Windparks und Solaranlagen: Ein Jahr nach der Katastrophe von Fukushima ist der Markt im Kreis Pinneberg in Bewegung.

Kreis Pinneberg. Die atomare Katastrophe von Fukushima in Japan vor einem Jahr hat alles verändert. Bis 2021 sollen hierzulande alle Atommeiler abgeschaltet sein. Wie sieht es mit der Energiewende im Kreis Pinneberg aus? Der Landkreis mit den meisten Stadtwerken (neun) im Land setzt da auf mehrere Bausteine, wie Panos Memetzidis, Geschäftsführer der Stadtwerke Quickborn, erläutert. "Wir betreiben seit Jahren eine eigene Fotovoltaikanlage und prüfen zurzeit mit den anderen Stadtwerken, wie wir uns gemeinsam an weiteren Windkraftanlagen beteiligen können."

Weitere Kooperationen zwischen den kommunalen Energieversorgern sind angedacht oder bereits angebahnt. So planen alle Stadtwerke auf dem Gebiet der Blockheizkraftwerke, die Strom und Wärme erzeugen, zusammenzuarbeiten. Pinnebergs Werkleiter Henning Fuchs ist überzeugt, dass die Fernwärme eine der Energieformen der Zukunft sein wird. Eigene Blockheizkraftwerke würden nicht nur Strom erzeugen, sondern ganze Wohn- und Gewerbegebiete und Sporthallen beheizen. Noch in diesem Jahr werden die Stadtwerke Pinneberg eine eigene Fotovoltaikanlage für den Eigenbedarf installieren. Elmshorns Werkleiter Torsten Zipperling geht davon aus, dass das niedrigenergie- und energieautarke Haus die Zukunft darstellt. Es komme darauf an, den von Windkraft- und Fotovoltaikanlagen erzeugten Strom dezentral zu speichern. Diese dezentralen Anlagen zu bauen, werde die Zukunftsaufgabe der Stadtwerke sein, die schon bald ein Drittel ihres Geschäfts ausmachen wird.

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Quickborns Werkleiter Memetzidis prophezeit Mini-Blockheizkraftwerken eine große Zukunft, sowohl für Mehrfamilien- als auch Einfamilienhäuser. Die Stadtwerke würden über die modernen Messsysteme und die Glasfasertechnologie die vielen Kraftwerke im Ort steuern und regeln. Schon ab dem Sommer wollen die Quickborner Stadtwerke diese Mini-BHKW vermarkten. Auch beim Energiesparen wollen sie helfen. "Dabei würden die modernen Messgeräte, sogenannte Smartmeter, eine entscheidende Rolle spielen. "Damit bekommen wir Daten über den Energieverbrauch und können viel bessere Prognosen abgeben und die Energieerzeugung und -verbrauch steuern."

Auch die Politik mischt kräftig mit. In Halstenbek fordern SPD und Grüne, dass die Gemeindewerke Halstenbek bis 2014 aus dem Atomstrom aussteigen und den Anteil der regenerativen Energieträger von 16 auf 50 Prozent ausbauen. Der Ökostromtarif mit einem österreichischen Wasserkraftwerk soll demnach durch regionale Anbieter ersetzt werden. Bisher beziehen aber nur rund vier Prozent reinen Ökostrom über die GWH. Dass sich die Bereitschaft der Menschen, mehr Geld für sauberen Strom auszugeben, in Grenzen hält, beobachtet auch Roland Krügel, Stadtwerkechef in Tornesch, selbst wenn er lediglich zwölf Euro mehr im Jahr kostet. Nach Fukushima verzeichnete er kaum Zulauf. Größter Ökostromkunde sei die Stadt selber. Bei den Neubaugebieten setzt Krügel auf Bioerdgas. Als Bürgermeister habe er zudem alle Dächer in öffentlicher Hand auf Fotovoltaikanlagen prüfen lassen. Doch seit der Bund die Solarförderungen kürzen will, wurden neue Installation gestoppt.

Ein Problem, über dass sich auch Matthias Döring, Halstenbeker Grüner und ehrenamtlicher Solar-Lobbyist, ärgert: "Das hat die Aufbruchstimmung, die nach Fukushima zu spüren war, ausgebremst." Aufträge bei Händlern für Solaranlagen seien zurückgegangen. Dennoch glaubt er an die Zukunft der Fotovoltaikanlage und berät dazu gern. Auch die Uetersener Stadtwerke wollen in Sachen Energiewende Nägel mit Köpfen machen. Am Dienstag hat das Unternehmen von einem der privaten Anteilseigner des Windparks Uetersen den ersten Anteil gekauft, sagte Geschäftsführer Manfred Tietje. Der Einstieg in die Stromproduktion "vor der Haustür" ist für Tietje nur der Anfang, eine Erweiterung des Windparks mit seinen sechs Rotoren sei geplant. Für eine Erweiterung gibt es bereits konkrete Pläne: Die sechs bestehenden Rotoren mit einer Nabenhöhe von 70 Metern seien nicht so effizient wie neue, größere Windräder, die eine Nabenhöhe von 100 Metern hätten und die alten Räder ersetzen sollen. Mit der Energie der erweiterten modernen Anlage (2,3 Megawatt) nahe dem Wasserwerk könnten theoretisch alle Privathaushalte Uetersens samt Umlandgemeinden mit Strom versorgt werden. Die politische Entscheidung über die Erweiterung soll noch im März in Kiel fallen.

Wasserkraft wird im flachen Norden bisher kaum genutzt. Dabei würde sich der Einsatz kleiner Wasserkraftanlagen, wie sie Hartmuth Drews aus Pinneberg entwickelt, schon auf Nebenflüssen und an alten Mühlenstandorten wie an der Mühlenstraße in Pinneberg oder an der Wulfsmühle in Tangstedt lohnen. Drews' Wasserrad erzeugt bis zu 80 000 Kilowattstunden im Jahr - Strom für 15 Haushalte. Doch stecke die Wasserkraft auf administrativer Ebene noch in den Kinderschuhen. Dass es dennoch machbar ist, kann man an der Wassermühle am Rantzauer See sehen.

Auch Bürger setzen auf die Energiewende. 760 Anlagen erneuerbarer Energieformen gibt es im Kreis Pinneberg, sagt E.on-Hanse-Sprecher Volker Mielisch. 14,5 Megawatt Strom erzeugen die Fotovoltaikanlagen, 7,8 Megawatt die Windkraftanlagen und 5 Megawatt die Biogasanlagen. Zusammengerechnet würde dies für den Strombedarf von bis zu 27 000 Haushalten reichen.