg

Kreis Pinneberg. Gebeutelt von der so genannten Lolita-Affäre hat sich Christian von Boetticher eine Auszeit verordnet. Der Ex-Landes- und Fraktionsvorsitzende der CDU, der auch auf eine Spitzenkandidatur als möglicher Nachfolger von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen für die Landtagswahl im kommenden Jahr verzichtete, hat sein Mandat als Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis 25 (Pinneberg, Schenefeld und Halstenbek) jedoch behalten - und will seine Abgeordnetentätigkeit laut einem aktuellen Bericht des Magazins Stern "nach einer Erholungspause von eine paar Wochen" auch pflichtgemäß ausüben.

Der CDU-Kreisverband Pinneberg hat inzwischen den Termin, an dem er von Boetticher als seinen Direktkandidaten für den neuen schleswig-holsteinischen Landtag nominieren will, vom 2. September auf den 4. Oktober verschoben. "Damit er in Ruhe darüber nachdenken kann, ob er sich wieder bewirbt", sagte CDU-Kreischef Ole Schröder. Die Pinneberger Redaktion des Abendblatts fragte in den CDU-Ortsverbänden in Pinneberg, Halstenbek und Schenefeld nach, ob der Pinneberger Christian von Boetticher trotz der Affäre und seines überstürzten Rückzugs aus dem politischen Tagesgeschäfts per Krankmeldung deren Rückendeckung hat und erneut kandidieren soll.

"Er hat uns gesagt, dass er seine Tätigkeit im Landtag weiter ausüben werde", sagt Pinnebergs CDU-Vorsitzende Natalina Boenigk. An der Faktenlage habe sich nichts geändert; von einer negativen Stimmung innerhalb seiner Partei, die sich gegen den stellvertretenden Kreisvorsitzenden der CDU richtet, habe sie bislang nichts bemerkt.

"Ich kann nicht bestätigen, dass es an der Basis deshalb rumort", so die Bürgervorsteherin der Kreisstadt. Ein regelrechtes Stimmungsbild unter den Mitgliedern des Ortsverbandes sei nicht eingeholt worden, sagte Natalina Boenigk, die wie von Boetticher Stellvertreterin von CDU-Kreischef Ole Schröder ist. "Persönlich finde ich es fragwürdig, eine Person so an den Pranger zu stellen", sagt die Christdemokratin. "Ich wundere mich über den Umgang mit Christian von Boetticher in Kiel. Wir vom Kreisverband haben gesagt, dass wir ihm die Zeit geben, die er braucht - und das tun wir jetzt", sagt Natalina Boenigk.

Auch in der Halstenbeker CDU-Führung kann von Boetticher mit Solidarität rechnen. Ob der Abgeordnete erneut als Kandidat antreten solle, sei seine ganz private Entscheidung, sagt die Gemeindeverbandsvorsitzende Kirsten Sajitz. "Wenn Christian von Boetticher antreten sollte, werde ich ihn tatkräftig unterstützen", verspricht die Kommunalpolitikerin, die auch Fraktionsvorsitzende der Halstenbeker CDU ist. Negative Stimmen aus der Parteibasis seien ihr nicht zu Ohren gekommen, sagt Kirsten Sajitz.

"Durch so was muss man durch", meint der langjährige Halstenbeker Gemeindevertreter Hans-Jürgen Rebenther. Allerdings kritisierte der Christdemokrat, der auch Vorstandsmitglied des CDU-Ortsverbands Halstenbek ist, die Geheimniskrämerei von Boettichers. "Er hätte über seine Beziehung früher öffentlich reden müssen. Von Boetticher ist mit der Angelegenheit ungeschickt umgegangen, jetzt steht er als ein großer Tölpel da", sagt Rebenther.

In Schenefeld setzen führende Christdemokraten weiterhin auf ihren bisherigen Landtagsabgeordneten. "Ich kann nur feststellen, dass er sich wirklich gekümmert hat, wenn wir Anliegen hatten", sagt CDU-Chef Gerd Lohmann. Bedauerlich sei es allerdings, "dass wir offiziell nicht mehr von ihm gehört haben", bemängelt der Schenefelder. CDU-Fraktionschef Hans-Jürgen Rüpcke sagt, persönlich hätte er keine Probleme damit, von Boetticher zu unterstützen, falls dieser erneut zur Landtagswahl antreten sollte. Rüpcke lobt die fachliche Qualität des Abgeordneten. In der Politik sollte generell mehr auf Qualifikation geachtet werden als nur darauf, ob jemand nett herüber kommt, empfiehlt der Kommunalpolitiker.

Während sich die CDU-Ortsverbände des Wahlkreises von Christian von Boetticher also gelassen geben und offensichtlich an ihrem Kandidaten festhalten, schaut die Landes-CDU durchaus mit Sorge Richtung Pinneberg. Der mögliche Rückzug von Boettichers hat das Zeug zu einer Regierungskrise: Die Koalition aus CDU und FDP hat nur eine Stimme Mehrheit im Landtag. Die Spielregel in den meisten Parlamenten lautet "Pairing". Ist ein Abgeordneter krank, verhält sich die Opposition - in Kiel sind es dieser Tage die Grünen - fair und verzichtet ihrerseits auf eine Stimme.