Amtsgericht Pinneberg spricht Oberarzt vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei

Pinneberg. Große Erleichterung gestern bei Norbert G.: Der 59 Jahre alte Oberarzt der Allgemeinchirurgie des Regio-Klinikums Pinneberg ist vom Amtsgericht Pinneberg von der Anklage der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden. Richter Jörn Harder sah es nach dreistündiger Verhandlung nicht als erwiesen an, dass der Arzt eine Schuld trägt am Tod von Peter L., der von G. operiert worden war. Ein Gutachter hatte Richter und Staatsanwalt überzeugt, dass die mögliche Pflichtverletzung des Arztes den Tod des 88 Jahre alten Patienten nicht verursacht hat. Diese Kausalitätskette nachzuweisen, sei aber notwendig, um den Angeklagten zu verurteilen, begründete Amtsgerichtsdirektorin Bettina Morik das Urteil. Die Frage sei: War die Pflichtverletzung ursächlich für den Tod? Wenn diese, wie in diesem Fall, nicht eindeutig mit Ja beantwortet werden könnte, greife der juristische Grundsatz: "Im Zweifel für den Angeklagten." Auch Staatsanwalt Peter Müller-Rakow hatte auf Freispruch plädiert.

Es ging um die ärztliche Behandlung des Patienten Peter L., der in der Nacht zum 27. Mai 2009 nach einer Gallenblasen-Operation in der Intensivstation des Klinikums Pinneberg lag und an inneren Blutungen verstarb. Am Nachmittag zuvor war er operiert worden. Peter L. war vor diesem Eingriff schwer krank. Nach der Operation befand sich der Patient nach Angaben der Klinik in einem schlechten Allgemeinzustand und musste mehrfach mit Blutkonserven und starken Medikamenten behandelt werden.

Es ist nicht sicher, ob der Patient eine Notoperation überlebt hätte

Ein Kollege von Dr. G. wollte sich ihm gegenüber über diesen schlechten Zustand des Patienten in dieser verhängnisvollen Nacht geäußert haben, sagte dieser am ersten Verhandlungstag aus. Ob aber eine Notoperation medizinisch notwendig gewesen war, hätte der erfahrene Chirurg Norbert. G. allein entscheiden müssen. Der angeklagte Arzt sagte vor Gericht aus, dass er sich noch beim Verlassen der Klinik genau nach dem Zustand des Patienten erkundigt hätte und er sich keines Fehlers bewusst gewesen sei. "Es war letztlich ein ungewöhnlicher Todesfall. Ich habe den Patienten operiert und mich gefragt, wo mein Fehler war. Es muss irgendwo ein Fehler passiert sein, aber ich kann ihn nicht benennen."

So kam der Sachverständige in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass nicht sicher sei, dass der Patient eine Notoperation überhaupt überlebt hätte und womöglich auch dann gestorben wäre. Der betagte Mann litt an Blutarmut wegen eines Mangels an Hämoglobin, einem Eiweiß, das sich im Inneren der roten Blutkörperchen befindet. Würde man also das Unterlassen der Operation als Pflichtverletzung werten, wäre immer noch nicht eindeutig bewiesen, dass der Patient mit der Notoperation hätte gerettet werden können, urteilte der Sachverständige und das Gericht schloss sich dieser Argumentation an.

Regio-Klinik-Sprecher Sebastian Kimstädt sagte nach dem Freispruch: "Wir freuen uns darüber. Es bestätigt unsere Rechtsauffassung. Wir waren immer von der Unschuld des Arztes überzeugt." Die Kosten des Gerichtsverfahrens trägt die Staatskasse.