Interview mit dem neuen Vorstandschef Ralph Schmieder über den künftigen Kurs des Unternehmens und die erweiterte Zusammenarbeit mit der Hamburger Sparkasse.

Pinneberger Zeitung :Herr Schmieder, Ihr Vorgänger Mario Porten musste gehen. Was wird unter Ihrer Führung anders werden?

Ralph Schmieder :

Ich weiß nicht, wie bedeutend der Einfluss einer einzelnen Person ist. Es waren gemeinsame Entscheidungen, die wir getroffen haben - und ich stehe zu allen Entscheidungen. Inhaltlich wird es also keinen kompletten Neuanfang geben. Sicher bin ich aber ein ganz anderer Typ Mensch als Mario Porten.

PZ:

Dann sehen Sie sich mitverantwortlich daran, dass die Sparkasse Südholstein derart in Schieflage geraten ist?

Schmieder:

Die beste Bestätigung dafür, dass wir nicht so schlecht gearbeitet haben, ist, dass mit mir ein Mitglied des alten Managements zum Vorstandsvorsitzenden gewählt wurde. Fakt ist: Unser Kundengeschäft war und ist erfolgreich!

PZ:

Wie aber konnte die Sparkasse so in Not geraten?

Schmieder:

Wir haben schon seit 2003/2004 gesagt, dass wir eine extrem niedrige Eigenkapitalquote haben - und damit extrem anfällig für Krisen sind. Der externe Schock der weltweiten Finanzmarktkrise hat uns dann so stark getroffen, dass wir dadurch in Schieflage geraten sind.

PZ:

Und dann kamen die Negativ-Schlagzeilen.

Schmieder:

Dafür gab es zwei Gründe. Zum einen waren wir eines von vielen Kreditinstituten, die Not leidende Forderungen verkauft haben. Der Unterschied: Bei uns gingen Betroffene massiv in die Öffentlichkeit. Und einige Medien haben die Tatsachen verzerrt dargestellt. Am Ende haben die Gerichte auf breiter Front bestätigt, dass unser Handeln rechtmäßig war.

PZ:

Würden Sie, aus heutiger Sicht, diesen Schritt wieder gehen?

Schmieder:

Betriebswirtschaftlich war es eine richtige Entscheidung. In der Gesamtheit betrachtet, inklusive des Reputationsschadens, würde ich davon Abstand nehmen. Es wird keine weiteren Kreditverkäufe geben.

PZ:

Was war der zweite Punkt, der Sie ins Rampenlicht brachte?

Schmieder:

Wir waren die erste norddeutsche Sparkasse, die in Folge der Finanzmarktkrise den Sicherungsfonds der Sparkassenorganisation in Anspruch nehmen musste. Seitdem tauchen wir beispielhaft auch in vielen Artikeln auf, die oft gar nichts direkt mit uns zu tun haben.

PZ:

Was hat Sie die Krise der HSH-Nordbank gekostet?

Schmieder:

Alle Sparkassen in Schleswig-Holstein mussten Abschreibungen auf ihre HSH-Nordbank-Anteile verkraften. Bei uns handelte es sich in 2008 um 32 Millionen Euro.

PZ:

Trotz allem haben Sie sich entschieden, die Führung der Sparkasse zu übernehmen.

Schmieder:

Es ist eine schwierige Herausforderung, aber ich empfinde es nicht als Bürde. Der Vorstand verfügt über breite Rückendeckung der Träger und der Gremien. Unter den Mitarbeitern mache ich eine große Aufbruchstimmung aus. Die Kollegen sind hoch motiviert. Ich bin seit 25 Jahren im Hause und habe den Eindruck, dass ich fachlich und persönlich respektiert werde.

PZ:

Sie und die Hamburger Sparkasse sind jetzt Partner. Wird es strategische Absprachen geben?

Schmieder:

Die Haspa Finanzholding und wir sind Partner, aber wir sind und bleiben auch Wettbewerber im Markt. Hier im Süden Schleswig-Holsteins, in der Metropolregion, liegt ein sehr attraktives Geschäftsgebiet. Diese Potenziale ziehen viele Banken an. Norderstedt etwa hat, meines Wissens nach, nach Frankfurt die größte Bankendichte in Deutschland. Die starke Konkurrenz ist gut für die Kunden.

PZ:

Das bedeutet, die Haspa redet Ihnen nicht rein?

Schmieder:

Die Geschäftspolitik bleibt fest in den Händen des Vorstandes der Sparkasse Südholstein. Wie in einer guten Partnerschaft üblich, tauschen wir uns in besonderen Themenfeldern mit der Haspa Finanzholding genauso aus wie mit dem Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein. Hierzu sind die beiden Partner bei Bedarf Gäste in Sitzungen unseres Verwaltungsrates.

PZ:

Aber Sie wollen die Zusammenarbeit mit der Haspa ausbauen?

Schmieder:

Ja, wir wollen eine weitere Beteiligung in Form einer Minderheitsbeteiligung. Wir brauchen hier in der Metropolregion eine starke Sparkassen-Finanzgruppe. Die Haspa ins Boot zu holen, schadet nicht, es nutzt uns und unseren Kunden. Für diesen Weg gibt es einheitliche Resolutionen der Kreistage in Pinneberg und Segeberg und der Ratsversammlungen Neumünster und Uetersen. Die Sparkasse Südholstein wird aber mehrheitlich in öffentlicher Hand bleiben.

PZ:

Also keine Angst vor einer Art schleichender Übernahme durch die Haspa?

Schmieder:

Überhaupt keine Angst!

PZ:

Sind Ihnen im Rahmen der Finanzkrise die Kunden wieder mehr zugelaufen?

Schmieder:

Die Risikobereitschaft vieler Kunden hat sich in den vergangenen Monaten komplett verändert. Viele Kunden besinnen sich darauf, dass es nicht auf das letzte Quäntchen Zinssatz ankommt, sondern auf Vertrauen und Beratung. Direkt nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers sind viele Kunden zu uns gekommen. Der Trend hat sich aber wieder beruhigt. Manch einer schaut bereits wieder nur auf kurzfristige Prozente. Wir aber bleiben bei einer nachhaltig ausgerichteten Finanzberatung. Hierfür bieten wir ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis.

PZ:

Gibt es Einschränkungen in der Kreditvergabe an den Mittelstand?

Schmieder:

Nein, überhaupt nicht. Wir sehen es als unseren Auftrag an, den Mittelstand mit Krediten zu versorgen. In Zeiten der Rezession darf es keine Kreditklemmen geben.

PZ:

Können Kunden sicher sein, dass sie in Fragen von Geldanlagen kompetent beraten und nicht etwa über den Tisch gezogen werden? Gibt es für Ihre Mitarbeiter Abschlussvorgaben?

Schmieder:

Die gibt es nicht, wohl aber Vertriebsziele. Denn die Sparkasse muss auch Geld verdienen. Wir gehen bei der Beratung von einem ganzheitlichen Ansatz aus, wir fragen nach Bedürfnissen und Risikobereitschaft. Nach einer umfangreichen Analyse wird dann das richtige Produkt, zugeschnitten auf den Bedarf des Kunden, ausgewählt. Wir streben eine langfristige Bindung an.

PZ:

Hat sich auch die Sparkasse Südholstein verzockt?

Schmieder:

Wir haben nicht gezockt! Wir hatten ein sehr konservatives Wertpapier-Portfolio. Dabei haben wir hauptsächlich auf Staatsanleihen und Schuldverschreibungen erstklassig bewerteter Banken gesetzt. Noch vor der Krise haben wir unsere Risiken nochmals sehr breit gestreut. Doch in der Krise waren gerade auch die als sicher geltenden Anlagen betroffen.

PZ:

Was halten Sie von der scharfen Debatte um Manager- und Vorstandsgehälter?

Schmieder:

Ich halte die Forderung, diese Gehälter offenzulegen, für nachvollziehbar. Bei uns gibt es schon seit Jahren für Vorstand und Führungskräfte eine Vergütung, die sich sehr stark am Geschäftserfolg orientiert. Mit dem Resultat, dass ich im schwierigen Geschäftsjahr 2008 selbst auch knapp 30 Prozent weniger Gehalt bekommen habe als in besseren Jahren.

PZ:

Plant die Sparkasse Südholstein einen Stellenabbau?

Schmieder:

Wir bauen bereits seit Jahren moderat Stellen ab. Dabei handelt es sich lediglich um eine Anpassung der Strukturen. Im Bereich der Kundenbetreuung wird es keine Reduzierungen geben. Das gilt auch für den Bereich des Sponsorings und des sozialen Engagements. Jahr für Jahr fließen mehr als eine Million Euro in die Region.

Ralph Schmieder (43) machte 1985 eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der damaligen Kreissparkasse Pinneberg - und danach Karriere: Vom Kreditsachbearbeiter stieg der mittlerweile diplomierte Sparkassenbetriebswirt 1998 zum Direktor fürs Firmenkundengeschäft auf. Von Mitte 2005 an gehörte er zum Vorstand der Kreissparkasse Südholstein - entstanden aus der Fusion der Kreissparkassen Segeberg und Pinneberg. Seit dem 1. Oktober leitet er als Vorstandsvorsitzender die Sparkasse Südholstein, in der 2005 auch die Stadtsparkasse Neumünster aufging. Mit seinem Vorstandskollegen Axel Kodlin ist Schmieder verantwortlich für das Geschäft mit rund 290 000 Kunden und für etwa 1100 Mitarbeiter.